Medienkritik an Trump:Ein starkes Zeichen, von allen getragen

Mehr als 100 Zeitungen wenden sich in einer einmaligen Aktion an US-Präsident Trump. Dass sich Medien aller Lager daran beteiligen, zeigt: Der Präsident rüttelt am Fundament der Demokratie.

Kommentar von Christian Zaschke

Wie wirksam die dauernden Attacken von Donald Trump auf die freie Presse sind, belegt eine kürzlich veröffentlichte Umfrage, in der 44 Prozent der republikanischen Wähler gesagt haben, der amerikanische Präsident solle die Macht haben, unliebsame Medienhäuser zu schließen. Kaum ein Tag vergeht, an dem Trump die Presse nicht attackiert. Oft tut er das auf seinem Lieblingsmedium Twitter, wo er seinem Ärger gern in Großbuchstaben Luft macht. Zuletzt hat er in jeder seiner Wahlkampfveranstaltungen maßgebliche Teile seiner Reden darauf verwendet, die Presse zu beschimpfen und seine Anhänger aufzustacheln. Sein Ton wird immer rauer und roher. Medienvertreter bezeichnet er mal als "schreckliche Menschen", mal als "abscheulich" und nicht selten als "Feinde des Volkes".

Trumps Anhänger beschimpfen die Vertreter von Medien mittlerweile auf seinen Veranstaltungen, teils mit wutverzerrten Gesichtern. Sie brüllen, sie zeigen obszöne Gesten, und es ist vermutlich nur noch eine Frage der Zeit, bis diese von Trump entfachte Wut weiter eskaliert. Der Präsident wird dann, wie er es immer tut, seine Unschuld beteuern. Keinesfalls habe er etwas gegen die freie Presse, wird er sagen. Er habe lediglich etwas gegen die Fake News. So bezeichnet er bekanntlich jede Form von Berichterstattung, die ihm nicht genehm ist.

Dass am Donnerstag mehr als 350 amerikanische Zeitungen in Leitartikeln zum Ausdruck gebracht haben, wie gefährlich das Vorgehen des Präsidenten ist, war ein starkes Zeichen. Alle haben mitgemacht, Zeitungen aus dem Trump-Land Texas wie The Dallas Morning News oder San Antonio Express-News ebenso wie die liberale New York Times und der Boston Globe, der die Aktion angestoßen hat. Es war ein Ausdruck von Einigkeit in einem Land, das Trump immer weiter zu spalten sucht.

Trumps Umsichschlagen drückt sich in immer krasseren Beschimpfungen der Medien aus.

Ein Leichtes wäre es, nun zu sagen, hier habe sich die gleichgeschaltete Anti-Trump-Presse gegen den Präsidenten gewandt. Aber das stimmt nicht. Es haben sich die verschiedensten Publikationen an der Aktion beteiligt, liberale ebenso wie konservative, weil das, was der Präsident da tut, alle betrifft. Trumps maßlose Angriffe auf Medien schaden der Demokratie, und das Schlimmste ist, dass er das nicht, wie so vieles, aus Gedankenlosigkeit tut, sondern aus Kalkül. Vertrauten erzählte er einmal, wenn er die Presse bei jeder Gelegenheit untergrabe, dann werde ihr bald niemand mehr glauben, wenn sie über seine Verfehlungen berichte.

Dabei steht Trump grundsätzlich sehr gern in der Zeitung, ist er doch grenzenlos eitel. In seiner Zeit als Immobilienunternehmer und Reality-TV-Star hat er unter falschem Namen in Redaktionen angerufen und versucht, Geschichten über sich selbst zu platzieren. Es ist auf fast rührende Weise lächerlich. Was er aber hasst, sind Artikel, in denen er nicht so gut wegkommt. Er duldet nicht die leiseste Form von Kritik und schlägt sofort um sich wie ein Kind außer Kontrolle, wenn er kritisiert wird. Dieses Umsichschlagen drückt sich in immer krasseren Beschimpfungen der Medien aus.

Dass nun so viele Redaktionen im ganzen Land sich mahnend an den Präsidenten gewandt haben, ist ein einmaliger Vorgang. Und eine wichtige Aktion im Sinne aller Amerikaner. Ob sie Trump zum Innehalten bewegen wird, zu einer Umkehr gar? Es ist fest davon auszugehen, dass seine nächste Attacke noch wütender wird.

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