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Magazin:Links zugespitzt

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Das Magazin "Jacobin" ist in den USA eines der einflussreichsten Meinungsmedien der demokratischen Sozialisten. Jetzt gibt es das Ganze auch auf Deutsch.

Von Tobias Obermeier

Erhabene Ideen brauchen große Gesten. Das Magazin Jacobin, das den 1. Mai zur Erstveröffentlichung wählte, verwendet als Emblem eine Grafik eines schwarzen Jakobiners. Ende des 18. Jahrhunderts übernahmen diese die Ideale der französischen Revolution und kämpften gegen die Sklaverei in Frankreichs Kolonie Saint-Domingue.

Das Ergebnis war Haiti, der erste unabhängige Staat Lateinamerikas - errichtet von ehemaligen Sklaven. Die Agenda des Magazins ist nicht gleich die Revolution, aber doch der Weg zu einer freieren und gerechteren Welt. Was herauskommen soll, stellen Herausgeber Ines Schwerdtner und Ole Rauch im Editorial klar: "Wir machen keinen Hehl daraus, was wir uns darunter vorstellen: demokratischen Sozialismus."

Jacobin wurde 2010 in den USA von dem damals 21-jährigen Studenten Bhaskar Sunkara gegründet und hat sich dort zu einem der einflussreichsten Meinungsmedien der demokratischen Sozialisten entwickelt, die vor allem durch Bernie Sanders enormen Aufwind bekamen und in ihren Ideen in etwa dem entsprechen, für was die Sozialdemokratie in Deutschland steht. Mittlerweile gibt es Ableger in Brasilien, in Italien und jetzt auch in Deutschland.

Die erste Ausgabe widmet sich dem Erfolg und Niedergang der SPD. Dass kein muffiges Pamphlet altlinker Dogmatiker gedruckt wurde, zeigt die Liste der Autoren und Interviewpartner. Kevin Kühnert kommt zu Wort, Rechtsextremismusexpertin Natascha Strobl, Youtube-Filmkritiker Wolfgang M. Schmitt, die Ökonomin und Jungstar der britischen Linken Grace Blakeley oder der Gesellschaftswissenschaftler Oliver Nachtwey. Die Texte scheuen sich nicht vor Zuspitzungen. Besonders schön sind Illustrationen und grafische Aufarbeitungen wie zu den "sozialdemokratischen Verbrechen" oder eine Übersicht deutscher Milliardäre, die zusammen locker ein Klimaschutzprogramm der Vereinten Nationen finanzieren könnten und immer noch Milliardäre wären.

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Quelle:
SZ vom 08.05.2020
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