"Mozart in the Jungle" bei Amazon Prime:Auf zum Vorspiel

Gael García Bernal als Rodrigo in Mozart in the Jungle Amazon

Da capo: Dirigent Rodrigo (Gael García Bernal) liebt die Klassiker - und wechselnde Frauen.

(Foto: NICOLE RIVELLI ; 2014 Amazon.com Inc.)

Mit "Mozart in the Jungle" geht Amazons zweite selbst produzierte Serie online. Es geht um Sex, Drogen - und klassische Musik.

Von Karoline Meta Beisel

Landei Hailey ist nach New York gezogen. Sie träumt vom wilden, guten Leben und dem ganz großen Durchbruch - als Oboistin. Wäre das Setting dieser Fernsehserie eine Schallplatte, das wäre der Moment, in dem die Nadel kratzend von der Platte rutscht. Der Ausdruck "Sex and Drugs" geht ja nicht umsonst mit "and Rock and Roll" weiter - die Welt der klassischen Musik ist nicht eben das Umfeld, in dem man die wildesten Eskapaden vermutet.

Das sollte man aber, schrieb die amerikanische Oboistin Blair Tindall im Jahr 2005: Die meisten ihrer Engagements habe sie im Bett erhalten. Ihre Autobiografie Mozart in the Jungle verursachte 2005 einigen Aufruhr in den Orchestergräben. Auf eben diesem Buch basiert die gleichnamige Serie, die von diesem Dienstag an auf Amazon Prime zu sehen ist. Die Welt der klassischen Musik, das lernt der Zuschauer, ist viel unartiger als das Klischee erwarten lässt. In Haileys ramschiger WG in Brooklyn schwingen die Joints am Metronom; und beim Flaschendrehen gibt ein Spielbrett an, wer im Musikerwettstreit welches Genre nach wie vielen Schnäpsen bedienen muss: "Classic: Throw 1 Bach". Von einer Kollegin erfährt Hailey (Lola Kirke) außerdem, welches Instrument auf welche sexuellen Vorlieben hindeutet: Percussionisten hämmern wie im Porno, Jazz-Pianisten improvisieren gern - außerdem mögen sie Ensembles.

Stardirigent mit langen Locken

All das ist ohne Frage amüsant, doch es gibt auch Drama, nämlich das im Orchester. Gleich in der ersten Episode spielt Hailey dem jungen Stardirigenten vor, der gerade den alten Maestro abgelöst hat: einem Lateinamerikaner, der die Locken lang und die Sergeant-Pepper-Jacken eng trägt und nicht nur an der Mailänder Scala, sondern auch auf dem Cover des Rolling Stone reüssiert. Wenn er die Bühne betritt, kreischen die weiblichen Sponsoren. Und wie bei einem Fußballer kennt man ihn nur unter seinem Vornamen: Rodrigo. Ähnlichkeiten mit dem echten Dirigenten Gustavo Dudamel aus Venezuela dürften nicht ganz zufällig sein.

Der mexikanische Schauspieler Gael García Bernal ist als Rodrigo herrlich exzentrisch, und auch hinter der Kamera hat Amazon einige bekannte Namen versammelt: Als Autoren sind Jason Schwartzman und Roman Coppola aus der Wes-Anderson-Clique dabei, Schwartzman spielt auch in einer Nebenrolle mit. Regie führte Paul Weitz, der mit American Pie und About a Boy bekannt wurde.

Schon seit einer Weile ist Amazon im Wettstreit um die besten Serien in Angriffsstellung. Nach Testläufen mit mehreren Piloten erschien im Herbst zuerst die hochgelobte Dramaserie Transparent. Mozart in the Jungle ist nun die zweite Produktion, die dieses Casting überstanden hat. Haileys Vorspiel ist ebenso erfolgreich, Rodrigo lädt sie zur Probe ins Orchester ein. Aber das Gastspiel scheitert, Hailey muss erst einmal zurück nach Brooklyn: da capo, sozusagen, noch mal von vorne. Aber das bedeutet in der Musik ja nichts Schlechtes.

Mozart in the Jungle, Amazon Instant Video, alle zehn Folgen von 23. Dezember an online abrufbar.

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