Markus Lanz bei "Wetten, dass..?":Keine peinlich-anzüglichen Witzchen

Dass Lanz an dieser Stelle sagt "interessante Idee, die würden ihnen natürlich auch selbst helfen", und dass er Jennifer Lopez, die nach einer merkwürdig hastigen Tanzeinlage zu seltsam flacher Autoscooter-Mucke im engelsgleich zarten und elfenbeinfarbenen Glitzerkleid auf die Drehcouch herniederschwebt, als erste Frage gleich reindrückt, ob der Tänzer mit dem freien Oberkörper ihr neuer Lover sei, und ob sie ihn noch bezahle, "also fürs Tanzen", das ist zugleich so deplatziert wie angenehm. Denn Gottschalk hätte solche Fragen nie gestellt, sondern sich selbst in den Vordergrund. Und dabei den Damen tüchtig die nackten Beine getätschelt, peinlich-anzügliche Witzchen verbreitend.

Wie angekündigt, hat der neue Moderator sich besser auf die Gäste der ersten Show vorbereitet als Gottschalk, der Entertainer-Dino, in seiner gesamten Amtszeit. Das bedeutet nicht, dass das Gespräch immer gelingt. Oft muss Lanz verlegen ausweichen, weil er mit der Antwort nicht gerechnet hat oder ein journalistisches Nachhaken nicht angebracht wäre in dieser Show, in der es ja bloß um Spaß und massentaugliche Unterhaltung gehen soll.

Zum Entertainer ist er nicht geboren, dazu wirkt er zu beflissen, den muss er noch üben. Aber es ist eine deutliche Verbesserung gegenüber Gottschalk, dass er eben nicht ständig Altherrenwitz reißt und sich als Gastgeber nicht laufend und gelangweilt über seine Gäste stellt. Wenn er jetzt nicht den Fehler macht, nach der ersten noch deutlich angestrengten Show beim nächsten Mal mehr den Gottschalk zu mimen, sondern einfach nur etwas lockerer wird, dann könnte das durchaus noch was werden mit Lanz und der großen Samstagabendunterhaltung.

Anspannung statt entspannter Atmosphäre

Denn dass er das eigentlich kann, Gäste durch den Abend führen, für eine entspannte Atmosphäre sorgen, witzig sein, schnell und schlagfertig, und die unterschiedlichsten Gesprächsteilnehmer zu einem spannenden großen Ganzen zusammenführen, das hat er schon oft genug in seiner eigenen Talkshow gezeigt. Jetzt muss er nur noch die Anspannung loswerden, die man ihm aufgebürdet hat - und er selbst sich wohl auch.

Gar keine so schlechte Idee also vom ZDF, ihm eine Michelle-Hunziker-Parodie zur Seite zu stellen, die genau das hat, was er am ersten Abend partout nicht aufbringen kann: Lässigkeit, spontanen Witz, Egal-Stimmung. Cindy aus Marzahn ist somit die perfekte Assistentin. Denn für die perfekte Optik ist er ja selbst schon zuständig. Als bei der Hundewette Cindy fehlt (eine Frau erkennt Hunderassen am Ertasten ihrer Haare, sehr skurril und lustig), springt stattdessen Neu-Tatort-Kommissar Wotan Wilke Möhring als überaus entspannter Sidekick ein. Da merkt man: Ihm macht das Spaß, die große Nonsens-Show, in der nebenbei Hannelore Kraft im Glitzerfummel Grimassen schneidet. Dem armen Lanz noch nicht so richtig.

Nur Sänger Campino und Fußballer van der Vaart wirken an diesem Abend ähnlich angespannt wie der Moderator. Womöglich deshalb, weil sie ähnlich enge dunkle Anzüge tragen und weil Campino bei seinem Auftritt schlechtes Playback singt und van der Vaart nach der ersten Wette beim Versuch, rückwärts ein Tor zu schießen, böse auf seine Hüfte fällt. Markus Lanz ist das furchtbar peinlich: "Da zahlt der HSV gerade 13 Millionen für ihn - und ich zerdeppere ihm die Hüfte."

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