Podcast von Michelle Obama:Jeder braucht jemanden

Michelle Obama empfängt als ersten Gast ihres Podcast ihren Mann, Barack Obama.

Michelle Obama empfängt als ersten Gast ihres Podcasts ihren Mann, Barack Obama.

(Foto: spotify)

Michelle Obama startet nach dem Erfolg ihrer Autobiografie nun einen Podcast. Der Gast ihrer ersten Sendung? Ihr Ehemann, der Ex-Präsident.

Von Carolin Gasteiger

An einer Stelle kommt einem Bill Withers' bekannte Textzeile aus "Lean on me" in den Kopf: Wir alle brauchen jemanden zum Anlehnen. Michelle Obama, die ehemalige First Lady, und ihr Ehemann Barack, früherer US-Präsident, unterhalten sich gerade darüber, wie wichtig die eigene Sippe sei, dass man manche Dinge eben nicht allein erledigen könne ("die Pandemie"), dass es eben viel erfüllender sei, wenn wir uns alle aufeinander verlassen können. When we all have each other to lean on, sagt Michelle Obama in ihrem neuen Podcast, der von Mittwoch an auf Spotify läuft.

Sie ist also wieder da. Michelle Obama, 56 Jahre, Harvard-Anwältin und Publikumsliebling in den USA, wo sie viele gern als Präsidentschaftskandidatin gesehen hätten. Aber mit dem Weißen Haus ist Obama nach den acht Jahren Präsidentschaft ihres Mannes durch. Was nicht bedeutet, dass sie Ruhe gibt. Da gab es das Buch, ihre Biografie "Becoming" in Millionenauflage, dann die Tour zum Buch, den Film zur Tour zum Buch, und nun den Podcast, der mit dem Buch nur am Rande zu tun hat. Es ist ein weiteres Projekt von Higher Ground, der Firma der Obamas, die unter anderem Dokumentationen für Netflix produziert - und die erste Kooperation mit Spotify. In persönlichen Unterhaltungen soll es um Beziehungen gehen, um Freundschaft, um Gesundheit. Die Gesprächspartner stammen aus Obamas engstem Umfeld. Sie spricht mit ihrer Mutter, ihrem Bruder, der früheren Beraterin ihres Mannes, Valerie Jarrett. Aber in der ersten Folge gleich mal: mit Barack Obama selbst.

"Danke, dass du da bist", begrüßt Michelle ihren Ehemann. Und der darauf: "Als hätte ich eine Wahl gehabt." Liebevolle Frotzeleien wie diese bleiben in den 48 folgenden Minuten die Ausnahme. Vielmehr reflektieren die beiden Ehepartner über Gemeinschaft und wie sich Amerika im Laufe der Zeit verändert hat. Sie erinnern sich, wie sie aufgewachsen sind, Barack Obama etwa in einer Gegend, in der sich jeder um jeden gekümmert hat und er im Zweifel von der Nachbarin geschimpft wurde. Inzwischen habe sich das Narrativ jedoch vom Gemeinschaftsleben weg hin zum Erfolg des Einzelnen gewandelt. Man müsse es unbedingt allein schaffen. Anstatt um Familie und Freundschaft gehe es vorwiegend darum, dass man alles haben könne und wie man es erreicht. Aber so seien sie nicht erzogen worden, sagt Michelle. Barack stellt fest, die Gefahr für die junge Generation sei, dass sie zu zynisch sei und schlichtweg die Botschaft verinnerlicht hätte, die Regierung funktioniere nicht. "Meinst du, sie werden das Richtige tun? Meinst du, sie werden wählen?", fragt Michelle Obama den früheren Präsidenten. "Du kennst mich." "Du bist der ewige Optimist, der ,Yes we can'-Mann", antwortet seine Frau.

Auf den aktuellen Präsidenten gehen die beiden mit keinem Wort ein. Aber natürlich kann man auch das als versteckte Wahlkampfhilfe verstehen. In den vergangenen Tagen bereits hatte Michelle Obama auf Instagram dazu aufgerufen, wählen zu gehen. In ihrem Podcast äußert sie sich besorgt darüber, dass viele junge Menschen sich fragen, ob es sich lohnt, wählen zu gehen. Einen kleinen Seitenhieb äußert sie aber doch gegen Trump, als sie ihren Mann als "Präsidenten, der viel liest und sich mit Geschichte auskennt", anspricht. Immer noch wirkt es, als hole sich Michelle Obama zurück, was sie die acht Jahre im Weißen Haus über zurückhalten musste - sie will selbst sprechen, andere inspirieren, aufrütteln und, ja, auch unterhalten.

Tatsächlich kann einem, trotz Bill Withers' Song, die Botschaft der Obamas angesichts der aktuellen Lage in den USA naiv vorkommen. Einfach füreinander da sein, Gespräche führen, das eigene Verhalten reflektieren, und dann wird alles gut? Aber am Ende bleibt dann doch ein Gefühl von Hoffnung hängen. Vielleicht braucht es gerade mehr Leute wie die Obamas, um diese zu verbreiten. Für ihre Töchter wünschen sich die beiden jedenfalls, sagt Barack, "dass sie in einem Land leben, das jeden respektiert und sich um jeden kümmert, das jeden feiert und anerkennt". Michelle Obama sagt am Ende der ersten Folge, vielleicht inspiriere es die Hörer, Unterhaltungen wie diese am eigenen Esstisch zu führen, sich zu fragen, wo man selbst im Leben stehe und was man ändern möchte. Und das mit den eigenen Lieben zu diskutieren. "Nur so entwickeln wir gegenseitig mehr Verständnis und Empathie." Neun Folgen von "The Michelle Obama Podcast" sind bereits geplant.

"The Michelle Obama Podcast", Spotify

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