Als Christoph Maria Herbst vor zwei Jahren als Kommissar Kreutzer auf dem Bildschirm erschien, war schnell klar, dass da einer ermittelt, der so ganz anders ist als all die anderen Spurensucher. Kreutzer hat einen an der Waffel. Das war schnell klar. Kreutzer ist fix, er provoziert alles, was Puls hat und pickt sich aus der dann entstehenden Erregung heraus, was er für die rasche Aufklärung seines Falles brauchen kann.
Das klang im Entwurf reizvoll, geriet aber in der Ausführung eher mau. Zu sehr im Vordergrund der zart komische Kommissar, zu lasch der Spannungsfaden. So wurde die Premiere mehr Übungs- als Glanzstück.
Aus solchen Fehlern kann man lernen, und das Team um Autor Christian Jeltsch, Regisseur Richard Huber und den Hauptdarsteller Herbst hat gelernt. Der zweite Fall von Kreutzer ist nicht länger nur Versuch, er ist eine glanzvolle Komposition des eigentlich Unkomponierbaren. Im Film geht es um eine Ärztin, die im Parkhaus eines Krankenhauses überfahren wird. Fast jeder im Krankenhaus kommt als Täter in Frage, fast jeder hat ein Motiv.
Kreutzer nimmt alle in die Mangel, einzeln und in der Gruppe. Er fährt sie an, verschreckt sie, und mit der ansehnlichen Ärztin Dr. Morée (großartig: Christina Hecke) liefert er sich so brillante Wortgefechte, dass einem hier und da die Spucke wegbleibt. Einmal streiten die beiden vor dem Fahrstuhl im Keller. Sie steigt ein, fährt hoch, er bleibt zurück. Als sie ein paar Stockwerke höher ankommt, steht er wieder vor ihr, grüßt freundlich, und dann schließen die Fahrstuhltüren ihren völlig verwunderten Blick weg. Erst als sie ihn nicht mehr sehen kann, hechelt Kreutzer los, atmet tief und schwer. Er ist die Treppen raufgerast, hat dann aber so getan, als sei er mal eben so heran geschlendert.
Es sind diese kleinen Szenen, die den Reiz dieses Films ausmachen. Dazu kommt, dass Richard Huber am Ende eine Auflösung des Falles bietet, die eine atemberaubend komplizierte Geschichte mit einem Schlag plausibel macht. Man kann die verwickelte Geschichte hinterher nicht nacherzählen, aber in dem Moment, in dem Kreutzer den Knoten löst, hat man das Gefühl, alles verstanden zu haben. Viel mehr kann ein Film kaum bieten.
"Man muss da schon dran bleiben, um nichts von der Handlung verpassen. Nie waren die Werbepausen wichtiger"", sagt Herbst, der weiß, dass dieses Kreutzer-Abenteuer den Zuschauer fordert. "Auch wenn es manchmal nicht so wirkt: Es werden alle Geschichten zu Ende erzählt. Es hat alles Hand und Fuß, es macht alles Sinn."
Beinahe zwangsläufig bekommt Herbst nun viele Fragen, ob er nicht auch mal "Tatort"-Kommissar werden möchte. "Ich war nie ein 'Tatort'-Fan und werde es wohl auch nicht mehr werden", sagt er und erlaubt sich angesichts des vorliegenden Films auch einen Hauch Hochmut. "Über dem 'Tatort'-mäßigen Bodensatz ist der Kreutzer eine richtige Leuchtrakete."
Lieber will Herbst sich unterscheiden mit seinen Filmen. Mal hier den Tod spielen, mal dort den Kommissar. Und natürlich den Bürohengst Stromberg. Gerade ist das Projekt Stromberg-Kinofilm verschoben worden. Nur verschoben? "Wir machen den auf alle Fälle. Der soll 2013 in die Kinos", verspricht Herbst.
Vorerst dürfen sich die Stromberg-Fans bei Kommissar Kreutzer vergnügen und bekommen dort eine wunderbaren Minireminiszenz an ihren Helden geboten. Als Kreutzer einmal an einem Techniker im Krankenhausganz vorbeigeht, stutzt er kurz und schaut zurück. Nur für einen Moment ist Bjarne Mädel zu sehen, der bei "Stromberg" den nervigen Ernie spielt. Der trägt das Stromberg-Klobrillenbärtchen. Es ist ein gutes Zeichen, dass der Film sich so eine Anspielung leisten kann. Er kann es, weil Herbst keine Sekunde an Stromberg denken lässt. Er ist ein anderer. Ein guter Schauspieler halt.
Kreutzer kommt - ins Krankenhaus, Samstag, 20.Oktober, 20.15 Uhr, Pro Sieben.
Kreutzer kommt (Wiederholung von 2010), Samstag, 20. Oktober, 22.15 Uhr, Pro Sieben.
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