Monica Lierhaus bei "Beckmann":"Geht nicht gibt's nicht"

Monica Lierhaus und Reinhold Beckmann

Monica Lierhaus mit ihrem Kollegen Reinhold Beckmann während der Aufzeichnung zu seiner Sendung in Hamburg.

(Foto: Christian Charisius/dpa)

In Zeiten der maximalen Selbstoptimierung wirkt kaum etwas verstörender als ein Körper, der plötzlich nicht mehr kann. Wie sich nach Schicksalsschlägen "der Weg zurück" anfühlt, wollte Reinhold Beckmann von seinen Gästen erfahren, darunter seine Kollegin Monica Lierhaus. Zu sehen gab es einen ungewöhnlich optimistischen Talk.

Eine TV-Kritik von Irene Helmes

Es heißt oft, dass Menschen, die dem Tod nahe waren, die Dinge mit mehr Gelassenheit angehen. So erklärt es sich wohl, dass der Abend bei "Beckmann" eine für Talkverhältnisse so unaufgeregte Runde war. Einmal kein Gezeter, keine Egotrips, keine Runde nahe am Burn-out, dafür viel Hoffnung, viel Nicken, freundliche Worte füreinander.

Arbeit? Ein Lebenselixier, sagt TV-Moderatorin Monica Lierhaus. Der größte Wunsch? Noch selbständiger zu werden, sagt der Musiker Stefan Tiefenbacher. Hat es Sinn zu hadern? Nein, sagt Kanzlersohn Walter Kohl, der Tiefenbacher unterstützt und lange mit der eigenen Familiengeschichte kämpfte. Ganz entscheidend für die Genesung? Liebevolle Unterstützung, zeigt Lierhaus' Schwester Eva.

Rückkehr perfekt inszeniert

Sowohl Lierhaus als auch Tiefenbacher wurde von Ärzten attestiert, sie müssten ihr restliches Leben im Rollstuhl verbringen - die Moderatorin nach langem Koma wegen einer Gehirnoperation, Tiefenbacher nach einem unverschuldeten Motorradunfall. Tiefenbacher dürfte den meisten Zuschauern unbekannt sein, seine Geschichte wird präsentiert wie ein Albtraum mit Happy End. Alles musste er neu lernen mit Anfang 20, sprechen, lesen, gehen. Die Familie erzählte ihm sein Leben von vorn, Erinnerungen waren ihm keine geblieben. Heute spielt er mit dem geretteten Arm einhändig Saxophon und würde gerne den damaligen Unglücksfahrer treffen, um ihm seine Schuldgefühle zu nehmen.

Tiefenbacher gegenüber sitzt Monica Lierhaus, und während er eine sehr private Geschichte beschreibt, ist es bei ihr auch ein öffentliches Drama. Zwei Jahre lang waren Anwälte aktiv, um den einstigen Star der Sportschau in der schlimmsten Zeit der Krankheit vor Berichterstattung zu schützen. Die Rückkehr ins Rampenlicht schien dann perfekt inszeniert: Bei der Verleihung der Goldenen Kamera im Februar 2011 trat die damals 40-Jährige als Überraschungsgast vor ein verblüfftes Publikum. "Verlegenheit" war dann zu spüren im Saal, erinnert sich Beckmann, als sie ihrem Lebensgefährten Rolf Hellgardt vor Millionen Zuschauern einen Heiratsantrag machte. Längst hat sie das in Interviews als Fehler bezeichnet, er "konnte ja nur Ja sagen". "Dass das die falsche Bühne war, der falsche Ort und die falsche Zeit, das wusste ich hinterher auch", wiederholt Lierhaus bei Beckmann. Und freut sich, dass die Beziehung auch das überstand.

Die Frage, warum sich Lierhaus seit der Goldenen Kamera derart der öffentlichen Neugier und Sensationslust ausgesetzt hat und inwiefern das medial ausgeschlachtet wurde, hat seither viele beschäftigt. Die Dinge müssten dort geheilt werden, wo sie begonnen haben, sagt Walter Kohl - im Fall von Lierhaus sei das eben im Fernsehen. Das Starren, das Gaffen auf der Straße, all das sei deutlich besser geworden, seit Lierhaus wieder aktiv in der Öffentlichkeit steht, so ihre Schwester Eva. Negative Reaktionen auf die offensive Rückkehr der Moderatorin habe sie eher in den Medien als beim Publikum erlebt nach der Goldenen Kamera.

Lierhaus' "Platz an der Sonne"

Dass es spätestens wenige Wochen danach anders aussah, darüber geht Beckmann hinweg. Bekanntlich beließ es Lierhaus nicht bei einem einmaligen Auftritt, sie suchte sich ihren persönlichen "Platz an der Sonne" mit einem hochdotierten Vertrag als Botschafterin der ARD-Fernsehlotterie. Die offiziell nie bestätigte Jahresgage von angeblich knapp einer halbe Million Euro pro Jahr sprengte aber für die meisten Menschen den Rahmen.

Dass hier eine Frau war, die zwar persönlich litt, aber finanziell auf der Gewinnerseite einer Gesellschaft blieb, in der viele um rudimentäre Gesundheitsleistungen bangen, konnten ihr viele nicht verzeihen. Inwieweit es Lierhaus verletzt hat, in Zuschriften oder Kommentarforen die emotionale Kritik an ihrem neuen Erfolg zu lesen, bleibt an diesem Abend unausgesprochen. Aufhalten ließ sich Lierhaus jedenfalls nicht. Im vergangenen Oktober war es ihr langjähriger Arbeitgeber, die ARD, der in der Doku-Reihe "Höchstpersönlich" erneut Einblicke in das Leben der Genesenden gab. Auch Reinhold Beckmann, der zusammen mit Gerhard Delling 2009 für Lierhaus bei der Sportschau eingesprungen war, war darin zu sehen. Keine Überraschung, dass er es ist, dem sie nun ihr erstes langes TV-Interview seit 2009 gab.

Vom Magazin Stern hat die mittlerweile 43-Jährige sich kürzlich für ein Titelporträt begleiten lassen, in ihre Wohnung, zur Reha, in den Supermarkt. Sie hasse es, angestarrt zu werden, von Passanten etwa, verriet sie dem Reporter. Vielleicht ist es eine unmögliche Balance, die Lierhaus finden möchte - zwischen respektierter Privatheit und erfolgreicher Rückkehr in die Öffentlichkeit, in einem Beruf, der nun einmal von medialer Präsenz lebt.

WM 2014 als "ganz großes Ziel"

"Es nervt", sagt sie nun, dass die weitere Genesung so langsam vorangeht. Zugleich ist ihr Stolz anzumerken über ihre beeindruckenden Fortschritte beim Sprechen. Sie wirkt fröhlich, beim Thema psychologische Betreuung prustet sie einfach los ("bin ich nicht der Typ dafür"). Vielleicht blitzt sogar Selbstironie auf, als die für ihren Perfektionismus bekannte Journalistin sagt, "mein Ehrgeiz ist mir verloren gegangen, aber ich habe Zielstrebigkeit". Ihren Rollator hat die leidenschaftliche Sportjournalistin nach dem Sprinter Usain Bolt benannt, zusammen mit ihrer Schwester und Tiefenbacher macht sie die Sendung zu einem Plädoyer für Familie und Loyalität. Patienten ohne entsprechende Unterstützung hätten im Krankenhaus gewirkt "wie abgestellt", sagt Eva Lierhaus. Beckmanns Gäste versuchen an diesem Abend zu zeigen, was Hilfe bewirken kann.

Immer wieder hat Lierhaus ihren Traum beschrieben, als Teil des ARD-Teams von der Fußball-WM in Brasilien zu berichten. Ihren aktuellen Zustand "kann und will" sie nicht als endgültig akzeptieren, das betont sie auch bei Beckmann. Und nennt erneut die WM 2014 als berufliches "ganz großes Ziel". Wenn man sie so sieht, zweifelt man kaum mehr an ihrer Bemerkung während der Sendung: "Geht nicht gibt's nicht."

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