Matthias Opdenhövel wechselt zur Sportschau:Immer schön locker bleiben

Schlag-den-Raab-Moderator Matthias Opdenhövel wird Nachfolger von Monica Lierhaus in der Sportschau. Die ARD steuert ihr Sport-Flaggschiff weiter in Richtung Show.

Hans Hoff und Christopher Keil

Muss man sich jetzt um Matthias Opdenhövel sorgen, weil er von Juli an für die ARD arbeiten wird? Er soll ins Team der Sportschau-Moderatoren, er soll Nachfolger von Monica Lierhaus werden, die nach einer Gehirnoperation monatelang im Koma lag und die Sendung wohl nicht mehr präsentieren wird.

Moderator Opdenhövel wechselt zur ARD

Alle, die mit ihm zusammen gearbeitet haben, loben: ein Profi, ein Fels in der Brandung, immer ruhig, wenn es stürmisch wird. Das also ist Matthias Opdenhövel, der mal Stadionsprecher bei Borussia Mönchengladbach war und ein bekennender Fußball-Fan sein soll. Bei der ESC-Party am Wochenende war er schonmal für die ARD im Einsatz.

(Foto: dpa)

2009, im SZ-Interview, wurde Matthias Opdenhövel gefragt, was er tun wurde, um die Sportschau zu moderieren. Er antwortete: "Dafür nehme ich mir sogar einen Fuß ab."

Okay. In dem kleinen Sportschau-Studio des WDR müsste er sich kaum bewegen. Aber der Fuß bleibt ja dran. War doch nur ein Spruch, wieder so ein Opdenhövelspruch, wie er gut in die Shows von Stefan Raab passte oder zu den ProSieben/ARD-Sendungen des Eurovision Song Contests. Alles nicht so ernst nehmen, immer locken bleiben, ein großer Spaß das Ganze.

An diesem Dienstag, sagte Volker Herres, der Programmdirektor der ARD, über Opdenhövel: "Die Fußball-Bundesliga schätzt ihn als fundierten Kenner, fairen Interviewer und nicht zuletzt als bekennenden Fan."

"Ein echter Volltreffer", sagte Herres noch. Klar. Wer hat denn gewusst, dass die deutschen Profiklubs so auf T-Home schwören, das Internet-Fernsehen der Telekom? Nur dort war Opdenhövel in der gerade abgeschlossenen Bundesligasaison als Sportmoderator zu sehen. Und wer hätte gedacht, dass Fan-Sein eine Eigenschaft ist, die befähigt, die Sportschau zu moderieren?

Ein "bekennender Fan" der Bundesliga ist Claus Lufen vom WDR nicht. Lufen, 40, war auch nicht Stadionsprecher von Borussia Mönchengladbach wie Opdenhövel von 2004 bis 2006. Lufen wurde im WDR-Sport von Heribert Faßbender sozialisiert und ist dort wie im Ersten eine feste Größe geworden (Tennis, Motorsport, Olympia, Fußball-WM). Er vertrat Lierhaus mehr als zwei Jahre samstags in der Sportschau. Ihn hat die ARD jetzt übergangen. Er ist draußen.

Es gibt Männer im Ersten, die sagen: Wäre Lufen beim Pay-TV-Sender Sky gewesen in den vergangenen zwei, drei Jahren, hätten ihn die gesehen, die nun entschieden haben. Das ist gut möglich. Talent im eigenen Haus wird gerne übersehen. Am Ende geht es um die persönliche Wahrnehmung, und Opdenhövel ist eine sehr symbolische Personalie. An ihr lässt sich zum Beispiel problematisieren, ob Fußball im Gebühren-TV der Zukunft Show sein soll oder doch noch als Sportart behandelt werden könnte.

Das ZDF hat vor wenigen Wochen die Champions-League-Rechte gekauft für circa 150 Millionen Euro. Woran lag es, dass der europäische Fußball-Verband Uefa sich Anfang April gegen den bisherige Rechtenehmer Sat 1 entschied? In einer vertraulichen Note lobte der fürs Fernsehen zuständige Uefa-Direktor ausdrücklich die Übertragungsqualität von Sat 1. Lag es also am Prei? Eine Erklärung, die der Konzern Pro Sieben Sat1 wahrscheinlich sympathisch fände. Angeblich bot er für 14 der 18 Champions-League-Spiele einer Saison 41 Millionen Euro. Das ZDF wollte alle 18 Spieltage erwerben und setzte geschätzte 50 Millionen Euro ein. Inwieweit ein öffentlich-rechtlicher Sender einen bestimmten Sportrechtemarkt mit Gebührengeld beherrschen sollte, ist noch nicht richtig thematisiert worden.

