Me Too:Hand an den Mann

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"Wirtschaftswoche"-Redakteur berichtet in der "taz" davon, wie er bei einem Pressetermin Opfer eines Übergriffs wurde. Dafür wird er abgemahnt. Auch das lässt sich Harald Schumacher nicht gefallen. Nun klagt er vor Gericht.

Von Hans Hoff

Ein kleiner Kniff kann manchmal unerwartete Spätfolgen haben. So wie der Kniff, den sich eine angesehene deutsche Unternehmerin im Herbst des vergangenen Jahres erlaubte. Bei der Eröffnung eines neuen Firmenstandorts trat sie zu geladenen Journalisten und bat sie, sich doch bei den angebotenen Delikatessen zu bedienen. Das lehnte der Wirtschaftswoche-Redakteur Harald Schumacher mit dem Verweis auf seine Figur ab, was die Unternehmerin nach seiner Darstellung nicht akzeptieren mochte. Kurzerhand habe sie Schumachers Jackett zur Seite geschoben und ihn lachend in die Hüfte gekniffen, um den übrigen Anwesenden zu demonstrieren, dass da durchaus noch Platz für Häppchen sei. Ein kleiner Kniff für die Frau, einer mit Folgen für den verdatterten Reporter, der am Mittwoch vor dem Düsseldorfer Arbeitsgericht von dem Vorfall berichtete.

Schumacher klagt dort gegen eine Abmahnung seines Arbeitgebers, der Handelsblatt GmbH, die er sich in der Folge des Termins eingehandelt hat. Weil er sich fragte, was in Zeiten der "Me Too"-Bewegung wohl geschehen wäre, hätte ein erfolgreicher Unternehmer einer Journalistin in die Hüfte gekniffen, schrieb er das Geschehen in seinen Bericht, wo auch der Name der Unternehmerin zu finden war. Das aber mochte die im Handelsblatt-Verlag erscheinende Wirtschaftswoche nach seiner Darstellung nicht veröffentlichen, weshalb er die entsprechende Passage streichen musste. Er habe dann nach seiner Rückkehr mit dem Wirtschaftswoche-Chefredakteur Beat Balzli gesprochen, berichtete Schumacher vor Gericht. Dabei habe Balzli klargemacht, dass der Kniff auch künftig keinen publizistischen Niederschlag bei der Wirtschaftswoche finden werde.

Das ließ Schumacher, der seit mehr als 30 Jahren Wirtschaftswoche-Redakteur ist, keine Ruhe. Nach seiner Ansicht könne es nicht sein, dass sein Arbeitgeber die Veröffentlichung eines solchen Sachverhaltes verhindere. Also veröffentlichte Schumacher seine Schilderung ohne Nennung des Namens der Unternehmerin im März in der "taz", was er als Debattenbeitrag verstanden wissen will. "Ran an den Speck" stand über dem Text, der unter dem Obertitel "Debatte #MeToo" erschien. Er stellte dort auch die Frage, was geschehen wäre, wenn er als Journalist die Taille der Firmenchefin einem Greiftest unterzogen hätte und wertet den Vorfall deutlich: "Ich wurde vor Publikum instrumentalisiert zum Objekt einer Geste, die als einseitiger jovialer Spaß - sozial gesehen - nur in eine Richtung funktioniert: von oben herab."

Die Folge war eine Abmahnung. Der Verlag wirft ihm einen Verstoß gegen die Regeln seines Arbeitsvertrages vor. Er dürfe zwar gelegentlich auch für andere Publikationen tätig werden, allerdings bedürfe es der schriftlichen Einwilligung der Chefredaktion, wenn er dabei die ihm während seiner Tätigkeit für den Verlag bekannt gewordenen "Nachrichten und Unterlagen" weiterverwerte. Diese schriftliche Einwilligung habe er aber nicht eingeholt.

Nun wurde vor bei dem Gütetermin vor Gericht erörtert, ob "Ran an den Speck" als Nachricht zu werten sei, wie es das Handelsblatt definiert, oder als Erlebnis aus der persönlichen Sphäre des Journalisten. Bis zum Kammertermin am 24. August hat das Gericht nun Zeit, sich Gedanken darüber zu machen, was es als Nachricht definiert und ob ein publizistisches Organ seinen Angestellten verweigern kann, bestimmte Information zu veröffentlichen.

Das Handelsblatt verweist auf Anfrage darauf, dass es zu laufenden Rechtsstreitigkeiten grundsätzlich keine Stellungnahme abgibt.

© SZ vom 16.06.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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