"Little Big Stars" auf Sat 1:Liebe Kinder, seid schön frech zu Gottschalk!

Thomas Gottschalk am sechshändigen Klavier

Thomas Gottschalk mit den kleinen Pianisten Alejandro (9) und Valeria (7) in der neuen Sonntags-Show "Little Big Stars".

(Foto: obs)

Jetzt hat man für "Thommy" doch noch einmal eine Sendung gefunden. Diesmal gibt er auf Sat 1 den lieben Onkel für tolle Kinder. Leider wirkt das Ganze arg gescriptet.

TV-Kritik von Ruth Schneeberger

Vielleicht hätte er einfach weitermachen sollen mit "Wetten, dass..?". Nach dem traurigen Unfall von Samuel Koch so tun, als sei nichts gewesen, und den Show-Dinosaurier im ZDF so lange weitermoderieren, bis er noch älter ist als sein Stammpublikum. Zumindest hätte man damit Markus Lanz die Schmach seines Lebens erspart. Und dem Publikum etliche Shows auf diversen Sendern, mit denen Thomas Gottschalk seither versuchte, "wieder da zu sein".

Jetzt ist es also wieder mal so weit: Thomas Gottschalk ist wieder da. Diesmal breitet Sat.1 ihm den roten Teppich aus mit einer neuen Abendshow. Das haben auch schon ARD und RTL versucht und es ist gründlich schiefgegangen. Kann der Mann einfach nicht aufhören, will oder darf er nicht?

Okay, wir geben ihm, wie das Fernsehen, nochmal eine Chance. Und schauen "Little Big Stars". Es gibt keinen Grund dafür, außer um nachzuprüfen, wie sich Gottschalk diesmal schlägt. Geht es wieder nur um ihn? Oder widmet er sich diesmal eher seinen Gästen?

Überraschung: Diesmal scheint Gottschalk aus der vernichtenden Kritik der vergangenen Jahre gelernt zu haben und konzentriert sich tatsächlich fast ausschließlich auf seine kleinen Gäste: eine Cheerleaderin, ein BMX-Artist, ein Mathe-Nerd, ein Insektenkoch - alle in Miniaturausgabe. Ganz brav spricht er so gut wie gar nicht von sich, holt sich nur ein paar Mal Lob ab - von den Kindern. Die müssen, um das Ganze irgendwie unterhaltsam zu machen, ansonsten besonders frech zu Gottschalk sein.

Und das ist auch schon das Problem dieser neuen Show: Sie ist so durchsichtig. Normalerweise sind Kinder sehr unterschiedlich in ihrer Gemütsverfassung, aber die Kinder, die hier auftreten, sind fast allesamt lustig frech zum Moderator. Natürlich ist das gut vorbereitet und das merkt der Zuschauer immer wieder. Zum Beispiel, wenn die junge Kunstrad-Turnerin sich auf das rote Sofa setzt und Gottschalk als "Promi" total spontan über seine Hollywood-Nachbarschaft interviewt - und ihm dazu noch spontaner ein Kurz-Witz zu Miley Cyrus einfällt. Hat er ganz schnell doch noch untergebracht, was für ein spannender Typ er ist. Das bescheinigt ihm dann auch noch ein kleiner Gast: "Du bist nett, witzig und toll!" Gottschalk freut sich darüber wie ein Honigkuchenpferd.

Vielleicht gibt man dem Mann mal eine Show mit Inhalt?

Ansonsten aber bemüht sich der Moderator wirklich löblich, nur der Verstärker für seine kleinen Gäste zu sein. Und für deren außergewöhnliche Talente. Das klappt an einigen Stellen sehr gut, wenn die Kleinen so urige Gestalten sind wie der neunjährige Alejandro, der den verrückten Pianisten mit wirrem Haar so überzeugend gibt wie ein Großer. Weniger gut klappt das, wenn der Zuschauer sofort merkt, dass die Dialoge zuvor geübt wurden wie mit dem kleinen Turner Ali. Natürlich kann man von einem Fünfjährigen nicht erwarten, stante pede TV-reife Antworten zu geben. Aber so bemüht witzig muss es nun auch wieder nicht sein.

"Du siehst aus wie meine Oma"

Da rutscht dem kleinen Felix, der auch einmal Entertainer werden möchte, doch glatt heraus, er wolle "Ententrainer" werden. "Du siehst aus wie meine Oma mit den Locken" darf er außerdem flapsig anmerken, und Gottschalk dazu nur ertappt aus der Wäsche schauen. Ein Fünfjähriger fragt den Moderator, ob er Gummibärchen für ihn hätte - dabei ist Gottschalk schon seit Jahren nicht mehr mit der entsprechenden Werbung im TV zu sehen. Insgesamt ist es peinlich, wie sehr man der Sendung anmerkt, dass sie von vorne bis hinten gescriptet ist.

Das ist nicht erstaunlich, denn das Vorbild stammt aus den USA, wo sowas Usus ist. Allerdings lief die Show dort vor einem Jahr mit sehr hohen Einschaltquoten an, jetzt startet dort die zweite Staffel. Hierzulande wird das weniger gut klappen, weil die Deutschen nicht ganz so verrückt auf Kinder sind, die unbedingt tolle Leistungen erbringen. Und weil die Show dort von einem Comedian moderiert wird - und hier eben von Gottschalk.

Es ist ein bisschen schade mit Gottschalk, denn in den vergangenen Monaten war er des Öfteren im TV zu sehen, ganz ohne peinlich zu sein. Da erklärte er in Talkshows, warum seine Nachbarn in den USA Trump wählen würden, oder warum die Europäer politisch so anders ticken. Das war erstaunlich relaxed, weniger bemüht und vor allem bereichernd.

Vielleicht ist das mit Gottschalk alles nur ein großes Missverständnis und er war nie der große Entertainer, für den er sich selbst immer gehalten hat. Vielleicht sollte er sich einfach mal mit Inhalten beschäftigen anstatt mit reiner Show. Eventuell findet man dann auch eine Fernsehsendung für ihn, die nicht gleich wieder floppt. Wenn es denn so unbedingt sein muss.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: