Neue Staffel "Mord mit Aussicht":Noch mehr Hölle

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Längst Teil des Ganzen? Kommissarin Sophie Haas (Caroline Peters, r.) mit Dietmar Schäffer (Bjarne Mädel, l.) und Bärbel Schmied (Meike Droste). (Foto: ARD/Michael Böhme)

Wie man eine Erfolgsserie ruiniert: "Mord mit Aussicht" war einmal ein herrliches Sittenporträt ländlicher Bürgerlichkeit - doch die neue Staffel mutiert in der ARD zum belanglosen Schmunzelkrimi.

Von Hans Hoff

Was war das für eine Freude, als die ARD verkündete, es werde eine dritte Staffel von Mord mit Aussicht geben. Was war das für eine Trauer, als man nach der letzten Folge der zweiten Staffel feststellte, dass es noch knapp zwei Jahre dauern würde, bis man erfahren dürfte, wie es weitergeht mit dieser komischen Großstadt-Kommissarin, die das beschauliche Leben in einem Eifelstädtchen schwer durcheinanderwirbelt. Nun steht an diesem Dienstag die erste von dreizehn neuen Folgen im Programm, und nach Ansicht der ersten Folge muss man leider sagen: Das Warten hat sich nicht gelohnt.

Stets bezog diese Serie ihre Komik aus dem unbedingten Wunsch aller Figuren, ernst genommen zu werden. Das war sehr oft sehr lustig, weil dieser Wunsch das Scheitern meist in sich trug. Es machte Spaß, den Figuren beim lustvoll zelebrierten Nichtgelingen zuzusehen, weil es so schön ist, grauenhaft normale Menschen bei der Flucht vor sich selbst zu erleben und sich dabei an vielen Details zu erfreuen. Wenn die Großstadt-Kommissarin die Last ihres erzwungenen Landaufenthalts in kriminalistische Energie umwandelte, wirkte das meist glaubhaft, selten aufgesetzt. Sie wollte wirklich was.

Schauspielerin Caroline Peters
:Verweigerung liegt ihr

Sie ist durch und durch Theater, das mit dem Fernsehen wirkt eher wie ein Betriebsunfall. Doch nun bringt Caroline Peters in "Mord mit Aussicht" das ARD-Vorabendprogramm wieder auf Kurs. Denn wo sie auftaucht, ist Qualität. Doch die ARD schätzt ihr großes Gut offenbar nur zum Teil.

Von Hans Hoff

Inzwischen ist es aus mit dem Spaß. Niemand will in Mord mit Aussicht mehr ernst genommen werden. Alles wirkt, als gehe es nur noch um den nächsten Gag, nicht mehr um das Große und Ganze. Was als Sittenporträt ländlicher Bürgerlichkeit startete und seine Würze bekam durch die aus der Großstadt hereinschneiende Kommissarin, ist verkommen zum Komödienstadl, der nur noch die schnelle Herstellung des größtmöglichen Klamauks zum Ziel hat.

Das Stöckelschuh-Biotop

Man sieht das an der Figur der Kommissarin Sophie Haas. Die wird von Caroline Peters weiterhin ordentlich gespielt, aber der Figur ist die Motivation abhandengekommen. War sie in den ersten Staffeln noch der aus dem großstädtischen Wasser aufs Land versetzte Fisch, dessen Zappeln als Energiequelle für die Handlung diente, so ist sie nunmehr nur noch die Behauptung einer Getriebenen. Sie ist nicht mehr die Besondere, die ein verschlammtes Biotop aufwirbelt, sie ist längst Teil des Ganzen. Wenn sie nun zum Staffelstart auf Stöckelschuhen einer Juwelendiebin nachrennt, dann tut sie das, weil es im Drehbuch steht und nicht etwa, weil es einer inneren Logik entspringt.

Auch der früher von Bjarne Mädel wunderbar begriffsstutzig angelegte Polizist Dietmar Schäffer, der großartige "Mann, Mann, Mann"-Sager, die herrliche Karikatur eines Pantoffelhelden aus den früheren Staffeln, ist inzwischen nur noch die halbgare Karikatur einer Karikatur.

Es fehlt sichtbar die Liebe zum Detail, es fehlt der Wille zum hintergründigen Witz, es wird nichts belegt, fast alles wird nur behauptet. Wenn sich da in den restlichen Folgen nichts ändert, kann die ARD einpacken. Sie hat ihrer Vorzeigeserie nämlich so ziemlich alles genommen, was sie einzigartig machte. Sie ist jetzt angekommen auf dem Niveau der unerträglich belanglosen Heiter bis tödlich-Schmunzelkrimis vom Lande - also genau dem, was Mord mit Aussicht nie war. Die Schmunzelkrimis liefen bisher in der sogenannten Vorabendhölle. Die hat sich ausgeweitet. Hölle in der ARD ist nun auch nach 20.15 Uhr.

Mord mit Aussicht , ARD, 20.15 Uhr.

© SZ vom 09.09.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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