Konservativer Nachrichtensender:Trumps beste Verteidiger sitzen bei "Fox News"

Konservativer Nachrichtensender: Trump hört ihm zu: Fox-Moderator Sean Hannity, hier bei einem Auftritt 2016

Trump hört ihm zu: Fox-Moderator Sean Hannity, hier bei einem Auftritt 2016

(Foto: Saul Loeb/AFP)

Der konservative Sender ist so mächtig wie noch nie. Und für Trump unglaublich wichtig. Dort castet er seine Minister - und Moderatoren wie Sean Hannity diskreditieren die Russland-Ermittlungen.

Von Beate Wild, Austin

Wie groß Donald Trumps Problem mit Sonderermittler Robert Mueller ist, wurde vor wenigen Tagen klar. Der US-Präsident versuchte, neue Anwälte anzuheuern, die bereit sind, ihn in der Russland-Angelegenheit zu verteidigen. Doch keiner will für ihn arbeiten. Täuscht es oder wird die Luft für Trump gerade wirklich dünner?

Der graumelierte Herr im schwarzen Anzug blickt besorgt in die Kamera, als er mit Dramatik in der Stimme sagt: "Erinnern wir uns, diese ganze Hexenjagd sollte um geheime Absprachen zwischen Trump und Russland gehen. Dieser Anhaltspunkt existiert nicht, hat noch nie existiert."

Sean Hannity heißt der Mann im seriösen schwarzen Anzug. Seit 22 Jahren arbeitet der 56-jährige New Yorker schon für den konservativen Nachrichtensender Fox News. Dem Stammpublikum mit einem Durchschnittsalter von 65 ist er so vertraut wie ein guter, alter Kumpel, dem man schon aus Gewohnheit jede noch so hanebüchene Geschichte abkauft.

Hannity, der gerade erst am Osterwochendende wieder mit dem Präsidenten in seinem Feriensitz Mar-a-Lago in Florida zu Abend speiste, gilt als einer der treuesten Trump-Fans. Kaum ein Fehltritt oder eine Skandalmeldung aus dem Weißen Haus, die er nicht zu verdrehen und im Sinne des US-Präsidenten zu erzählen weiß. Im Wahlkampf beschwerten sich selbst Konservative, dass Hannitys Hochjubeln zuviel des Guten sei. Trumps Kontrahent Ted Cruz fühlte sich ungerecht behandelt, weil er weniger Sendezeit bekam als sein Mitbewerber. Hannity beeindruckte das nicht.

Trump twittert Werbung für "Fox News"

Unbeirrt tritt er für Trump ein und diskreditiert nebenbei noch andere Medien. "Die New York Times versucht, Sie aufs Glatteis zu führen. Sie schreibt, dass Trump Mueller schon letzten Juni feuern wollte", sagt er und schüttelt dazu genervt den Kopf. Selbstverständlich sei nichts dran an der Story. Wieder einmal nur Fake News einer liberalen Tageszeitung. Dass sich die Geschichte wenig später als wahr herausstellte, geschenkt.

Kein Wunder also, dass Hannity in Trump einen begeisterten Zuschauer gefunden hat, der auch noch gratis Werbung für seine Sendungen twittert. Etwa: "@seanhannity on @foxandfriends now! Great!"

Mit der Verteidigung von Trump ist Hannity bei Fox News nicht alleine. Je konkreter die Mueller-Ermittlungen werden und je enger sie Trump und seine Familie einkreisen, desto vehementer streiten die Moderatoren des konservativen Nachrichtenkanals für den Präsidenten.

Etwa Tucker Carlson: "Wir hören seit über einem Jahr ununterbrochen von den Russland-Ermittlungen, dabei ist bislang kein einziger Hinweis ans Licht gekommen, der diese Obsession rechtfertigen würde." Der 48-Jährige mit dem braven Seitenscheitel hält ebenfalls nichts davon, seine Sympathien für den Präsidenten zu verheimlichen. "Kein einziger Anhaltspunkt wurde entdeckt, der auf geheime Absprachen hindeutet. Und die meisten Amerikaner sind nicht länger interessiert daran - wenn sie es jemals überhaupt waren." In der Bauchbinde unter Carlson steht: "Amerikaner machen sich keine Sorgen wegen 'Russland-Einmischung'."

Dass diese Aussage so nicht richtig ist, zeigen die Umfragen des unabhängigen Meinungsforschungsinstituts Pew Research Center. 56 Prozent der befragten Amerikaner glauben, die Russland-Ermittlungen verlaufen gerecht. "58 Prozent der US-Bürger halten die Ermittlungen für eine ernste Angelegenheit, die komplett untersucht werden soll", berichtet auch CNN. Und laut CBS News wollen 73 Prozent, dass sie weitergeführt werden.

Wie aus dem Propaganda-Lehrbuch

Moderator Greg Gutfeld bezichtigt auf Fox News die Demokraten, die Russland-Ermittlungen voranzutreiben: "Alle wollen, dass diese Sache endlich abgeschlossen wird - außer den Leuten, die nicht wollen, dass die Sache endlich abgeschlossen wird. Und das sind die Wahlverlierer. Die Sache ist dünn wie Papier, aber sie halten sich daran fest."

