Süddeutsche Zeitung

Maddies Eltern über britische Medien:"Unglaubliche Menge an Spekulation"

Der Abhörskandal um die eingestellte Zeitung "News of the World" zieht immer weitere Kreise. Vor einem Gerichtsausschuss, der die Presseethik in Großbritannien neu auslotet, sagten nun die Eltern der verschwundenen Maddie aus. Sie sehen sich inzwischen als Opfer des Medienansturms, den ihr Fall auslöste.

Zum Kummer über das spurlose Verschwinden der Tochter kam dann noch das Leid über das Verhalten der Presse: Die Eltern des verschwundenen Mädchens Madeleine McCann haben den britischen Medien schwere Vorwürfe im Umgang mit ihrem Fall gemacht. Viele der Geschichten, die in den Zeitungen über ihre kleine Tochter erschienen, seien schlichtweg erfunden gewesen, sagte Vater Gerry McCann vor einem richterlichen Ausschuss zur Presseethik in London.

Sie selber seien aus Unerfahrenheit in einen kaum noch zu kontrollierenden Medienhype geschlittert.

Die kleine Maddie war 2007 im Alter von drei Jahren aus einem Hotel in Portugal verschwunden, während die Eltern gerade in einem nahe gelegenen Restaurant beim Abendessen waren.

Die Geschichte und die anschließende Suche der Eltern hatte Monate lang die britischen und auch internationale Medien beschäftigt. Dabei war den McCanns vorgeworfen worden, sie seien süchtig nach Aufmerksamkeit.

Zwar seien die Berichte über Maddie auch hilfreich bei der Suche nach ihr gewesen. Irgendwann sei das Interesse aber einfach zu groß geworden. Sie hätten sehr schnell gemerkt, dass viele der Geschichten auf einer "unglaublichen Menge von Spekulation" beruhten, sagte Gerry McCann.

Die britische Presse habe Geschichten aus Portugal zum Teil einfach übernommen. "Sie kannten die Quelle nicht, sie wussten nicht, ob es stimmte, ob es übertrieben war oder einfach nur falsch; oft war es meiner Ansicht nach einfach erfunden."

Vor dem Ausschuss, der die Presseethik in Großbritannien nach dem Abhörskandal um die Zeitung "News of the World" neu ausloten will, berichteten die Eltern, wie sie unter dem Medienansturm gelitten hätten.

Besonders die Berichte, sie steckten selber hinter dem Verschwinden von Maddie und hätten sie möglicherweise getötet, hätten sie "zutiefst verstört". "Wir hatten vorher keinerlei Erfahrung im Umgang mit den Medien", sagte Gerry McCann. Deshalb habe man auch einen Medienberater engagiert, denn es sei ein "Vollzeitjob" gewesen, die Presse zu bedienen.

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