Maischberger zum Brexit:Die EU muss sich ändern - nur wie?

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Besiegen Populisten Europa? Nach wenigen Minuten "Sandra Maischberger" denkt der Zuschauer: Das schaffen die Europäer auch alleine.

Von Benedikt Peters

Es ist ein Satz, der diese Sendung so schwierig macht: "Die EU muss sich ändern." Er fällt an diesem Abend unzählige Male und in verschiedenen Varianten, zum Beispiel von Jürgen Trittin, nach etwa einer halben Stunde. "Kann die EU weitermachen wie bisher?", hat ihn die Moderatorin Sandra Maischberger gerade gefragt. "Nein, sie muss sich ändern", antwortet der ehemalige Vorsitzende der Grünen.

Doch wer jetzt auf eine Erklärung hofft, wie genau sie sich denn verändern müsse, der wird - mal wieder - enttäuscht. Stattdessen folgt ein (das immerhin muss man Trittin lassen: recht schneller) Parforceritt durch politische Themen der Woche. Die Quintessenz: Dass der CSU-Politiker Johannes Singhammer jetzt, nach dem Brexit, Deutsch als Sprache in der EU stärken will, ist nicht das Richtige. Dass Freihandelsabkommen in der EU ohne Zustimmung der nationalen Parlamente durchgeboxt werden sollen, auch nicht.

Dann landet Trittin, warum auch immer, beim Thema Glyphosat, bei dem die EU-Kommission über den Kopf der Mitgliedsstaaten entschieden habe. Viviane Reding fällt Trittin ins Wort: Da seien die Mitgliedsstaaten selbst schuld, blafft die frühere EU-Kommissarin. Denn die hätten sich ja nicht einigen können. Die Moderatorin greift ein, Themenwechsel.

Eigentlich hat Maischbergers Team eine gute Frage für diese Sendung ausgewählt, mag sie auch in plattem Fußballjargon formuliert sein: " Rote Karte für Brüssel: Besiegen Populisten Europa?". Das fragt man sich jetzt, eine knappe Woche, nachdem die Briten entschieden haben, die Europäische Union zu verlassen.

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Eine Debatte zur EU findet nicht statt

Auch die Diskutanten sind gut gewählt. Neben Trittin und Reding ist da noch der Publizist Albrecht von Lucke, der vehement die EU verteidigt, und der etwas vorsichtiger klingende Welt-Journalist Dirk Schümer. Dieser outet sich zwar "als Europäer" ist aber gleichzeitig sicher, dass das Projekt Europa "so nicht funktioniert". Wie es aber funktionieren würde, das sagt auch er nicht.

Der Antipode zu allen ist Heinz-Christian Strache, der Chef der rechtspopulistischen FPÖ, die zuletzt hauchdünn bei der österreichischen Präsidentschaftswahl unterlag ( und das Ergebnis inzwischen angefochten hat). Strache will, das sagt er auch an diesem Abend, die EU radikal verändern und unter Umständen die Mitgliedschaft Österreichs beenden. Er ist der Populist, der siegen könnte, wenn die anderen, die EU-Befürworter, nicht aufpassen.

Zwischen diesen beiden Lagern könnte sich eine spannende, eine hitzige Diskussion auftun, wenn sie denn nur wirklich darüber reden würden, wie sich die EU denn nun bitte verändern müsse. Aber diese Debatte findet nicht statt.

Der Absturz des Pfund? "Gut für die Exporte"

Das liegt auch am Aufbau der Sendung. Zu Beginn ist der Unternehmer Richard Tice aus London zugeschaltet, einer der Hauptorganisatoren der Leave-Kampagne. Er darf dreist behaupten, dass nun, nach dem Brexit, alles bestens sei in Großbritannien. Der Absturz des Pfund? "Gut für die Exporte". Befürchtet er eine Abspaltung Schottlands? "Überhaupt nicht." Schon in wenigen Monaten werde man auf die Abstimmung zurückblicken und sagen: "Worum ging es da überhaupt?"

Statt über die Probleme der EU zu reden, beackern die Pro-Europäer, allen voran Ex-Kommissarin Reding, lieber die Probleme Großbritanniens. Und die seien, anders als von Tice behauptet, nun "riesig". Damit mögen sie recht haben, doch darum soll es an diesem Abend eigentlich nicht gehen.

Zur Zukunft der EU bringen die Diskutanten kaum mehr als abgedroschene Phrasen: vom "Friedensprojekt Europa" (Trittin), von den großen Herausforderungen, die nur "gemeinsam" zu lösen seien (Reding), von der "Begeisterung", die Europa endlich wieder auslösen müsse (Schümer). Moderatorin Maischberger schafft es nicht, diese Mauer aus Phrasen einzureißen. Nur sehr selten blitzt dahinter etwas Handfesteres auf. Trittin zum Beispiel fordert ein Ende der Sparpolitik. Und Reding sagt, die Mitgliedsstaaten müssten beim Schutz der EU-Außengrenzen endlich besser zusammenarbeiten. Neu freilich sind solche Ideen nicht, und dass allein sie den Populisten Einhalt gebieten, darf auch bezweifelt werden.

Auf konkretisierende Nachfragen verzichtet Maischberger so gut es geht - mit einer Ausnahme. Strache verdonnert sie zeitweise dazu, auf ihre Fragen nur noch mit "Ja" oder "Nein" zu antworten. Dadurch tritt die gruselige Vision zutage, die Rechtspopulisten wie Strache von Europa haben: Sie wollen Grenzkontrollen wieder einführen, die Arbeitnehmerfreizügigkeit abschaffen, Griechenland aus dem Euro werfen.

Das Dramatische an den Sätzen aber ist nicht ihr Inhalt. Sondern der Umstand, dass die anderen Diskutanten an diesem Abend nicht in der Lage sind, eine andere, konkrete Vision zu bieten.

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