MDR-Intendantin Karola Wille:Parole "Aufbruch"

Die neu gewählte MDR-Indentantin Karola Wille will die Skandale um ihren Sender zügig aufklären - für die Fehler in der Vergangenheit fühlt sie sich jedoch nicht mitverantwortlich. Und bleibt ihrem Vorgänger gegenüber distanziert.

Christiane Kohl

Beim Happy End sah es fast so aus wie in einer der Schunkelsendungen, für die der Mitteldeutsche Rundfunk bekannt ist. Da hatten sich die MDR-Rundfunkräte in der Trachtenstube eines Kurhotels mitten im Thüringer Wald versammelt, um zwischen honigfarbenem Holzgestühl und tiefhängenden Lampen ihre neue Intendantin Karola Wille zu feiern. Und während aus den Lautsprechern des Lokals die Erkennungsmelodie der MDR-Erfolgsserie In aller Freundschaft dröhnte, wurde auch der scheidende Intendant Udo Reiter noch einmal mit Lob für seine 20-jährige Dienstzeit bedacht.

Karola Wille zur Intendantin des MDR gewählt

"Die Weichen müssen neu gestellt werden": Die neue Intendantin des MDR, Karola Wille, gibt sich zum Auftakt kämpferisch.

(Foto: dpa)

Als Pionier, der die Drei-Länder-Anstalt in Ostdeutschland aufgebaut hatte, sei Reiter eben immer auch "ein Partner der Wildnis" gewesen, spielte der Rundfunkratsvorsitzende Johannes Jenichen in launigem Ton auf die Skandal-Strähne des Senders an. Schwamm drüber! Von nun an wollen die Rundfunkräte wieder nach vorn blicken. Und so formulierte Jenichen die Parole des Abends in einem Wort: "Aufbruch".

Zuvor hatte Karola Wille, 52, in der Rundfunkratssitzung ein "Sofortprogramm" für ihre ersten 100 Tage im Amt vorgelegt. Darin leitete sie jeden Punkt mit der kämpferischen Formulierung "Ich will" ein und erklärte: "Die Weichen müssen rasch gestellt werden".

Erste Priorität ist es für Wille, die angelaufenen "Aufklärungs- und Untersuchungsprozesse" zu den in den vergangenen Monaten bekanntgewordenen Skandalen voranzutreiben. Nach dem Millionenbetrug beim Kika und den merkwürdigen Finanzmachenschaften des gefeuerten MDR-Unterhaltungschefs Udo Foht müssten parallel zur Aufklärung sichere, moderne Prüfungs- und Kontrollstrukturen etabliert werden. Überdies soll im Management des Senders eine Art neuer Teamgeist entstehen. Die Zusammenarbeit müsse transparenter werden, auch im Verhältnis zu den Kontrollgremien.

Zeitweise im anderen Lager

Willes Wahl zur Intendantin war äußerst glatt und in betont lockerer Atmosphäre abgelaufen. Mit den 32 Jastimmen bekam sie denn auch erheblich mehr Zuspruch als erwartet. Und nicht einmal der sächsische Staatskanzleichef Johannes Beermann hatte gestört: Der Christdemokrat, dessen bevorzugter Kandidat Bernd Hilder von der Leipziger Volkszeitung vor einigen Wochen im Rundfunkrat durchgefallen war, weilte fernab im Urlaub in Abu Dhabi, als im Thüringer Wald erneut die Intendanten-Wahl auf der Tagesordnung stand.

In den wenigen Fragen an die Kandidatin schimmerte nur einmal ein kritischer Ton durch. So wollte eine Christdemokratin aus Sachsen-Anhalt wissen, ob Wille sich als "Teil des Systems" nicht mitverantwortlich fühlen müsse für die unzureichende Aufklärung der zurückliegenden Skandale. Die Juristin, die seit 2003 auch als stellvertretende Intendantin fungierte, konterte, dass sie bislang keineswegs "alleinherrschend" im MDR agiert habe.

Der scheidende Intendant Reiter meldete sich mit einem formvollendeten "mea culpa" zu Wort: Wille treffe keine Schuld, nahm Reiter seine bisherige Stellvertreterin in Schutz. Ja, sie habe zeitweise sogar "im anderen Lager" gestanden als er selbst. Er müsse sich heute vorwerfen, die Situation teilweise falsch bewertet zu haben. Zu spät sei ihm klar geworden, dass beim MDR "die Goldgräberstimmung schon länger vorbei war". Und nach der Wahl meinte Reiter: "So, wie ich überzeugt bin, das ich für die Aufbaujahre im MDR der Richtige war, so glaube ich jetzt, dass sie die Richtige ist."

Dankbar schüttelte Wille ihrem Vorgänger später die Hand. Als Reiter sie herzlich umarmen wollte, zuckte die Juristin jedoch kaum merklich zurück und ließ so vielleicht ganz beiläufig einen neuen Stil erkennen. Am 1. November soll Karola Wille bereits ihr neues Amt antreten.

Während über ihre politische Vergangenheit viel geschrieben wurde, weiß man über ihren gegenwärtigen Standort recht wenig: Als 18-Jährige war sie der SED beigetreten, hatte sich jedoch später vom Sozialismus losgesagt. Nun erhofft sich mancher Rundfunkrat, dass der MDR unter ihrem Regiment "mehr Staatsferne" zeigen möge.

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