Mit der "Landärztin", in Paul Mays gleichnamigem Film von 1958, hatte Marianne Koch früh die Rolle ihres Lebens gefunden, eine Rolle, deren Inhalt sie weit über das Ende ihrer Kinokarriere hinaus erfüllen wird. Als junge Ärztin, die eine Praxis in einer kleinen Stadt eröffnet, muss sie in dem Film gegen die Sturheit der Einheimischen angehen. Sie ist dynamisch, dezent, resolut und hat für alles die richtige Diagnose. So selbstbewusst und natürlich wie in diesem Film wirkt sie immer noch, wenn sie ihre regelmäßigen ärztlichen Sendungen absolviert.
Vorwiegend tut sie das seit mehr als zwanzig Jahren im Gesundheitsgespräch auf Bayern 2. Ruhig, charmant, souverän klärt sie über falsche Ernährungsweisen auf und empfiehlt Experten - "Sie brauchen einen guten Endokrinologen!". Natürlich musste sie in der letzten Zeit immer wieder mal Stellung nehmen, was Viren angeht. Dabei wirkt sie stets so weise und souverän, dass man die Sendung trotz der bisweilen viel zu detaillierten Leidensschilderungen ihrer Anrufer gern zuhört. Mit Menschen und Medizin zu tun haben, hat Koch einmal gesagt, sei ihr das Liebste. Also tut sie das, in Ratgebersendungen und Büchern.
Als Schauspielerin hat sie sich nie verstanden, immer kam die Medizin zuerst
1955 aber hatte Marianne Koch ihr Medizinstudium unterbrochen und sich dem Schauspielern gewidmet. Sie hatte in den ersten Semestern bei der Bavaria in München gejobbt, und war dann - ohne jeden Schauspielunterricht - schnell entdeckt worden. Der Durchbruch kam mit "Des Teufels General", 1955, von Helmut Käutner. Sie spielt eine Schauspielerin, in die sich Curd Jürgens als General Harras verguckt, und ihr Lachen und ihre Liebe sind absolut unantastbar und rein in der Männerwelt dieses Films in dem die einen biestige verbohrte Nazis sind und die anderen lebenslustige Cognac kippende Kampfflieger. Im Jahr drauf ist Koch in Dirndln zu sehen, in "Salzburger Geschichten", sie heißt Constanze, ist eine Baroness und schwindelt dem geliebten Mann ungeniert vor, sie sei Dienstmädel in einem Schloss. In "Der letzte Akkord", einem amerikanischen Melodram von Douglas Sirk, gedreht in München und Salzburg, versucht sie sich dann im Starnberger See zu ertränken.
Man darf sich nicht täuschen lassen, das patente Mädel kann sehr wohl auch sexy sein, ihr Lächeln spöttisch oder gar lasziv. In "Mitternachtsmörder", 1961, von Georges Franju, spielt sie eine Erbin, die durch schwüle Nächte reitet und wie eine Lady Chatterley den Stallburschen verführt. In den Sechzigern bewährt sich Marianne Koch in Abenteuerfilmen, zwischen Hongkong, Manitoba oder Santa Cruz, in TV-Thrillern, "Tim Frazer" und "Der Tod läuft hinterher". Und im ersten großen Italowestern, Sergio Leones "Für eine Handvoll Dollar", sind Marianne Koch und Clint Eastwood dann zwei stumme Phantome, die aneinander vorbeihuschen. Anfang der Siebziger nimmt sie ihr Studium wieder auf. Ein Neustart? Nein, sie kehrt vielmehr zurück zu den Wurzeln.
Als Schauspielerin hat sie sich nie verstanden. Die Medizin kam für Koch seit früher Jugend immer an erster Stelle. Ja, das Reisen zur damaligen Zeit sei schon schön gewesen, sagt sie. Aber eben nur temporär, nie als Berufung. Die lag in der Medizin. Mit 54 eröffnete sie eine Praxis, zusätzlich arbeitete sie als Medizinjournalistin. Neben den ärztlichen TV-Auftritten hat sie auch im Berufe-Quiz Was bin ich? mitgemacht und die Talkshow 3 nach 9 moderiert. Als sie mit 43 ihr Einser-Staatsexamen ablegte, soll dieser Tag neben den Geburten ihrer beiden Söhne zu den wichtigsten in ihrem Leben zählen.
Heute sagt sie: "Man lebt natürlich viel besser weiter, wenn man das Leben, das dann vor einem ist, gestaltet." In wenigen Tagen kommt ihr neues Buch heraus. Der Titel: "Alt werde ich später."