Medien:Hannity Fair

Medien: Pressesprecher im Journalistenpelz: Moderator Sean Hannity.

Pressesprecher im Journalistenpelz: Moderator Sean Hannity.

(Foto: Saul Loeb/AFP)

Trump-Unterstützer wie Fox News und "Breitbart" frohlocken über dessen Wahlsieg. Nun müssen sie einen Mann beurteilen, den sie selber ins Amt gehievt haben. Ihre Nähe zu Trump kann für sie auch zum Problem werden.

Von Jürgen Schmieder

Sean Hannity hat gewusst, wie die Amerikaner abstimmen würden bei dieser Präsidentschaftswahl - der Moderator des Fernsehsenders Fox News kennt doch seine Landsleute: "Es war vorhersehbar, ist aber dennoch ein modernes politisches Wunder. Es war ein historischer Tag." Als er das am Mittwochmittag sagt, grinst er zufrieden wie jemand, der gerade das größte Stück vom Thanksgiving-Truthahn abbekommen hat. Kein Wunder: Hannity dürfte zum ersten Ansprechpartner des künftigen Präsidenten Donald Trump werden.

Hannity war als Moderator der Sendung Hannity ein als Journalist getarnter Pressesprecher: Er war bisweilen der einzige, dem Trump ausführliche Interviews gewährte. Diese Begegnungen wirkten wie Treffen von Hund und Herrchen, Hannity gab am Ende immer artig die Pfote. "Trump hat sich gegen alle durchgesetzt: Republikaner, Demokraten, Mainstream-Medien", sagt Hannity nun: "Kaum jemand hat verstanden, dass so was möglich sein kann." Sein Blick verrät: Ich, Sean Hannity, habe das von Anfang an kapiert - und nun werde ich davon profitieren.

Trump hatte sich immer wieder über vermeintlich unfaire Behandlung durch Journalisten beschwert. Die New York Times nannte er "inkompetent" und "unehrlich", die Washington Post "langweilig" und "ungenau", CNN den "Presseshop für Hillary Clinton". Zu Beginn der Kandidatur hatte er sich noch Scharmützel mit Fox News geliefert, die jedoch immer harmloser und seltener wurden. Hannity gab schließlich nicht ohne Stolz zu, Trump zu beraten und seine Sendezeit dafür zu nutzen, Trumps Ambitionen zu unterstützen.

Hannity ist ein schroffer Gastgeber: Er hört nur selten zu, unterbricht und beleidigt Andersdenkende. Er ist kein Fragesteller, er ist ein Meinungsäußerer. Wer immer ausreden durfte: Donald Trump, der Hannity im Gegenzug einen "tollen Journalisten" und "großartigen Mann" nannte.

Dazu passte es gar wunderbar, dass Trumps Wahlkampf-Chefstratege Steve Bannon dem politischen Internetportal Breitbart News vorsteht. Das versuchte erst gar nicht, gemäßigt oder gar objektiv rüberzukommen. Es war offen für Trump und gegen Clinton, oft mit hanebüchenen Argumenten und nicht selten beleidigend.

Acht Jahre motzte der Sender über Obama, künftig muss er die Arbeit des eigenen Produkts beurteilen

"Wer sich bei uns informiert hat, der wurde vom Ausgang dieser Wahl nicht überrascht", sagt Bannon nun: "Überrascht wurden doch nur die Leser der Washington Post oder die Zuschauer der Mainstream-Medien. Unsere Berichterstattung war klug und treffend. Dieser Sieg gehört den Breitbart-Lesern." Das Portal unterhält schon Büros in London und Jerusalem, am Mittwoch war aus dem Umfeld des Unternehmens zu hören, dass es nach Deutschland und Frankreich expandieren und bei künftigen Wahlen die rechtspopulistischen Parteien Alternative für Deutschland und Front National unterstützen will.

Fox News hat nun freilich den Vorteil, Trump zur Präsidentschaft verholfen zu haben. Der gilt als loyal gegenüber Menschen und Institutionen, die er mal für seine Zwecke genutzt hat und die ihm als dienlich erscheinen. Trump dürfte den Sender weiter als Megafon für seine Botschaften an die Welt nutzen, dafür erhält Fox News exklusiven Zugang zum künftigen Präsidenten. Am Morgen der Wahl durfte Reporterin Shannon Bream das Süßigkeiten-Buffet im Wahlzentrum bewundern ("Wow, das sind aber gewaltige Donuts!") und Trumps engste Berater zum Winken in die Kamera animieren. Kurz darauf gab Trump sein einziges Interview an diesem Tag: der Sendung Fox & Friends.

Sorge bereitet den Verantwortlichen lediglich, dass die Einschaltquoten nun dramatisch sinken könnten. Fox News war acht Jahre lang das Sprachrohr für die stetig angewachsene Gruppe der Unzufriedenen und Frustrierten. Der Sender verstand sich als Stimme der Vernunft gegen einen - nach dem Dafürhalten von Fox News - inkompetenten Präsidenten Barack Obama. Nur: Wer ausschließlich wütend motzt, der muss selbst keine Vorschläge machen.

Nun muss der Sender die Arbeit eines Menschen beurteilen, den er in dieses Amt gehievt hat. Er wird aufgrund der Nähe zu Donald Trump zum Teil des Systems, das war schon während der Präsidentschaft von George W. Bush ein Problem.

Vor der Sorge um die Zukunft kommt aber erst einmal die Freude über die Gegenwart. Auf der Breitbart-Homepage wird für 15 Dollar ein knallrotes T-Shirt feilgeboten, auf dem steht: "History - November 8, 2016". Es ist eine Erinnerung daran, dass dieses Portal bei diesem politischen Wunder in den USA mitgeholfen hat, und zugleich eine Warnung an Europa.

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