Wenn es nach dem Magazin geht, sollte der Skandal um die gefälschten Texte im Spiegel von Reporter Claas Relotius mit dem Abschlussbericht der internen Untersuchungskommission im Mai ein Ende haben. Nun wurde bekannt, dass das Magazin dem langjährigen Leiter des Gesellschaftsressorts, Matthias Geyer, Ende Juni gekündigt hat, wie waz.de berichtete. Das bestätigte der Anwalt Geyers, Andreas Kremer, der SZ auf Anfrage, Geyer gehe juristisch gegen die Kündigung vor. Am Dienstag ist eine Verhandlung vor dem Arbeitsgericht Hamburg angesetzt, wie das Gericht bestätigte. Der Spiegel will sich "nicht zu vertraulichen Personalfragen öffentlich äußern".
Matthias Geyer war von 2006 bis 2019 Leiter des Spiegel-Gesellschaftsressorts und damit Vorgesetzter von Claas Relotius. Nach der Aufdeckung des Skandals im Dezember 2018 verzichtete Geyer auf den Posten des Blattmachers, für den er eigentlich vorgesehen war. Im März dieses Jahres wurde er stattdessen vom neuen Chefredakteur Steffen Klusmann zum "Redakteur für besondere Aufgaben" ernannt. Ein weicher Fall.
Geyers Anwalt sagte, Geyer sei im Anschluss "nicht vertragsgerecht beschäftigt" worden, ihm seien also keine "besonderen Aufgaben" zugewiesen worden. Nach Darstellung des Anwalts erfolgte dann die Kündigung "ohne Angabe von Gründen". Dennoch sei Geyer "weiter in der Redaktion, jeden Tag". Von einer Einstellung der Tätigkeit könne auch nach der Kündigung keine Rede sein. Das Ziel der Klage sei es, die Kündigung rückgängig machen zu lassen. "Herr Geyer möchte ungern ein politisches Opfer sein." Auf die Frage, ob über eine Abfindung eine einvernehmliche Lösung gefunden werden könne, antwortete der Anwalt: "Das sehe ich nicht." Offenbar gehen beide Parteien nicht von einer schnellen Einigung aus.
Auch an Ullrich Fichtner war Kritik laut geworden. Er gilt als Entdecker und Förderer von Relotius und rückte nach Bekanntwerden des Falls nicht wie vorgesehen in die Chefredaktion auf.
Geyer war im sogenannten Abschlussbericht zur Affäre vorgeworfen worden, er habe, als Zweifel an Relotius auftauchten, zu lange an seinem Mitarbeiter festgehalten und die Hinweise nicht hinreichend gewürdigt. Außerdem habe sich das Gesellschaftsressort generell gegenüber Kritik aus dem eigenen Haus abgeschottet.