Mord an russischen Reportern:Mysteriöser Tod in Zentralafrika

Trauerfeier ermordeter russischer Journalisten

Der russische Dokumentarfilmer Alexander Rastorgujew und zwei Kollegen wurden in der Zentralafrikanischen Republik bei einem Rechercheprojekt über eine private russische Söldnertruppe getötet.

(Foto: dpa)
  • Drei erfahrene Kriegsreporter aus Russland wurden in der Zentralafrikanischen Republik ermordet.
  • Die kremlkritischen Journalisten recherchierten zu einem berüchtigten privaten Militärunternehmen, das von einem früheren russischen Geheimdienstoffizier gegründet wurde.
  • Russland umwirbt das arme afrikanische Land schon länger, liefert Waffen und soll an Konzessionen für die zahlreichen Gold- und Diamantenminen interessiert sein.

Von Bernd Dörries

Es ist ein Ort, an dem Afrika schlimmer war als alle Klischees über den Kontinent zusammen. Es gab Herrscher, die größere Paläste hatten und noch riesigere Schlösser, aber die Grausamkeiten, die sich Jean Bédel Bokassa auf seinem Herrschaftssitz in der Zentralafrikanischen Republik ausdachte, sie gehören bis heute zum schlimmsten, was Afrika erlebt hat. Er hat gemordet und seine Opfer zu besonderen Anlässen über dem Feuer rösten lassen und gleich selbst verspeist. Als Bokassa 1979 nach 13 Jahren an der Macht schließlich gestürzt wurde, fanden sich im kleinen See der Residenz, der für die Krokodile ausgegraben worden war, die Skelette von 30 Menschen, in den Gefriertruhen lagerte Menschenfleisch. Bokassas Kinder versuchten, den Ort in eine Touristenattraktion zu verwandeln, was nur bedingt erfolgreich war. Der Palast moderte vor sich hin, bis das russische Militär es zu seinem Stützpunkt in der Zentralafrikanischen Republik machte. Vielleicht, weil sie dachten, dass man hier eher nicht gestört wird.

Anfang August aber wollten sich drei russische Journalisten anschauen, was hinter den Mauern und Zäunen des Anwesens genau vor sich geht, wollten Informationen über einen Militäreinsatz, über den bisher nur wenig bekannt ist. Wenig später waren alle drei tot, erschossen in einem Hinterhalt, als sie mit dem Auto ins Landesinnere unterwegs waren. Das russische Außenministerium bestätigte den Tod, die Sprecherin Maria Sacharowa sagte aber, es "sei eine offene Frage, was sie in der Zentralafrikanischen Republik wollten, was ihre Ziele waren".

Russland umwirbt das arme Land schon länger

Letztlich ist das aber nicht schwer herauszufinden. Der erfahrene Kriegsreporter Orchan Dschemal, sein Kollege Alexander Rastogujew und der Kameramann Kirill Radtschenko waren am 27. Juli in die Hauptstadt Bangui gereist, um über eine dubiose russische Söldnertruppe zu recherchieren, die in der Zentralafrikanischen Republik aktiv ist. "Die Musiker", werden die Söldner in der Branche genannt, weil sie für eine Firma arbeiten, die sich "Wagner" nennt, gegründet vom früheren russischen Geheimdienstoffizier Dmitri Utkin, mit angeblich besten Verbindungen zum öffentlichkeitsscheuen Oligarchen und Gastronom Jewgeni Prigoschin, der auch "Putins Koch" genannt wird. Die Wagner-Söldner sind auch in Syrien und der Ukraine aktiv gewesen und sollen nun in der Zentralafrikanischen Republik angeblich die Präsidentengarde stellen, den Staatschef vor verschiedenen Rebellengruppen beschützen, die große Teile des Landes kontrollieren. Offiziell zugegeben hat Moskau nur die Präsenz von 170 "Militärberatern", inoffiziell umwirbt Russland das arme Land schon länger, liefert Waffen und soll an Konzessionen für die zahlreichen Gold- und Diamantenminen interessiert sein.

All das wollten die Journalisten recherchieren - für das Zentrum für Recherchemanagement, eines vom mehreren Medienprojekten des ewigen Putin-Gegenspielers Michael Chodorkowski. Mit angeblich mehreren Millionen Dollar im Jahr unterstützt er verschiedene Projekte, um die russische Bevölkerung aus dem "Informationsghetto zu befreien", wie Chodorkowski sein Engagement begründet, nur etwa eine habe Million Russen informiere sich regelmäßig durch unabhängige Medien.

In einem Interview mit der Washington Post kündigte er an, den Tod der drei Journalisten untersuchen zu wollen, es sei aber zu früh, den Kreml verantwortlich zu machen. Polizei und Armee der Zentralafrikanischen Republik teilten mit, die drei Journalisten seien Opfer eines "normalen" Überfalls geworden und hätten sich gewehrt, als ihnen die Wertsachen gestohlen worden seien.

Andrei Konyakhin, der Chefredakteur des Zentrums für Recherchemanagement, bezweifelt diese Darstellung, die Morde "wurden auf eine sehr demonstrative Art und Weise durchgeführt". Verschiedene russische Journalisten erinnerten zudem an den Tod ihres Kollegen Maxim Borodin, der im April aus ungeklärter Ursache vom Balkon seiner Wohnung stürzte und starb. Auch er hatte kurz zuvor zu den Aktivitäten der Wagner-Gruppe recherchiert.

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