Corona-Diskussion bei "Maischberger":Söders Image ist angekratzt, aber nicht sein Selbstbewusstsein

Markus Söder bei Sandra Maischberger

Staatsmann, Popstar, oder beides? Zumindest bei Sandra Maischberger bemüht sich Bayerns Ministerpräsident Markus Söder nicht allzu sehr zu schillern.

(Foto: ARD/Maischberger)

Testchaos - war da was? Bei Maischberger findet Bayerns Ministerpräsident zurück in seine Rolle als oberster Vorkämpfer gegen die Pandemie. Und stichelt gegen Gesundheitsminister Spahn.

TV-Kritik von Andreas Glas

Bevor Markus Söder etwas sagen kann, bekommt er dieses Foto präsentiert, auf dem Bildschirm an der Studiowand. Söder im Fasching, als Märchenkönig Ludwig II. Er kennt das Bild, jeder kennt das Bild, hundertmal gedruckt, hundertmal gesehen. Söder presst die Lippen zusammen. Unterdrückt er da gerade ein Gähnen? Jedenfalls erträgt er die Erwartbarkeit, und in diese Kategorie gehört dann auch die Frage, die Sandra Maischberger zu Beginn ihrer Sendung stellt: "Sind Sie der Popstar von Bayern?" Söders Antwort, schmallippig: "Nein."

Söder, der Popstar. "Kein überragender Staatsmann, aber eine schillernde Persönlichkeit", hat Bayerns Ministerpräsident mal über König Ludwig geurteilt. Es soll ja immer noch Leute geben, die das auch über Söder selbst sagen. Eine Beschreibung, die gerne bemüht wird, wenn einer fasziniert, aber irgendwie suspekt ist: schillernde Persönlichkeit. Söder weiß das und er ist schlau genug, es an diesem Fernsehabend nicht zu sehr schillern zu lassen. Keine Popstar-Attitüde, nicht nach diesen Schlagzeilen: "Desaster", "Selbstüberschätzung", "Blamage".

Er wolle seine Aufgabe "einfach so gut wie möglich machen", sagt der CSU-Mann. Zuvor, im Einspielfilm, hat das forscher geklungen. Man müsse jetzt "die Zügel anziehen", sagte Söder da. Mehr Tests, mehr Bußgelder für Maskenmuffel, eine fixe Obergrenze für private Feiern. Mit diesen Forderungen ist er nach Berlin gekommen, all das will er bei der Ministerpräsidentenkonferenz an diesem Donnerstag durchsetzen, für ganz Deutschland.

"Schwamm drüber", sagt Söder - Maischberger fügt sich

Maischbergers Talksendung trägt ja inzwischen den Untertitel "Die Woche". Es ist nicht überliefert, ob Söder auch in der vergangenen Woche eine Einladung in die Sendung bekam. Man darf aber vermuten, dass er sie nicht angenommen hätte. In der vergangenen Woche sprachen alle über das Testchaos in Bayern. Zehntausende Reiserückkehrer hatten ihre Corona-Testergebnisse spät oder gar nicht bekommen, darunter Hunderte Infizierte. Söder räumte "Fehler" ein. Aber als bekannt wurde, dass seine Gesundheitsministerin früher vom Testchaos wusste, als sie zunächst zugegeben hatte, schwieg Söder, eine Woche lang. Er tauchte ab.

Nun also ist Söder wieder da. Das Testchaos hat an seinem Image als Krisenmanager gekratzt, aber nicht an seinem Selbstbewusstsein. Söder, der am Ende der Sendung selbst sagen wird, dass seine "Fähigkeiten eher beim Mundwerk als beim Handwerk liegen", wird diesen Fernsehabend zwar schmallippig angehen. Aber er wird schnell zurückfinden in seine Rolle als Deutschlands oberster Vorkämpfer gegen die Pandemie. Es dauert jedenfalls nicht lange, bis Söder sehr bereitwillig darauf hinweist, dass anfangs "nur Bayern" die Tests für Urlauber angeboten habe, dass "nur ein Prozent" der positiv Getesteten nicht ermitteln werden konnte und Bayern auch die restlichen Bundesbürger großzügig "mitgetestet" habe.

