Kritik am Flüchtlingsengagement von Til Schweiger:Diffamiert als Trottel

Sigmar Gabriel und Til Schweiger

"Man trifft sich, klagt sich gegenseitig seinen Frust, schießt ein ernstes Foto - fertig ist die Allianz": So schrieb Zeit online über das Treffen von Sigmar Gabriel und Til Schweiger.

(Foto: dpa)

Medien verspotten Til Schweiger, weil er ein paar Ausrufezeichen zu viel verwendet oder stellen sein Engagement für Flüchtlinge gleich ganz in Frage. Sie schaden der Debatte.

Ein Kommentar von Hannah Beitzer

Die deutsche Zivilgesellschaft muss aufstehen: gegen rechte Gewalt und Hetze, für die Flüchtlinge, die zu uns kommen - da sind sich viele Journalisten, Aktivistinnen und Aktivisten einig. Genau das hat der Schauspieler und Regisseur Til Schweiger, der bisher in der Debatte noch nicht aufgefallen war, getan. Er rief erst auf seiner Facebook-Seite zu Spenden für Flüchtlinge auf, beschimpfte dann diejenigen, die dagegen pöbelten als "asoziales Pack", traf sich mit Vizekanzler Sigmar Gabriel und verkündete dann auch noch, ein Flüchtlingsheim bauen zu wollen.

Eigentlich ist das großartig: Schweiger begeistert zwar mit seinen Filmen nicht die Kritiker, erreicht aber ein Millionenpublikum, genau jenen Mainstream also, der sich nach Meinung vieler Kommentatoren endlich mal um die Flüchtlinge vor der eigenen Haustür kümmern sollte.

Da erstaunt es umso mehr, dass Schweiger nicht nur Hass von Rassisten und Flüchtlingsfeinden, sondern viel Spott und Häme vonseiten zahlreicher Flüchtlingsunterstützer entgegenschlägt. Auf Twitter und Facebook machten sich viele über sein Treffen mit Sigmar Gabriel lustig. Journalisten von Spiegel Online bastelten aus den ihrer Meinung nach besten Schweiger-Gabriel-Scherzen einen Artikel. Als Schweiger sich darüber aufregte, legten die Journalisten nach und rissen Witze darüber, dass Schweigers wütender Post ein paar Ausrufezeichen zu viel enthielt. Hahaha - so ein Trottel!

Schweiger kommt neu dazu - und alle hauen drauf

Neben denen, die sich über die Form von Schweigers Engagement erheitern, sind da jene, die ihm die Ernsthaftigkeit absprechen - ihm ausschließlich ein Publicityinteresse unterstellen. Stellvertretend dafür steht ein Artikel, der auf Zeit online erschien, Titel: "Heldenstatus in der Schwebe". Die Autorin gibt sich darin erst gar keine Mühe, Schweiger ohne Vorbehalte gegenüberzutreten.

Die "saubere Idee" des "Vorzeigeschauspielers" sei gar nicht so sauber, weil dahinter ein Unternehmen stecke, heißt es da. Außerdem habe sich der Schauspieler für Soldaten in Afghanistan eingesetzt - wie kann er da gleichzeitig für Flüchtlinge sein? Schweigers Gespräch mit Sigmar Gabriel wird so kommentiert: "Man trifft sich, klagt sich gegenseitig seinen Frust, schießt ein ernstes Foto - fertig ist die Allianz." Schweiger habe auf dem Weg zum prominenten Vorzeige-Engagierten "noch einen langen Weg vor sich", denn: "leider lebt und wirkt Til Schweiger nicht in Hollywood, sondern in Deutschland".

Genau! Hier kann nicht jeder dahergelaufene Mittelklasse-Regisseur kommen und einen auf Wohltäter machen!

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