Leipziger Tatort "Die Wahrheit stirbt zuerst":Von allem etwas zu viel

Tatort; Tatort: Leipzig

Die Kommissare Eva Saalfeld (Simone Thomalla) und Andreas Keppler (Martin Wuttke) wollen den Mord an einem kleinen Mädchen aufklären.

(Foto: MDR/Saxonia Media/Junghans)

Der "Tatort" aus Leipzig beginnt wie eine Familientragödie, verabschiedet sich dann jedoch aus dem Bereich des Überschaubaren. Das ist aber nicht das Einzige, woran die Episode krankt: Die Geschichte wirkt konstruiert und die Handlung wird nicht gerade subtil vorangetrieben.

Von Holger Gertz

Vater schneidet sich die Pulsadern auf, seine kleine Tochter liegt tot an einem See, dieser Tatort vom MDR beginnt wie eine Familientragödie. Tote kleine Mädchen berühren das Publikum immer sehr, in diesem Fall kann man dem Kind allerdings nicht mal mehr die Augenlider schließen, ein erstes Indiz dafür, woran die Episode krankt: Sie hat von allem zu viel. Kommissarin Saalfeld muss an Ort und Stelle Blut spenden, damit der Kindsvater überleben kann - eine wunderbare Vorlage für alle Simone-Thomalla-Skeptiker, die ihr immer vorwerfen, sie spiele so blutleer. Der schmal gebaute Hauptkommissar Keppler (Martin Wuttke) kriegt es mit der Kollegin Linda Groner vom BKA (Katja Riemann) zu tun, mit der er in einem früheren Leben mal zusammen war. Und der See, an dem das tote Mädchen gefunden wurde, ist der See, an dem wiederum Saalfeld und Keppler vor ihrer Ehe irgendwas Privates erlebt haben, erwähnt wird eine Lieblingsstelle im Schilf.

Nichts spricht dagegen, das Privatleben der Kommissare behutsam mit dem Fall zu verweben, in Bremen hat das gerade sehr gut funktioniert. In Leipzig wirkt alles konstruiert. Natürlich ist Keppler einer dieser Womanizer, die so hinreißend sind, weil ihnen die Wirkung ihres Womanizertums nicht mal bewusst ist - aber dass er mit sämtlichen Ermittlerinnen was laufen hatte, ist nur mit sehr gutem Willen zu glauben.

Die Erfindung des Handys ist ein Segen für die Tatorte des MDR

Dann gibt es wieder dieses ewige Kompetenzgerangel zwischen den Kommissaren und einer übergeordneten Behörde, das war in Fällen aus Hannover und Wien zuletzt auch so. Und schließlich verabschiedet sich die Geschichte von Regisseur Miguel Alexandre aus dem Bereich des Überschaubaren, es geht um illegale Technologietransfers und - bitte festhalten - Navigationstechnologie für Raketen mittlerer Reichweite.

Außerdem liegt irgendwann ein buntes Kinderhandy zu auffällig in einer Lagerhalle herum, in der vergangenen Episode aus Leipzig lugte ein Erwachsenenhandy zu auffällig aus einem Fluss heraus. So subtil treibt man beim MDR die Handlung voran, die Erfindung des Handys ist ein Segen für die Tatorte dieses Senders. Man fragt sich, wie die Kommissare ihre Fälle zu Zeiten des guten alten Wählscheibentelefons gelöst hätten.

ARD, Sonntag 20.15

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