Das ZDF jedenfalls hat den Anspruch, die Spiele der Champions League von 2012/2013 anders als Sat1 zu bearbeiten. Doch was ist damit gemeint? Dass ein neuer Moderator für die Übertragung gefunden werden muss, weil die Verantwortlichen nicht auf Wolf-Dieter Poschmann, Katrin Müller-Hohenstein und Michael Steinbrecher zurückgreifen wollen? Angeblich wünscht ZDF-Sportchef Dieter Gruschwitz den Einsatz eines bisher im Sport nicht sehr bekannten Spezialisten. Das wäre vermutlich auch etwas für Opdenhövel gewesen. Das Konzept des ZDF für die Champions League, das ist zu erfahren, sei journalistisch.

ARD-Mann Lufen, der sich zu Opdenhövels Verpflichtung nicht äußern wollte, aber sicher selbst hoffte, benannt zu werden, ist Journalist, ein Moderator, der den Sport in seiner Breite und den Fußball besonders gut kennt und der im Wechsel mit den etablierten Reinhold Beckmann und Gerhard Delling ein passabler dritter Mann im Sportschau-Team am Samstag war. Er ist in Sprache und Stil jünger und klarer als Delling, der zu Stilisierungen neigt. Und er ist im Gegensatz zu Talkmaster Beckmann, der den Fußball als Chef der Sat-1-Bundesligashow Ran schon in den 90er Jahren mit Studioglamour, Superzeitlupe und roter Jeansjacke in eine Soap verwandelte, ein reiner Fernsehsportler.

Ursprünglich wollte Volker Herres eine Frau engagieren. Die Zahl weiblicher Zuschauer bei Fußballspielen steigt weiter. Lange, so ein ARD-Mitarbeiter, soll Franziska van Almsick im Gespräch gewesen sein. Vielleicht war es so. In der maßgeblichen Zuschaltung aller Intendanten am Mittwochnachmittag der vergangenen Woche hat dann der WDR über Matthias Opdenhövel informiert. Beim WDR ist die Sportschau-Redaktion untergebracht, der WDR hatte die "Federführung" bei dem Engagement Openhövels, das Meinungsbild der übrigen Senderchefs soll positiv gewesen sein. Der Neue wird sich exklusiv an die ARD binden, der WDR für ihn eine "Primetimeshow im Ersten" entwickeln, teilte ARD-Programmdirektor Volker Herres.

In Seenot vor dem Mururoa-Atoll

Pro Sieben erklärte an diesem Dienstag, dass Opdenhövel bei Schlag den Raab bereits am 4.Juni durch Steven Gätjen ersetzt wird. Der Sender war offensichtlich auf den Wechsel vorbereitet. Für seine Moderationen bei Schlag den Raab wurde Opdenhövel 2007 mit dem Deutschen Fernsehpreis ausgezeichnet. Raab hat zum Abschied gesagt: "Das ist für Matthias die Chance seines beruflichen Lebens."

Für ihn ist es eine Chance. Opdenhövel, 40, ist im Auftritt unerschrocken, er hat durch seinen Werdegang eine große Bühnenerfahrung (Viva, Sat-1-Frühstücksfernsehen, Vox-Quiz) und wird von fast allen, die beruflich mit ihm zu tun hatten, geschätzt. Wenn es stürmt, wenn es regnet, wenn alles durcheinander geht, dann steht er wie eine Eins.

Als bei Pro Sieben vor zwei Jahren Das große Kipp Roll Fall Spektakel live ins Chaos trudelte, glich er einem Kriegsberichterstatter, der völlig ruhig sprach, obwohl die Einschläge näher rückten. "Ich mach meinen Job und fahre nach Hause", sagte er im SZ-Gespräch 2009. Er werde sich nicht anbiedern. "Ich gehe nicht mit einem Plakat spazieren, wo drauf steht: Nehmt mich doch bitte wahr, ich bin auch spitze."

Manchmal ist er das. So wollte der U2-Sänger Bono bei einem Interview unbedingt wissen, woher Opdenhövel diese italienischen "Schnellficker-Schuhe" habe. Opdenhövel veröffentlichte bald darauf ein Buch mit dem Titel Die Schnellficker-Schuhe und andere Geschichten. Darin ist auch beschrieben, wie er 1995 im Auftrag von Viva zum Mururoa-Atoll schipperte, um über die Proteste gegen französische Atomversuche zu berichten. Das Schiff geriet in Seenot, und Opdenhövel lernte ganz andere Seiten der mitgereisten Politiker kennen.

Das alles hat mit der Sportschau wenig zu tun. Die ARD steuert durch die Verpflichtung Opdenhövels ausgerechnet die Unterhaltungssendung weiter Richtung Show, für die das Bundeskartellamt Vermarktungsschranken setzte, um sie den Menschen zu erhalten.

Dahinter steht die Auffassung, die Sportschau sei ein kulturelles Gut und das öffentlich-rechtliche Fernsehen habe einen kulturellen Auftrag. Aber bestimmt werden bald die Quoten der Sportschau wegen Opdenhövel durch die Decke schießen. Die Frauen werden Fanpost schicken, der Programmchef wird Recht behalten. Alles ist gut.

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