Lobbyradar:Ein dichtes Netz

Das ZDF versucht auf einer neuen Internetseite all die Verbindungen zwischen Strippenziehern und Politikern zu zeigen.

Von Benedikt Frank

Matthias Wissmann zum Beispiel. Zehn Fäden spinnen sich auf dem Bildschirm, wenn man seinen Namen bei www.lobbyradar.de eingibt. Sie zeigen das Netz, das er sich aufgebaut hat: Bis 2007 im Bundestag für die CDU, Aufsichtsratsmitglied bei der Lufthansa, Mitglied im Deutschen Verkehrsforum und diversen anderen Vereinen. Zehn Verbindungen, die deutlich machen, wie eng Akteure wie Wissmann verbandelt sind mit Politik und Wirtschaft.

Lobbyradar gibt eine grafische Antwort auf die immer wieder gestellte Frage, wer welche Interessen vertritt in den Parlamenten. Oder konkret: Mit wem ist etwa Wissmann in Kontakt, der ehemalige Bundesverkehrsminister, der mittlerweile thematisch passend Präsident des Verbandes der Automobilindustrie (VDA) ist? Über 20 000 Personen, sowie 6000 Firmen, Verbände, Parteien und Vereine hat das "Lobbyradar" notiert, ein neues Projekt der heute.de-Redaktion des ZDF. Einen Namen eingegeben - und schon macht der Computer das Netzwerk direkt sichtbar und durchklickbar. Linien zeigen die Beziehungen, und vielleicht auch Abhängigkeiten, in einer interaktiven Grafik. Ein dichtes Netz ist da oft auf dem Bildschirm zu sehen, das bei Knotenpunkten wie Bundestag, SPD oder CDU geradezu klumpig wird.

Wer will, kann sich speziell die Lobbyisten von Pharma- oder Rüstungsunternehmen anzeigen lassen. Oder Seitenwechsler, Politiker also, die in die Wirtschaft gegangen sind oder andersherum, Leute wie Wissmann beispielsweise. Wobei die Erwähnung in der Datenbank allein nichts Kritikwürdiges bedeutet. "Wir wollen nicht einfach sagen, dass Lobbyismus schlecht ist, denn das stimmt so nicht", sagt heute.de-Redaktionsleiter Michael Bartsch. "Vielmehr geht es darum, Transparenz zu schaffen." Die Idee dazu hatten wiederum drei junge Journalisten - Michael Hartlep, Jan Schneider und Dominik Wurnig -, die das Medieninnovationszentrum Babelsberg förderte, bis schließlich auch das ZDF auf sie aufmerksam wurde.

Das Lobbyradar greift auf öffentlich zugängliche Daten zu und bündelt sie: die Rechenschaftsberichte der Parteien, die Lobbyistenliste und Selbstauskünfte der Abgeordneten. Absolute Transparenz ist jedoch trotz der Datenmenge und der hübschen Präsentation nicht gegeben: "Es krankt daran, dass Lobbyisten sich leicht verdrücken können", sagt Bartsch. In Deutschland müssen sich Lobbyisten nirgends registrieren. Und über heimliche Verbindungen oder informelle Freundschaften zu spekulieren sei kein Anliegen gewesen. Was nicht heißt, dass derlei verborgen bleiben muss: Die Nutzer von Lobbyradar können dem Redaktionsteam Hinweise geben, die dann überprüft und gegebenenfalls eingebaut werden.

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