Mundo:Mörder oder Opfer?

Der NDR versucht sich an einem True-Crime-Format nach dem Vorbild "Making a Murderer".

Von René Martens

Die Tatwaffe fehlt, der Tatort ist unbekannt, und wann der Täter die beiden Leichen an den späteren Fundorten in Südfrankreich abgelegt hat - darüber gehen die Theorien der deutschen und der französischen Polizei, die beide mit der Sache beschäftigt waren, weit auseinander. Trotzdem verurteilte das Landgericht Frankfurt Markus Mundo 2013 in einem Indizienprozess zu einer lebenslangen Haftstrafe für den Mord an seinem Vater und seinem blinden Bruder, ein Jahr darauf bestätigte der Bundesgerichtshof das Urteil. Mundo spricht von einem "Justizirrtum".

Die vielen offenen Fragen des Falls zeichnet nun der NDR in der dreiteiligen Doku-Serie Mundo. Die Spur des Mörders nach. Der Dreiteiler ist stark beeinflusst von neuartigen True-Crime-Formaten aus den USA - vor allem von der Netflix-Doku-Serie Making a Murderer aus dem Jahr 2015. Mundo ist entstanden in der Redaktion "Die Box", einer NDR-Abteilung, die sowohl neuartige dokumentarische als auch Unterhaltungsformate produziert, etwa das unkonventionelle Talkformat Die Geschichte des Abends.

Hans Jakob Rausch, einer von insgesamt sieben an Drehbuch und Regie beteiligten Kollegen, sagt, weil die aktuell erfolgreichen True-Crime-Geschichten "seriell erzählt" werden, habe man sich dafür entschieden, den Fall in dreimal 30 Minuten aufzurollen - was eine völlig andere Dramaturgie erforderte, als es bei einem 90-Minuten-Film der Fall gewesen wäre.

Zu dem Protagonisten der Serie gehört neben Markus Mundo der Düsseldorfer Profiler Stephan Harbort, bekannt durch diverse Bestseller sowie durch Auftritte in der Dokumentation Blick in den Abgrund und der Serie Protokolle des Bösen. Harbort fährt für den Film an die beiden Leichenfundorte in Südfrankreich, um die Geschehnisse zu rekonstruieren.

MUNDO - Die Spur des Mörders

Markus Mundo wurde wegen zweifachen Mordes verurteilt. Er selbst redet von einem "Justizirrtum".

(Foto: NDR)

In einigen Szenen mit Mundos Berliner Anwalt Christoph Grabitz, der ein Wiederaufnahmeverfahren anstrebt, wirkt der Dreiteiler überinszeniert. Mal sieht man ihn mit zerstrubbelten Haaren lässig im Auto rauchen (Musik im Hintergrund: Tom Waits), mal, wie er mit verkatert-zerknautschtem Gesicht in der U-Bahn Mundo-Akten studiert. Grabitz wird wissen, wie man sich als cooler Hund ins Bild setzt, denn er war bis vor Kurzem noch Journalist, gewann zum Beispiel 2013 den Axel-Springer-Nachwuchspreis. Die Mundo-Sache sei einer seiner "ersten großen Fälle" als Strafverteidiger, sagt er selbst.

Trotz kleiner Makel ist Mundo ein gelungenes Experiment. Was den Verurteilten angeht, ergeht es dem Zuschauer ähnlich wie den Machern während der Dreharbeiten. "Box"-Redakteur Christian von Brockhausen: "Immer, wenn man denkt, dass er was mit der Sache zu tun hat, gibt es wieder einen Wendepunkt."

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