ARD-Film mit Hannelore Elsner:Abschied mit Grandezza

Lang lebe die Königin Letzter Film Hannelore Elsner ARD

Sie spielt ein Miststück von Mutter: Hannelore Elsner (zweite von rechts) - hier mit ihrer Filmtochter, gespielt von Marlene Morreis, Rollenpartner Günther Maria Halmer (ganz rechts) und Regisseur Richard Huber.

(Foto: BR/ARD Degeto/ORF/Neue Schönhauser Filmproduktion GmbH)

Hannelore Elsner ist in ihrer letzten Rolle zu sehen. Sie starb, als "Lang lebe die Königin" fast fertig war. Es ist ein federleichter, boshafter, lebenskluger Film.

Von Claudia Tieschky

Wenn alles nicht so gekommen wäre, wie es dann kam, hätte Lang lebe die Königin einfach nur ein federleichter, boshafter, lebenskluger Film über Mütter und Töchter werden können. Also ein Film über ein unabänderliches Verhältnis, in dem das größtmögliche Potenzial an Komik und Katastrophe steckt. Rose Just ist vielleicht in einer dunklen Ecke ihres Herzens voller Mutterliebe, aber diese Liebe endet genau dann, wenn sie ihr Königinnensein vorführt. Das tut sie ziemlich oft, und sie kann es ziemlich gut. Tochter möchte man da nicht sein. Im BR hat die Tonlage eine gewisse Tradition. Die subversive Lust daran, das Klischee mit gnadenlosem Realismus zu unterlaufen, sie tobt in Irgendwie und Sowieso bis Servus, Baby und sogar in Hindafing, mal mit, mal ohne Schwabing und mit verschiedenen landestypischen Gefährten (Benz, Cabrio, Traktor).

Der Mut zu dieser Rollenwahl ist bewundernswert. Elsner spielt sie, wie nur sie es konnte

Nina Just arbeitet sehr erfolgreich in einem ziemlich schrägen Job als Moderatorin eines Shoppingkanals, sie fährt ein störanfälliges Oldtimer-Auto, lebt in einer ebenso störanfälligen Beziehung mit ihrem Oldtimer-Chef und hat sich eine gewisse Schusseligkeit angewöhnt, um diese Schwächen in ihrem Leben entweder durch noch mehr Chaos zu verdrängen oder überhaupt zu vergessen. Es liegt auf der Hand, warum sich diese Frau dann heftig in einen Pannenhelfer verliebt. Das Buch schrieb Gerlinde Wolf, und man könnte auch noch erwähnen, dass Regisseur Richard Huber auch bei Danni Lowinski inszenierte und bei einigen Weimarer Tatorten, der Reiz einer leicht derangierten Existenz entfaltet sich aber fast noch toller im weichen Münchner Sommerlicht. So weit, so bekannt, so feelgood.

Allerdings ist Nina (herrlich gespielt von Marlene Morreis) die Tochter dieses echten Miststücks von Mutter (Hannelore Elsner), die schöner ist und exzentrischer als Nina - überhaupt besser, klüger, kreativer. Rose Just ist eine hinreißende und launische Frau, die nicht anders kann, als ganz sie selber zu sein, und der es schnuppe ist, was sie anderen antut. Das Porträt ihres vor dreißig Jahren verstorbenen Ehemannes hängt wie ein Heiligenbild im Schlafzimmer, schon allein um Werner (Günther Maria Halmer) zu knechten, den realen Lebensgefährten. Das Bild bekommt später einen Axthieb, aber da liegt Rose schon mit Krebs im Krankenhaus und braucht eine Spenderniere, die ihr Nina mit eiskalter Wut verweigert. Also ist sie auf einmal schwanger, obwohl sie es natürlich gar nicht ist, und muss mit einem Kissen unterm Kleid rumlaufen. Klingt schön komisch, aber es ist auch die ziemlich gut gemachte Geschichte einer Emanzipation von der Diktatorin.

Und dann war der Film fast fertig, und dann starb Hannelore Elsner am 21. April 2019. Gisela Schneeberger, Judy Winter, Iris Berben, Eva Mattes und Hannelore Hoger übernahmen als Hommage den Part der Rose in den Szenen, die noch fehlten.

Deswegen ist der Film, jetzt, da er fertig und zu sehen ist, ein bisschen schockierend. Er ist zu echt. Er hat ein Gewicht, das mit Kunst und Fiktion nicht zu erklären ist. Es liegt daran, dass die Elsner, als sie das spielte, selber todkrank war. Den Mut kann man nur bewundern: dass sie trotzdem ausgerechnet diese Rolle annahm, ihre letzte, und Rose Just als grausame, wissende und manchmal fast amüsierte Person spielt, auf eine Art, wie nur sie solche Frauen spielen konnte.

Und so will dieser Film beim bösesten Willen nicht zum Kitsch verklumpen, er wird nur einfach umso leiser, je schlimmer es kommt. Das Leben von Rose ist nicht mehr zu retten, und sie bittet Nina, ihr jetzt zu helfen. Auf eine Art, wie sie nur die absurde Nähe von Mutter und Tochter möglich macht, schließen die beiden dann einen wortlos pragmatischen Frieden, bei dem sich keine unterwerfen muss und in dem sogar Zärtlichkeit steckt.

Es ist ein federleichter, boshafter, lebenskluger Film. Wer die Königin ist, das ist natürlich gar keine Frage.

Lang lebe die Königin, Das Erste, 20.15 Uhr

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