Konstantin Neven DuMont:Ferien von der Familie

Konstantin Neven DuMont nimmt auf unbestimmte Zeit Urlaub. Wohin steuert das drittgrößte deutsche Medienhaus?

Marc Felix Serrao

An diesem Donnerstag, dem jecken 11. November, feiert der Kölner Verlegersohn Konstantin Neven DuMont Geburtstag. Er wird 41 Jahre alt. Ob es eine Party gibt, ist fraglich. Der Sohn von Alfred Neven DuMont, 83, ist an diesem Mittwoch als Vorstand des Familienbetriebs M.DuMont Schauberg (Kölner Stadt-Anzeiger, Frankfurter Rundschau, Berliner Zeitung) beurlaubt worden. Die Entscheidung, war aus Verlagskreisen zu erfahren, habe der Aufsichtsrat getroffen, an dessen Spitze Vater Neven DuMont steht. Beim Verlag wollte man offiziell nichts dazu sagen. "Personalfragen kommentieren wir prinzipiell nicht", hieß es nur. Ein Dementi klingt anders.

Konstantin Neven DuMont

Der Verleger Konstantin Neven DuMont hat auf unbestimmte Zeit Urlaub genommen - sagt er.

(Foto: dpa)

Eine klare Sachlage liegt allerdings auch nicht vor. Am Mittwochnachmittag meldete sich Konstantin Neven DuMont selbst: "Es stimmt nicht, dass ich rausgeworfen wurde", sagte er der SZ mit Bezug auf eine erste Meldung des Branchendienstes Kress ("Konstantin Neven DuMont muss gehen"). "Warum sollten die das tun?" Mit "die" meint er den Aufsichtsrat, also auch den Vater.

Neven DuMont Junior stellt die Sache so dar: Er sei der Handelnde. "Ich habe mir nichts zu Schulden kommen lassen, ich habe immer einen guten Job gemacht", betont er im Gespräch. Die Entscheidung, auf unbestimmte Zeit Urlaub zu nehmen, habe er an diesem Dienstagabend selbst getroffen, nicht etwa der Aufsichtsrat für ihn. Und warum die Ferien? Er wolle, "dass langsam mal Ruhe einkehrt". Damit meint er die anhaltende Diskussion über seine Person und die vielen seltsamen, mitunter beleidigenden Kommentare im Blog des Medienjournalisten Stefan Niggemeier. Die Kommentare wurden, so der Verdacht des Blogbetreibers, von einem von Neven DuMonts Rechnern verschickt. Auch an diesem Mittwoch sollen noch solche Kommentare auf der Seite platziert worden sein. Ein Vorwurf, dem Konstantin Neven DuMont bisher keine überzeugenden Argumente entgegensetzen konnte.

"Ich bleibe definitiv Vorstand, zu hundert Prozent", sagte Neven DuMont auf die Frage, ob sein Urlaub womöglich nie enden könnte. Außerdem behalte er seine Verantwortung als Herausgeber (Frankfurter Rundschau, Mitteldeutsche Zeitung, Kölner Stadt-Anzeiger, Kölner Express) und als Vorsitzender mehrerer publizistischer Beiräte (Berliner Zeitung, Berliner Kurier, Hamburger Morgenpost). Diese Sicht steht wohl im Widerspruch zu einer mündlichen Mitteilung des kaufmännischen Verlagsvorstands Eberhard Klein, die am Mittwoch an alle Führungskräfte gegangen sein soll. Demnach sei der Verlegersohn beurlaubt, und "alle seine Funktionen ruhen".

Was ist los bei M. DuMont Schauberg? Statt Klarheit zu schaffen, wer das große Unternehmen künftig führt, wächst die Unsicherheit. Die Verlagsgruppe igelt sich sein. Selbst Fragen, die nicht auf Konstantin Neven DuMont zielen (zum Beispiel: "Wie steht M.DuMont Schauberg als Medienunternehmen heute da?"), bleiben unbeantwortet. Dabei ist vieles so offen wie die Entscheidung des Altverlegers, welche Rolle seinem Sohn im Betrieb einmal zufallen soll.

Von Köln nach Berlin. An der Dauerbaustelle Alexanderplatz sitzt der jüngste Zukauf des Verlags, die Berliner Zeitung. Das stolze, aber von vielen Sparrunden gebeutelte Blatt schreibt dem Vernehmen nach zwar schwarze Zahlen, befindet sich aber in Sachen Auflage in einem mittlerweile bedenklichen Sinkflug. Zuletzt lag die Verkaufsauflage bei rund 139000 Exemplaren, im dritten Quartal 2008 waren es 162000 - ein Minus von 23000 Stück in zwei Jahren. Wenn sich dieser Trend fortsetzt, ist von der überregionalen Strahlkraft des Blattes bald nicht mehr viel übrig.