Dünn wie Papier? Muellers Papiere jedenfalls sind voll mit Indizien - und Namen. George Papadopoulos, ein früherer Mitarbeiter im Trump-Wahlkampfteam, Alex van der Zwaan, Anwalt eines ehemaligen Trump-Mitarbeiters, sowie Michael Flynn, Ex-Sicherheitsberater von Trump, haben sich schon schuldig bekannt und kooperieren mit Mueller.

Beschuldigt der Verschwörung, der Geldwäsche, des Bankbetrugs, der Fälschung von Steuererklärungen und der Tätigung von Falschaussagen sind der ehemalige Trump-Wahlkampfmanager Paul Manafort und sein Mitarbeiter Rick Gates. Außerdem werden 13 russische Staatsbürger von Mueller der Verschwörung bezichtigt, einige von ihnen sind wegen Identitätsdiebstahls angeklagt.

Bei Fox News ist davon keine Rede. Stattdessen sollen dort republikanische Politiker wie Andy Biggs, Abgeordneter aus Arizona, die Verteidigung Trumps unterfüttern. Der Trump-Unterstützer darf auf Sendung sagen: "Es gibt keinen Hinweis auf geheime Absprachen" und "Präsident Trump hat vollkommen Recht. Die Ermittlungen von Mueller sollten endlich ein Ende finden." Als Moderatorin Harris Faulkner dann noch einwirft: "und das alles auf Kosten der Steuerzahler", antwortet Biggs begeistert: "Genau, man muss den Ermittlungen Grenzen setzen. Man braucht ein Zeitlimit, er soll einen Bericht schreiben und dann hat alles ein Ende und wir können uns anderen Themen zuwenden. Es gibt keine geheimen Absprachen, deshalb gibt es keinen Grund für diese Ermittlungen. Jemand muss den Stecker ziehen."

Ingraham: "Scott, Scott, Scott, hast du nichts Besseres zu bieten?"

Bei Moderatorin Laura Ingraham, die gerade einen Werbe-Boykott erlebt, nachdem sie sich über einen Überlebenden des Parkland-Massakers lustig gemacht hat, geht es darum, dass Muellers Team einen eindeutig zu liberalen Bias habe. Dass das FBI es sowieso darauf anlege, Trump zu Fall zu bringen. Und dass es dem Präsidenten deshalb nicht zu verdenken sei, dass er FBI-Vize-Chef Andrew McCabe feuern wollte, genauso wie dessen "guten Kumpel" Ex-FBI-Chef James Comey. Studiogästen, die eine etwas andere Meinung vertreten, etwa Scott Bolden von der Anwaltskammer National Bar Association, fährt Ingraham ungehalten über den Mund: "Scott, Scott, Scott, hast du nichts Besseres zu bieten?"

Ingrahams Loyalität ist auch dem Weißen Haus nicht verborgen geblieben. Als vergangenen Sommer Kommunikationsdirektor Anthony Scaramucci nach nur zehn Tagen gefeuert wurde, war Ingraham im Gespräch als seine Nachfolgerin. Am Ende bekam Hope Hicks den Job, die ihren Posten nun jedoch auch verlassen hat.

Dass Trump seine Regierung gerne aus dem Fox-News-Mitarbeiterpool rekrutiert, ist mittlerweile bekannt. John Bolton, sein neuer Sicherheitsberater etwa, war ein regelmäßiger Kommentator bei dem konservativen Sender. Auch mit den Moderatoren Tucker Carlson, Kimberly Guilfoyle und Jesse Waters soll der Präsident schon Gespräche geführt haben.

Diese Personalpolitik überrascht nicht, wenn man bedenkt, dass sich Trump als Stammzuschauer bei Fox News verstanden, ja geliebt fühlt. Immer, wenn es - egal in welcher Sendung - um die Russland-Ermittlungen geht, lautet die Botschaft stets: Es gibt keine geheimen Absprachen Trumps mit Russland. Deshalb seien Muellers Untersuchungen obsolet und sollten sofort ein Ende finden.

Verfassungskrise? Hexenjagd!

Diese ständigen Wiederholungen aus dem Propaganda-Lehrbuch bleiben bei den Zuschauern hängen. Sollte Trump Mueller entlassen, würde das niemanden im Fox-News-Publikum wundern. Vermutlich würden sogar viele sagen: Ist aber auch Zeit geworden.

Und würden bei einer Mueller-Entlassung Demokraten und liberale Medien von einer Verfassungskrise reden, würde das bei den Fox-News-Zuschauern vermutlich als eine Hexenjagd auf ihren Präsidenten ankommen. Schließlich wurden sie seit einem Jahr von dem konservativen Nachrichtensender für den Ernstfall - also Muellers Entlassung, die eine ernste konstitutionelle Krise der USA bedeuten würde - vorbereitet.

Der Präsident mag Schwierigkeiten haben, Anwälte für sein Team zu finden, doch seine besten Verteidiger sitzen sowieso bei Fox News. Egal mit wie vielen Problemen Trump zu kämpfen hat, die Zuschauer des konservativen Senders weiß er hinter sich.

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