Süddeutsche Zeitung

Missglücktes Voting im ZDF:Irgendwie die Allerbesten

Das ZDF suchte in zwei großen Shows "Deutschlands Beste". Die Zuschauer sollten vorher online mitstimmen - doch am Ende zählten vor allem Stimmen der Forsa-Befragten. Also alles getrickst?

Von Friederike Zoe Grasshoff und Katharina Riehl

Besonders groß war die Überraschung nicht, die Johannes B. Kerner in der vergangenen Woche seinen Zuschauern zu verkünden hatte. Helmut Schmidt, Altkanzler und Politorakel, ist der beliebteste Deutsche, Angela Merkel, amtierende Kanzlerin und Wahlerfolgsgarantin der CDU, ist unter den deutschen Frauen besonders anerkannt. Das Ranking der 100 beliebtesten Deutschen (50 Männer, 50 Frauen) führten die beiden an, für Kerners ZDF-Show Deutschlands Beste! wurden mit der gesamten Hitliste zwei volle Abende bestritten.

Etwas überraschender als das Ergebnis war nun, was der Blogger Stefan Niggemeier und das Medienmagazin Zapp ein paar Tage nach der Ausstrahlung zu berichten hatten. Um die Lieblinge der Deutschen zu ermitteln, hatte das ZDF sowohl das Meinungsforschungsinstitut Forsa beauftragt als auch das Publikum gebeten, seine Meinung zu äußern. Die Leser der Fernsehzeitschrift Hörzu wurden in einem vierseitigen Artikel zur Abstimmung aufgefordert, auch das ZDF warb dafür, im Netz die eigene Meinung kundzutun. Die Frage, die sich nun stellt, aber ist: Hat das ZDF seine Zuschauer nur verschaukelt?

Der Verdacht, den Niggemeier und Zapp äußerten (und den das ZDF auch zunächst bestätigte), wäre für den Sender gelinde gesagt ziemlich peinlich: Demnach habe der Sender die Wertung von Hörzu-Lesern und Online-Abstimmern überhaupt nicht in seine Ergebnisse aufgenommen, sondern nur die der Forsa-Umfrage berücksichtigt. Ende April hatte die Umfrage des Instituts stattgefunden - die während der Shows in der vergangenen Woche abgegeben Stimmen wären demnach also nicht mehr als ein Witz. Für einen öffentlich-rechtlichen Sender, der sich in moderner Zuschauerbeteiligung versucht, kein sehr ruhmreicher Vorgang. Die Ergebnisse der verschiedenen Umfragen hätten sich statistisch nicht sauber zusammenführen lassen, begründete das ZDF den Vorgang zunächst.

Online sollten Zuschauer über die größten Deutschen abstimmen - gewertet wurde das aber kaum

Wie der Fall tatsächlich zu bewerten ist, wurde im Laufe des Dienstags eher unklarer als klarer. Das ZDF, bei dem man offenbar doch noch einmal intern recherchierte und das die Abstimmung ohne Auswirkung zunächst ja noch eingeräumt hatte, ruderte plötzlich in eine andere Richtung: Tatsächlich seien die Internetergebnisse durchaus in das Endergebnis eingeflossen. Ein Sprecher erklärte das so: "Deutschlands Beste! hatte sich in zwei Sendungen vorgenommen, die beliebtesten deutschen Frauen und Männer zu ermitteln. Dazu gab es drei Umfragen, um die Bestenliste zu erstellen: eine repräsentative Forsa-Befragung, ein Onlinevoting sowie einen Hörzu-Leseraufruf."

Bei der Auswertung habe sich herausgestellt, dass das Onlinevoting durch Fangruppen "stark beeinflusst worden war". Zu diesem Zeitpunkt habe sich die Redaktion dazu entschieden, "sich auf die repräsentative Forsa-Umfrage zu stützen". Man könnte es wohl auch so sagen: Dass dem ZDF die Ergebnisse der Online-Zuschauerbefragung nicht so recht ins schon ziemlich fertige Konzept passen wollten. Aber warum werden die Zuschauer überhaupt gefragt, wenn man auf ihre Meinung offenbar keinen Wert legt? Es kam dann aber nochmal anders: "Wie sich heute bei einer internen Nachprüfung herausstellte, wurden dennoch Ergebnisse des Zuschauervotings mit den Ergebnissen der Forsa-Umfrage vermischt", so der Sprecher. Heißt im Grunde: Das ZDF hatte sich offenbar vorgenommen, die Stimmen der Zuschauer zu ignorieren, sein Publikum also ordentlich anzumeiern, aber dabei ist wohl etwas schiefgegangen. Zu welchem Anteil welche Stimmen gezählt wurden und wie genau das Endergebnis zustande kam, konnte man beim ZDF auf Nachfrage nicht erklären.

Der Fall bleibt seltsam. Der Showchef des Senders, Oliver Fuchs, ließ jedenfalls wissen: "Dieses Vorgehen war methodisch unsauber und somit falsch. Dafür entschuldige ich mich bei unseren Zuschauern, den Teilnehmern der Sendung und bei allen, die abgestimmt haben." Künftig werde das ZDF bei Deutschlands Beste! auf Internetvotings verzichten und ausschließlich auf repräsentative Umfragen setzen. Das könnte für alle das Beste sein.

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Quelle:
SZ vom 09.07.2014/cag
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