Sitzung des Verlegervereins BDZV:War was?

Sitzung des Verlegervereins BDZV: Mathias Döpfner, BDZV-Präsident und Vorstandsvorsitzender der Axel Springer SE, 2019 beim Zeitungskongress.

Mathias Döpfner, BDZV-Präsident und Vorstandsvorsitzender der Axel Springer SE, 2019 beim Zeitungskongress.

(Foto: Bernd von Jutrczenka/dpa)

Der Verlegerverband tagt. Offenbar ohne sein größtes Problem anzusprechen. Zur Frage, warum Mathias Döpfner dort auch nach neuen Enthüllungen im Fall Reichelt unantastbar bleibt.

Von Anna Ernst

Die Entscheider der deutschen Verlagsbranche sind überraschend wenig entscheidungsfreudig. Zumindest wenn es um ihren schwer in die Kritik geratenen Vereinschef geht. Am Montagnachmittag hat der Bundesverband Digitalpublisher und Zeitungsverleger (kurz: BDZV) schon zum zweiten Mal eine Sitzung abgehalten, bei der im Vorfeld neue Vorwürfe gegen den Präsidenten Mathias Döpfner laut wurden. Man könnte meinen, die Verlagsbranche würde nun nach Monaten des abwartenden Beobachtens doch noch im Krisenmodus zusammenkommen. Stattdessen lieber: Tagesordnung, als wäre nichts gewesen.

Am Montag blieb der oberste Verleger Mathias Döpfner nach SZ-Informationen eine Randnotiz. Dass der Axel-Springer-Chef laut Recherchen der Financial Times von vergangener Woche die Untersuchungen gegen den Bild-Chef Julian Reichelt im eigenen Haus verschleiert und verschleppt hat, dass er sogar Gegenermittlungen in die Wege geleitet haben soll gegen eine der Frauen, die gegen Reichelt ausgesagt hat, und gegen Leute, die den Machtmissbrauch öffentlich gemacht haben: offenbar geschenkt. Fragt sich: Was ist das für ein Verein?

Sind hier Modernisierungsfragen wichtiger als Informationsfreiheit?

18 Mitglieder gehören zum Präsidium, darunter eine Frau. Diese Quote setzt sich fort, wenn man den Blick weiter schweifen lässt, auf alle Verlagsvertreter aus unterschiedlichen Bundesländern, die bei der Versammlung als Delegierte teilnehmen dürfen: Drei Frauen und 52 Männer repräsentieren dort die Zeitungsbranche in Deutschland. In der Sitzung am Montag ging es nun um "medienpolitische Themen unter dem Aspekt der neu gebildeten Regierung" und "Modernisierungsfragen zu einer noch schlagkräftigeren Organisation des BDZV". Die Frage, ob Mathias Döpfner weiter als Gesicht dieses Verbands taugt, der von sich selbst beansprucht, die Interessen der Verleger auch auf EU-Ebene zu repräsentieren, als Vertreter von "318 Medienmarken mit rund 2800 digitalen journalistischen Angeboten", wie es in der Selbstbeschreibung heißt, wurde nicht besprochen.

Döpfner gilt als exzellenter Lobbyist, als guter Netzwerker und Geschäftsmann. Nur dürfte das in einer Branche kaum für einen Spitzenposten reichen, deren wichtigstes Pfund Informationsfreiheit, Glaubwürdigkeit und Transparenz sind.

Der Verband hatte bereits im Vorfeld mitgeteilt: "Der BDZV äußert sich grundsätzlich nicht zu Interna der Verlagsunternehmen", was in einer Affäre von internationalem Rang (neben der FT in London hatte auch die New York Times berichtet), beinahe wie ein Scherz klingt.

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