Kritik:Mordswälzer

Wenn Bücher töten könnten: In der Hollywood-Variante der japanischen Mangareihe "Death Note" findet der intelligente Außenseiter Light ein geheimnisvolles Notizbuch, dann passieren gruselige Dinge - am gruseligsten ist aber seine Freundin Mia.

Von Maike Müller

Worte können töten. Genauer gesagt: in ein Notizbuch gekritzelte Namen. Noch eine kreative Todesart dazugeschrieben - und das Schicksal nimmt seinen Lauf: Der Benannte stirbt. Ein Buch mit diesen magischen Fähigkeiten fällt dem Teenager Light (Nat Wolff) vor die Füße, "Death Note" steht darauf. Der intelligente Außenseiter ist zunächst erschrocken, doch auch schnell begeistert von den Fähigkeiten, die ihm das Buch verleiht: Er kann bösen Menschen das Handwerk legen, als erstes denkt er sich einen Unfall für den verhassten Schulrowdy aus. Mit dem Buch erscheint auch dessen Verwalter Ryuk, ein stacheliges Wesen mit rot glühenden Augen, das nur Light sehen kann. Ryuk entscheidet, wer das Buch bekommt, macht sich über Light lustig und treibt ihn weiter an. Gegen dessen neue Freundin ist er aber fast schon harmlos.

Die draufgängerische Cheerleaderin Mia (Margaret Qualley, The Leftovers) muss nicht lange darüber nachdenken, was sie von Lights neuer Fähigkeit hält: Sie ist neidisch. Mit ihr an seiner Seite beginnt Light einen großräumigen Feldzug gegen alle möglichen Verbrecher. Leute, die sich von Polizei und Politik im Stich gelassen fühlen, sehen in ihm einen Rächer. Aber er ist eitel: Mit der Macht des Buches manipuliert er seine Opfer und lässt sie sein Pseudonym "Kira" (Japanisch für Mörder) an Wände kritzeln. Bald heftet sich der geniale Privatermittler "L" an seine Fersen, findet aber keine Beweise.

Death Note von Regisseur Adam Wingard (V/H/S, Blair Witch) basiert auf der gleichnamigen japanischen Manga-Serie von Autor Tsugami Ōba und Zeichner Takeshi Obata. Beide zeigten sich begeistert von der Spielfilmadaption. Trotz oder vielleicht auch wegen der Verlegung der Geschichte von Japan in die USA hoffen sie, dass die Geschichte bei Netflix ein größeres Publikum erreicht.

Dabei weicht die Spielfilmvariante auch sonst von der Vorlage ab: L und Ryuk rücken in den Hintergrund, typische Ermittler-Superheld oder Mensch-Teufel-Konflikte sind nebensächlich. Was den Film spannend und ungewöhnlich macht, ist Mias Machtgier. Sie würde nicht einmal vor dem Mord an einem Familienmitglied zurückschrecken. Lights Gewissensbisse sieht sie als Schwäche. Sie setzt alles daran, das Buch selbst zu besitzen, um ihre eigenen Ziele verfolgen zu können.

Mit dem Buch wird der Tod zum Spiel; wie eine Kampfdrohne kann es töten, ohne dass die Mörder ihren Opfern beim Sterben zuschauen müssen. Im Film dagegen spritzt das Blut, wenn sich mehrere Menschen vom Dach stürzen oder während des Massakers in einem japanischen Stripclub der Großteil der Belegschaft umkommt. Ansonsten spart Wingard - zum Glück - an den Effekten: Denn selbst Ryuks verzogene Fratze macht weniger Angst als der unheimliche Größenwahn von Light und Mia.

Death Note, auf Netflix.

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