Ob er nach dem Testchaos bereut habe, sich immer so "breitbeinig" zu inszenieren, als "brutalst möglicher Krisenmanager"? Das will Maischberger wissen. Ach, sagt Söder, wenn der FC Bayern "unentschieden spielt, dann freuen sich auch viele und dann wird das auch zur nationalen Krise erklärt". Also, "Schwamm drüber", sagt er. Und Maischberger tut ihm den Gefallen: "Gut, haben wir geklärt."

Das ist der Moment, als Söder endgültig zurückfindet in seine Rolle. Er sitzt nicht breitbeinig da, die Beine hat er übereinandergeschlagen. Er lächelt selten, Augenbrauen am Anschlag. Aber was er sagt, klingt gewohnt selbstbewusst. Söder schießt gegen die Pläne von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU), der weniger Tests für Reiserückkehrer fordert und dafür Quarantäne stärker kontrollieren will.

"Der Steuerzahler muss das bezahlen"

"Ich wundere mich", sagt Söder etwa darüber, dass Rückkehrer, die in Quarantäne müssen, keinen Verdienstausfall befürchten müssen. "Der Steuerzahler muss das bezahlen." Ob man nicht fürchten müsse, dass in Pflegeheimen und Kliniken die Tests knapp werden, weil die Kapazitäten für Reiserückkehrer draufgehen? "Der Urlaub endet ja irgendwann", sagt Söder, dann würden automatisch Kapazitäten frei, "alles machbar". Man müsse "an dem Konzept festhalten".

Er habe "totales Verständnis", dass in weniger stark betroffenen Bundesländern "nicht automatisch die gleichen strengen Regeln wie anderswo" gelten. Aber es brauche gemeinsame "Grundregeln", wie die Länder regional mit dem Infektionsgeschehen umgehen. Das Alkoholverbot, das in München gelten soll, falls die Infektionszahlen weiter steigen, sei "eine der Maßnahmen, die wirken können".

Bayern als Vorbild, Söder betont das ja gern. Ein Manöver, um "von den miserablen Infektionszahlen in Bayern abzulenken?", fragt Maischberger und verweist auf Zahlen in Nordrhein-Westfalen, die in der Relation niedriger seien. "Sehr detailorientiert, ihre Fragestellung", sagt Söder, und verweist seinerseits auf die Umfragen, die doch zeigten, dass Bayerns Krisenpolitik "von einer ganz überwiegenden Mehrheit" mitgetragen werde.

Der junge Söder und die Frauenquote

In einer Schnellfragerunde darf Söder dann sagen, dass er das Demonstrationsverbot für Corona-Gegner in Berlin richtig findet. Und dass der junge Söder überrascht wäre, wie er sich heute für eine Frauenquote einsetzt. Spannender ist die Frage, ob Söder glaubt, dass die CDU doch noch eine Frau ins Rennen um den Parteivorsitz schicken könnte. Das werde sich die CDU sicher überlegen, sagt Söder. Er schickt dann aber eilig hinterher, dass die CDU "sehr viele und gute Kandidaten" habe.

Eine Frage muss natürlich noch gestellt werden, bevor Maischberger ihren Gast entlässt: die Kanzlerkandidatenfrage. Ach, sagt Söder, als CSU-Chef und bayerischer Ministerpräsident sei er doch "ausbefördert". Er könnte das so stehen lassen. Tut er aber nicht. Er schickt noch ein "normalerweise" hinterher. Und natürlich den Satz, der inzwischen so erwartbar ist wie die König-Ludwig-Vergleiche: "Mein Platz ist in Bayern."

Zur SZ-Startseite
Polizeisprecher wechselt ins Gesundheitsministerium

Marcus da Gloria Martins
:Bayerns neuer Corona-Krisensprecher

Dass Marcus da Gloria Martins mit Ausnahmezuständen zurecht kommt, hat er als Münchner Polizeisprecher bewiesen. Nun soll er der angeschlagenen Gesundheitsministerin Melanie Huml in der Pandemie zur Seite stehen.

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: