Süddeutsche Zeitung

Kolumne "Abspann":Die Mainzelmännchen waren schon immer Kurzarbeiter

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Die runden Männchen sollen jetzt Verantwortung übernehmen und zum Abstandhalten ermuntern. Wohin wird das noch führen?

Von Harald Hordych

Die Mainzelmännchen haben es weit gebracht für einen Pausenfüller. Sie sind zu dem einzigen Zweck erfunden worden, zwischen den Werbespots, die im ZDF-Vorabendprogramm laufen, eine Unterbrechung zwischen den Clips zu erzeugen, die es bei der ARD und den Privaten nicht gibt.

Die Mainzelmännchen heißen so, weil am Lerchenberg in Mainz die Senderzentrale sitzt. Wer mal da war, sagt nie wieder das ZDF-Programm sei langweilig, einfach, weil es nichts Langweiligeres als diese weitläufige Gesamtschule mit langen Bürogängen geben kann. Wer mal dort war, kann sich nicht vorstellen, dass hier die kleinen bunten Mainzelmännchen mit ihren runden Gesichtern und runden Mützen erfunden wurden. Dass ein Intendant dort tatsächlich irgendwann mal fröhlich gesagt hat: Ich mag, wie sie Guten Aaaaaabend krähen, auf kleinen kurzen Babybeinen sinnlos herumrasen und immer Sachen machen, die man sofort vergisst, sobald der nächste Spot läuft.

Aber sie sind eine Institution geworden, und Institutionen sollten in dieser Zeit mit gutem Beispiel vorangehen.

Die Mainzelmännchen sollen jetzt, das hat das ZDF am Donnerstag verkündet, dafür werben, zu Hause zu bleiben, im Home Office zu arbeiten und körperliche Distanz zu wahren. Die Frage ist, wenn nun sogar Trickfiguren, die schon immer Kurzarbeit gemacht haben, als Vorbilder herhalten müssen, was können dann Stars aus großen Zeichentrickmeisterwerken wie Schneewittchen, Die Schöne und Das Biest oder Pocahontas machen?

Nun: Die sieben Zwerge kriegen Einzelzimmer. Die Schöne und das Biest tanzen von nun an Hip Hop, mit Abstand. Und größere Gruppen wie der Stamm von Pocahontas muss am Laptop in Einzelzelten bleiben. Zeichnerisch lässt sich vieles einfach lösen.

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Quelle:
SZ vom 27.03.2020
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