Öffentlich-Rechtliche:ARD-Mittagsmagazin wechselt zum MDR

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Sie gibt im November ihr Amt auf, jetzt aber hat Intendantin Karola Wille noch einmal für ihren MDR Land gewonnen. (Foto: Robert Michael/picture alliance/dpa/dpa-Zentral)

Weil der RBB es nicht mehr finanzieren könne, soll das "Mittagsmagazin" künftig in Leipzig entstehen. Wer dabei gewinnt.

Von Claudia Tieschky

Das Mittagsmagazin ( Mima) der ARD soll ab kommendem Jahr vom MDR in Leipzig produziert werden. In einer Mitteilung schrieb die Intendantin des Senders, Karola Wille, dass die Intendantinnen und Intendanten der ARD und Programmchefin Christine Strobl "unser Angebot ausdrücklich begrüßen und unterstützen". Mit der Übernahme vom RBB will der MDR auch eine Ausweitung der Mima-Sendezeit von derzeit einer Stunde auf mehr als 100 Minuten verbinden, was auf Kosten des ARD Buffets gehen könnte, das der SWR produziert. Für den MDR, der im Ersten Programm nachmittags auch das Boulevard-Magazin Brisant liefert, geht es daher auch um einen erheblichen Bedeutungsgewinn in der ARD - für den Sender und für die "Lebenswirklichkeiten aus unseren Regionen", wie Wille schrieb.

Das Mittagsmagazin stellen ARD und ZDF im wöchentlichen Wechsel her. Wie aus mit der Sache vertrauten Kreisen zu erfahren ist, könnte das ARD-Mima in Zukunft aus einem erweiterten Team der regionalen Magazinsendungen MDR um 2 beziehungsweise MDR um 4 heraus entstehen. Klar ist schon jetzt, dass sich das ARD- Mima gegenüber der jetzigen Produktion, die der RBB aus dem ZDF-Hauptstadtstudio im Zollernhof sendet, stark verändern wird. Man werde jetzt in einem "kreativen lebendigen Prozess" (Wille) das redaktionelle Konzept sowie Finanzen, Personal und Technik klären - auch im Gespräch mit dem ZDF.

Den RBB kostet das Mima nicht viel mehr als die Anwälte im Fall Schlesinger

Auf der Strecke bleiben nun die Mitarbeiter, die das Mittagsmagazin seit 2017 beim RBB herstellen und dort ambitionierten Hauptstadtjournalismus bieten. Insgesamt bis zu hundert Mitarbeiter, darunter ein Kernteam von rund 40 Personen, arbeiten beim RBB für das Mima. Das Konzept der gemeinsamen Studionutzung mit dem ZDF erfüllt zudem alle Kriterien der jetzt von der Politik überall geforderten besseren Zusammenarbeit der beiden öffentlich-rechtlichen Systeme.

Dennoch stellte die RBB-Intendantin Katrin Vernau, die bis Ende 2024 im Sender 49 Millionen Euro einsparen will um die Liquidität sicherzustellen, das Mima zur Disposition. Den Sender kostet das Magazin laut eigenen Angaben von vorigem Herbst inklusive Honorare jährlich knapp 2,7 Millionen Euro. Zum Vergleich: Die Anwaltskosten der bisher keineswegs abgeschlossenen Aufarbeitung des Schlesinger-Skandals, die Vernau nach eigenen Angaben nicht stoppen kann, weil sie die Compliance-Untersuchung nicht beauftragt habe, belaufen sich beim RBB inzwischen auf rund 1,9 Millionen. Während bei Vernaus Plan für die "Neuausrichtung" des Senders zunächst nur davon die Rede war, dass der RBB das Mima nicht mehr aus eigener Kraft finanzieren könne, wurde in den vergangenen Wochen immer deutlicher, worauf es hinausläuft. Vor knapp zwei Wochen erklärte Vernau bei einer Betriebsversammlung, dass sie es für aussichtslos halte, mit den anderen ARD-Sendern über eine gemeinsame Finanzierung des Hauptstadt- Mimas zu reden - die einzig denkbare Alternative dazu, die Sendung abzugeben.

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RBB-Chefin sieht offenbar wenig Chancen für eine gemeinschaftliche ARD-Finanzierung, allein will sich der Sender das "Mima" nicht mehr leisten.

Ende März hatte der RBB bereits die Nutzung des Zollernhofs zum Jahresende gekündigt. Vom ZDF hieß es damals bedauernd, ZDF und RBB hätten in den vergangenen fünf Jahren bewiesen, "wie man eine effiziente gemeinsame Produktionsinfrastruktur auf die Beine stellt". Auf die Nachricht vom Wechsel zum MDR reagierte man in Mainz am Mittwoch zurückhaltend: Es würden jetzt Gespräche mit dem MDR aufgenommen, hieß es lediglich.

Der MDR ist eindeutig der Gewinner der RBB-Krise

Umso mehr überrascht es, dass der RBB auf die Frage nach den Konsequenzen für die Mima-Mitarbeiter im Sender noch von nichts wissen will: "Wir haben noch keine gesicherten Informationen, wie die konkrete Zukunft des Mima aussieht", teilt die RBB-Pressestelle am Mittwoch auf Anfrage mit. Deshalb werde man keine Aussagen zu den Mima-Mitarbeitenden des RBB machen.

Sowohl im RBB als auch im MDR stehen Intendantenwechsel an. Im RBB finden im Sommer Neuwahlen statt - Katrin Vernau war mitten in der Schlesinger-Krise vorigen Herbst für ein Jahr gewählt worden. Karola Wille gibt die Leitung des MDR nach zwölf Jahren im Amt im November an ihren bisherigen Verwaltungsdirektor Ralf Ludwig ab. Mit dem Zuschlag beim Mima hat sie für ihren Sender noch einmal Land gewonnen, in dessen Sendegebiet Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen viele tendenziell rundfunkbeitragskritische Politiker vom Wert der Öffentlich-Rechtlichen überzeugt werden müssen.

Der MDR ist eindeutig der Gewinner der RBB-Krise. Ob der Wechsel finanziell betrachtet nicht ein Unsinn ist, darauf antwortet der MDR auf Anfrage vage: "Das im Rahmen der ARD-Strukturreform gegebene Wirtschaftlichkeitsversprechen für das ARD-Mittagsmagazin bis 2028" würde auch bei einem Wechsel eingehalten.

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