Entthronung? Rückkehr? Oder irgendwas dazwischen

Für Unruhe sorgt auch die "Redaktionsgemeinschaft", die seit einem halben Jahr vom Berliner Hochhaus aus die überregionalen Abo-Titel der Gruppe mit schön geschriebenen Geschichten bestückt. Die rund zwei Dutzend von allen lästigen Produktionsdiensten befreiten Edelfedern haben zwar, das sagen viele, die Qualität der Politik- und Wirtschaftsberichterstattung verbessert. Doch in den betroffenen Redaktionen gibt es Unmut, vor allem bei den Redakteuren, die nun fast nur noch Seiten produzieren dürfen. Eine "Zweiklassengesellschaft" sei da entstanden, schimpft ein Betroffener - " obwohl wir als Zeitung immer gegen so etwas angeschrieben haben".

Besonders knifflig ist die Lage bei der Frankfurter Rundschau. Auch das linke Blatt leidet unter einer stark sinkenden Auflage (aktueller Verkauf: 135000 Exemplare; vor zwei Jahren 151000). Dazu kommen, anders als beim Schwesterblatt in der Hauptstadt, tiefrote Zahlen. Die FR ist seit Jahren defizitär, auch in diesem Jahr rechnet der Verlag wieder mit einem hohen einstelligen Millionen-Minus, wie zu hören ist. Die Zeitung hat etliche Kürzungen am Personalstamm und im Etat über sich ergehen lassen müssen. Und die nächste Runde sei schon beschlossene Sache, sagt einer, der an den Verhandlungen darüber beteiligt ist. Wie viel das Tabloidblatt diesmal einsparen muss und was das für die Größe der Redaktion bedeutet, sei noch offen. Aber so wie jetzt gehe es nicht weiter, sagt der Insider: "Das weiß jeder."

Eine Option sieht offenbar vor, die überregionale Berichterstattung zumindest der Berliner Zeitung und der FR in der Hauptstadt zu bündeln. Beide Blätter stehen sich politisch nahe, da gäbe es keine Problem - anders als bei einer Verschmelzung mit dem bürgerlichen Kölner Stadt-Anzeiger. Im Mantel-Konstrukt würde die Rundschau dann zwar ihre Eigenständigkeit verlieren, könnte aber ihren Anspruch aufrechterhalten, ein irgendwie überregionaler Titel zu sein. Der Standort Berlin würde die überwölbende Expertise zuliefern. Die Hessen könnten sich dafür auf ihre Regional- und Lokalberichterstattung konzentrieren, mit der die Verleger gegenwärtig alles andere als zufrieden sein sollen.

Zurück zu Konstantin Neven DuMont. Sein Vater hadert offenbar mit der Entscheidung, den Sohn, den er jahrelang als Erben aufgebaut hat, aus der Verantwortung zu nehmen. Dabei ist wohl auch dem "Alten" inzwischen klar, dass der Junior nicht das nötige Format hat. "Der Alte", wie Alfred Neven DuMont im Verlag respektvoll genannt wird, ist bei seinen Journalisten angesehen. Seine linksliberalen Autoren in Berlin und Frankfurt mögen mit seinem patriarchalischen Auftreten vielleicht wenig anfangen können. Aber sein intellektuelles Format schätzen sie, seine Fähigkeit, den Ton von Zeitungsredakteuren zu verstehen: diese Mischung aus breitbeinigem Bescheidwissen und nervöser Eitelkeit. Der Junge hingegen, naja.

Im Prinzip hat Alfred Neven DuMont drei Möglichkeiten. Erstens: Der Erbe wird entthront. Dagegen spricht der dynastische Stolz der Familie, die mit Konstantin immerhin in der zwölften Generation verlegerisch tätig ist. Zweitens: Konstantin kehrt irgendwann zurück in seine Ämter - dagegen spricht, dass DuMont seinen guten Ruf aufs Spiel setzt. Die dritte Option wäre ein Zwischending, eine neue Aufgabe für Konstantin, vielleicht weniger im operativen Bereich. Und dazu eventuell die Gründung einer Familienstiftung, die das Geschäft externen Managern übertragen würde.

Bis der Altverleger diese Fragen für sich geklärt hat, wird jeder im Konzern weiter still halten. Der Verlegersohn dagegen will sich weiter mitteilen. Auf die Frage, ob er denn auch vom Internet Urlaub nehme, sagte Neven DuMont Junior der SZ: "Im Gegenteil, ich werde weiter ganz normal bei Facebook und Twitter meine Beiträge schreiben."

Bis Redaktionsschluss hatte er dieses Versprechen schon eingelöst: "Juhu, heute beginnt mein Urlaub."

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