Late-Night-Talker David Letterman:"Es war großartig"

Late-Night-Talker David Letterman: David Letterman (l.) 1982 in seiner Show mit Gast Jerry Lewis.

David Letterman (l.) 1982 in seiner Show mit Gast Jerry Lewis.

(Foto: Imago Stock&People)

Nach Leno nun also Letterman: Kommendes Jahr will der 66-jährige Late-Night-Talker in Rente gehen. Für das Genre eine tiefe Zäsur. Als möglicher Nachfolger ist ein Darsteller aus "How I Met Your Mother" im Gespräch.

Von Matthias Kohlmaier

Nein, geweint hat niemand. Für Sentimentalitäten war es auch noch nicht der Moment - der kommt erst in einem Jahr, wenn es dann wirklich vorbei ist. Denn immerhin hat David Letterman seinen Fans ein bisschen Zeit geschenkt, um sich mit dem Gedanken vertraut zu machen, dass er bald nicht mehr da sein wird. Der US-Late-Night-Talker hat bekanntgegeben, seine Late Show with David Letterman beim Sender CBS nur noch bis 2015 moderieren zu wollen.

Er habe eben mit Sender-Chef Leslie Moonves telefoniert, sagte Letterman bei der Aufzeichung der aktuellen Ausgabe seiner Show. "Ich habe ihn vor der Sendung angerufen und gesagt: 'Leslie, es war großartig, du warst großartig, der Sender war großartig, aber ich höre auf.'" Einen genauen Zeitplan für das Ende der Show habe man aber noch nicht ausgearbeitet, sagte Letterman weiter, "ich denke, es wird mindestens noch ein Jahr sein".

Mehr als drei Jahrzehnte wird der 66-Jährige dann spätabends im US-Fernsehen gewitzelt, geplaudert und interviewt haben, seit 1993 läuft die nach ihm benannte Show bei CBS. Dass es zu der Zusammenarbeit mit dem Sender Anfang der Neunziger Jahre überhaupt kam, hängt wesentlich mit der wohl größten Enttäuschung in Lettermans Karriere zusammen. Denn die begann in den späten Siebziger Jahren bei der Konkurrenz von NBC, wo Letterman erst mehrfach Gast in der Tonight Show von US-Fernsehlegende Johnny Carson war und später seine eigene Sendung bekam.

Vorbild Johnny Carson

Überhaupt war Carson Lettermans großes Idol. Über die erste Begegnung 1978 in dessen Show sagte Letterman fast zwei Jahrzehnte später in einem Interview für The Charlie Rose Show voller Ehrfurcht: "Es war so, als wenn man sein Leben lang den Fünf-Dollar-Schein sieht, sein Leben lang sieht man den Fünf-Dollar-Schein und dann plötzlich trifft man Lincoln. Es ist wie: 'Oh mein Gott, es ist Honest Abe, der Typ auf dem Fünf-Dollar-Schein.' Und das war die Reaktion, und ich war danach tagelang vollkommen aufgedreht, und dennoch, denke ich, war dies die wichtigste, aber auch die aufregendste Erfahrung in meinem Leben."

Umso schmerzhafter war es für Letterman, als sich der Sender 1992 nicht für ihn, sondern für Jay Leno als Nachfolger Carsons in der Tonight Show entschied. Wütend verkündete er, seinen Kontrakt bei NBC keinesfalls zu verlängern und wechselte ein Jahr später mit seiner Late-Night-Show zu CBS - wo er zu Beginn wohl 14, nach einem Abwerbeversuch von Konkurrenzsender ABC, im Jahr 2002 angeblich sogar mehr als 31 Millionen US-Dollar jährlich verdient haben soll.

"Um Himmels Willen, Dave hat Sex"

Doch, und auch das könnte zumindest ein wenig Einfluss auf Lettermans Entscheidung gehabt haben, die Quoten seiner Show gingen in den vergangenen Jahren und Monaten stetig leicht zurück. 2,8 Millionen Zuschauer sahen die Episoden der laufenden Staffel bisher im Durchschnitt, ein Minus von sechs Prozent im Vergleich zur vorangegangenen Saison. In der Zielgruppe der 18- bis 49-Jährigen, dort also, wo sich mit werbungtreibenden Unternehmen das große Geld verdienen lässt, sind die Quoten gar um 17 Prozent zurückgegangen.

Das liegt vermutlich weniger am Verschleiß und mehr an der starken Konkurrenz. Seit Jimmy Fallon vor wenigen Wochen die zeitgleich gesendete Tonight Show von Jay Leno übernommen hat, sind die Einschaltquoten dort deutlich gestiegen. Zudem läuft beim Sender ABC zur gleichen Uhrzeit auch noch die Late Night Show des ebenfalls sehr beliebten Moderators Jimmy Kimmel. Da nach Leno, 63, mit David Letterman, 66, bald der nächste ältere Herr unter den Late-Night-Talkern abtritt, steht dementsprechend schon jetzt die Frage im Raum: Wer soll Letterman beerben?

Wie die New York Times berichtet, wurden bei CBS und anderen Sendern am Donnerstag zwei Namen recht häufig genannt: Stephen Colbert, der bei Comedy Central die Show The Colbert Report moderiert und Neil Patrick Harris, der nicht nur als Frauenheld Barney Stinson in der vor wenigen Tagen zu Ende gegangenen Sitcom How I Met Your Mother, sondern auch als Gastgeber verschiedener Preisverleihungen wie den Emmys glänzen konnte.

Aber Zeit für Spekulationen bleibt noch eine Menge, nun ist es erst mal für Kollegen und Zuschauer an der Zeit, sich mit dem Abschied Lettermans vertraut zu machen; dem Abschied des Mannes, der mit seinem trockenen sarkastischen Humor und seinen weltbekannten Top Ten das Genre Late Night geprägt hat, wie kein Zweiter. Hier nur eines unter tausend möglichen Beispielen: 2009 räumte der in zweiter Ehe verheiratete Letterman in seiner Sendung ein, sexuelle Verhältnisse mit diversen Mitarbeiterinnen gehabt zu haben. Zuvor hatte ihm ein Erpresser gedroht, die Seitensprünge publik zu machen, falls er nicht zwei Millionen Dollar bezahle. Lettermans lapidarer Kommentar zu der Causa: "Um Himmels Willen, Dave hat Sex."

Ein Spruch, der auch von dem deutschen Pendant Lettermans, Harald Schmidt, hätte stammen können. Dessen kürzlich eingestellte Show war in Aufbau und Intonation massiv von Letterman beeinflusst. Nur beim Karriereende, da gibt es einen recht deutlichen Unterschied: Wurde Schmidt von Pay-TV-Sender Sky schließlich vor die Tür gesetzt, hätte Letterman eine Demission ähnlicher Güte nicht passieren können. CBS-Präsident Moonves hat einst über den Moderator gesagt, er werde ihn niemals dazu auffordern, in Rente zu gehen. "So etwas macht man nicht mit einer Legende."

Wie gesagt: Noch wurde nicht geweint. Bei so viel amerikanischem Pathos dürfte sich das bei Lettermans letztem Auftritt im kommenden Jahr ändern.

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