Lobbyistin über Netflix-Serie:"House of Cards ist nah dran an der Realität"

Lesezeit: 3 Min.

"Manchmal denke auch ich, dass alles zu extrem wird", sagt Lobbyistin Rina Shah. (Foto: Melissa Golden / Golden Hour Blog)

Rina Shah arbeitet als Lobbyistin in Amerikas Hauptstadt Washington. Die 31-Jährige sagt: "Hier dreht sich alles um Macht." Wieso sie sich auf die dritte Staffel von "House of Cards" freut und wieso Demokraten ebenso verführbar sind wie Republikaner.

Ein Protokoll von Matthias Kolb, Washington

Was mir an "House of Cards" besonders gut gefällt, ist die Tatsache, dass Kevin Spacey uns wirklich in die Psyche dieser Leute hineinführt, die so unglaublich mächtig sind. Der amerikanische Präsident und die Spitzen in der US-Politik haben so viel Macht und Einfluss, wie dies früher nur Könige hatten - und natürlich wird es da manchmal sehr hässlich.

Ich habe 2011 in Washington meine eigene Lobbyfirma gegründet und natürlich die ersten beiden Staffeln "House of Cards" sofort angeschaut. Dass die dritte Staffel nun zu sehen ist, ist hier Stadtgespräch. Und ehrlich gesagt: Die Netflix-Serie ist gar nicht weit entfernt von dem, was hier passiert. Es sieht natürlich alles viel glamouröser aus, die Entscheidungen fallen viel schneller und es gibt keine Morde, aber an sich kommt die Sendung der Realität sehr nah ( mehr zum weltweiten Boom der Politikserien in diesem SZ-Artikel).

Eine Straße als Synonym für die Bedeutung von Geld

Einige Leute sagen, dass sin New York alles um Geld und in Washington alles um Macht geht. Das ist in meinen Augen absolut richtig, aber die Zeiten ändern sich gerade, und Washington ist drauf und dran, beides zu besitzen. Es gibt in der amerikanischen Hauptstadt eine Straße, deren Name ein Synonym für die enorme Rolle ist, die Geld in Amerikas Politik spielt. In der K Street haben die größten Lobby-Firmen ihre Büros und wer "K Street" sagt, der meint diese enge Verbindung.

Die Lobbyisten von der K Street beeinflussen wirklich jeden Aspekt des amerikanischen Lebens. Der Normalbürger hat keine Ahnung, wer diese Leute beauftragt hat. Der Oberste Gerichtshof 2010 hat geurteilt, dass US-Firmen unbegrenzt Geld in Organisationen pumpen können, die für ihre Anliegen kämpfen. Manchmal denke ich auch, dass alles zu extrem wird, aber als stolze Republikanerin glaube ich doch an den freien Markt. Wenn jemand sein Geld - wie etwa der Milliardär Raymond Tusk in "House of Cards" - dafür einsetzt, Politik in seinem Sinne zu beeinflussen, habe ich keine Probleme damit.

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Ehemalige Politiker kassieren Hunderttausende Dollar

Wie hoch die Gehälter in der K Street sind, wissen auch die Politiker: Viele ehemalige Senatoren und Abgeordnete kassieren als Berater Hunderttausende Dollar. Sie nutzen ihre alten Verbindungen und ihr detailliertes Wissen über die Abläufe auf dem Capitol Hill, wo der Kongress tagt. Wer nach seiner Polit-Karriere viel Geld einsteckt, wird fat cat genannt und unter den fetten Katzen sind viele Demokraten: Die lassen sich ebenso gern anheuern wie Republikaner.

Mein Büro befindet sich nicht in der K Street, aber als "Political Strategist" arbeite ich natürlich auch im Auftrag von konservativen Organisationen. Ich organisiere Veranstaltungen für sie, um Spendengeld einzusammeln und berate sie, was junge Leute in Amerika denken und wie man sie für konservative Ideen begeistern kann. Ich bin 31 Jahre alt und damit Teil der Millennial-Generation, die die Republikaner moderner machen will. Ich habe kein Problem damit, dass Marihuana legalisiert wird und dass Schwule und Lesben heiraten.

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Von Claudia Fromme

Aus der Provinz in die Hauptstadt

Wie Frank Underwood bin ich in der Provinz aufgewachsen: nicht in Georgia, sondern in West Virginia. Meine Mutter wurde in Indien geboren, mein Vater stammt aus Uganda. Bevor ich meine Firma "Rilax Strategies" gegründet habe, habe ich viel Erfahrungen im amerikanischen Politikbetrieb gesammelt. Ich bin im Januar 2006 nach dem Studium nach Washington gekommen und habe für eine Nichtregierungsorganisation gearbeitet; später auch für PR-Agenturen und Lobbyfirmen.

Danach wechselte ich in den Kongress und war zwei Jahre lang Beraterin für einen konservativen Abgeordneten namens Scott Garrett. Dieser war Mitglied im Finanzausschuss - nach der Lehman-Pleite und während der globalen Finanzkrise war er natürlich sehr gefragt und viele mächtige Leute wollten seine Meinung hören.

Im Präsidentschaftswahlkampf 2012 war ich Pressesprecherin für Fred Karger. Er hatte in hohen Positionen für die Präsidenten Gerald Ford, Ronald Reagan und George Bush gearbeitet und bekennt sich nun offen zu seiner Homosexualität. Karger hatte keine Chance, aber die Partei hat uns als Mitarbeiter sehr fair behandelt: Ich war bei allen Telefonkonferenzen dabei und habe viele Leute kennengelernt. Bis heute profitiere ich von den Kontakten aus dieser Zeit.

Nicht überschätzen lässt sich die Rolle der Medien im heutigen Washington. Es gibt eine ganz enge Beziehung zwischen Journalisten auf der einen Seite und den Abgeordneten und Beratern (wie ich eine war) auf der anderen Seite. Oft telefonieren sie jeden Tag, weil die Journalisten immer nach Exklusivem suchen und die Politiker sich über die Medien Gehör verschaffen können. Hier heißt die Währung "exklusiver Zugang" und diese sehr sehr enge Verbindung wird in "House of Cards" sehr gut dargestellt. Ich bin wirklich sehr gespannt, was in der dritten Staffel alles passieren wird.

Linktipps:

  • "Stimmzettel? Scheckbücher sind effektiver": Mehr über den Einfluss von Geld auf die US-Politik lesen Sie in diesem SZ.de-Artikel.
  • "Mehr Machthunger als Gerhard Schröder und Franz Josef Strauß zusammen": Eine interessante Kritik der ersten "House of Cards"-Staffel von SZ-Autor Willi Winkler finden Sie hier.
  • Im Jahr 2011 erschien in der Washington Post ein Artikel über Rina Shah und ihre Arbeit als selbstständige Lobbyistin.
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