Murdoch-Skandal:"Erst mal vom Tisch"

Scotland Yard lenkt ein. Die Polizeibehörde verzichtet vorläufig darauf, den "Guardian" gerichtlich zum Offenlegen seiner Quellen im Murdoch-Skandal zu zwingen. Denn die Staatsanwaltschaft schritt ein.

Christian Zaschke

Scotland Yard hat seine Bemühungen vorerst eingestellt, den Guardian gerichtlich zum Offenlegen seiner Quellen im Abhörskandal zu zwingen. Die Zeitung ist führend in der Berichterstattung über die Affäre, die zur Einstellung des Boulevardblatts News of the World führte.

Murdoch-Skandal: Die Hauptverwaltung von Scotland Yard in London: Kommentatoren vermuten, dass es der Behörde von Beginn an nicht darum ging, die Quellen des Guardian offenzulegen, weil dieses Ansinnen keine Aussicht auf Erfolg hatte, sondern darum, potentielle Informanten einzuschüchtern.

Die Hauptverwaltung von Scotland Yard in London: Kommentatoren vermuten, dass es der Behörde von Beginn an nicht darum ging, die Quellen des Guardian offenzulegen, weil dieses Ansinnen keine Aussicht auf Erfolg hatte, sondern darum, potentielle Informanten einzuschüchtern.

(Foto: AP)

Unter anderem hatte der Guardian enthüllt, dass Mitarbeiter des zu Rupert Murdochs News Corp gehörenden Blatts sich in das Handy eines entführten und getöteten Mädchens gehackt hatten. Scotland Yard vertrat zunächst die Ansicht, dass der Guardian Informationen erlangte, indem er Polizisten zur Verletzung des Official Secrets Act, des Staatsgeheimnisgesetzes, anstiftete und es selbst gebrochen habe.

Der Vorstoß von Scotland Yard, den der Guardian vor wenigen Tagen öffentlich gemacht hatte, führte allenthalben zu Empörung; Politiker, Anwälte und Zeitungen kritisierten die Polizei heftig. Dass Scotland Yard nun einlenkt, hat in erster Linie damit zu tun, dass die Staatsanwaltschaft eingeschritten ist.

Sie signalisierte, dass der Vorstoß keine Aussicht auf Erfolg habe und äußerte Verwunderung darüber, dass Scotland Yard sich nicht mit der Staatsanwaltschaft abgesprochen hatte. Am Mittwoch kündigte der Innenausschuss an, Vertreter von Scotland Yard für Freitag vorzuladen, um sich zu dem Vorstoß zu erklären.

Die Quellen von Journalisten sind in Großbritannien gesetzlich geschützt. Informationen über den Fall des getöteten Mädchens und über Versäumnisse bei den polizeilichen Ermittlungen im Abhörskandal hat der Guardian unter anderem aus Polizeikreisen erhalten.

Einschüchterungstaktik gegenüber potentiellen Informanten

Britische Kommentatoren vermuten daher, dass es Scotland Yard von Beginn an nicht darum ging, die Quellen offenzulegen, weil dieses Ansinnen keine Aussicht auf Erfolg hatte, sondern darum, potentielle Informanten einzuschüchtern. Dazu würde passen, dass Scotland Yard mitteilte, man verzichte nicht generell auf ein Vorgehen gegen den Guardian, das Verfahren könne später wieder aufgenommen werden. Beinahe genüsslich zitierte hingegen das Blatt eine "erfahrene Quelle im Yard" mit den Worten: "Die Sache ist erst mal vom Tisch."

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