Konflikt um Papiere zum Afghanistan-Einsatz:Gesetz für den Dienstgebrauch

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Bundeswehrsoldaten im Dezember 2012 im Camp Marmal in Masar-i-Scharif. (Foto: dpa)

Mit einem Trick verlangt das Verteidigungsministerium von der WAZ-Gruppe die Löschung als geheim eingestufter Informationen zum Bundeswehreinsatz in Afghanistan. Die Journalisten sprechen von einer "Unverfrorenheit". Die Dokumente gehörten "nicht der Regierung, sondern den Bürgern".

Von Christoph Hickmann

Das Verteidigungsministerium geht juristisch gegen die WAZ-Mediengruppe vor. Anlass ist die Veröffentlichung vertraulich eingestufter Papiere zum Einsatz der Bundeswehr in Afghanistan. In diesen sogenannten "Unterrichtungen des Parlaments" informiert das Ministerium jede Woche die Abgeordneten des Verteidigungsausschusses über Fortschritte und Verlauf des Einsatzes sowie besondere Ereignisse wie Gefechte und Sprengstoffanschläge. Sie sind als Verschlusssache "nur für den Dienstgebrauch" eingestuft, was in Deutschland die niedrigste von vier Geheimhaltungsstufen ist.

Die WAZ-Mediengruppe hatte die Papiere, in denen auch über andere Einsätze der Bundeswehr informiert wird, im vergangenen Jahr für den Zeitraum von Sommer 2005 bis Sommer 2012 im Internet veröffentlicht. Das Verteidigungsministerium hat die WAZ nun aufgefordert, die Papiere aus dem Netz zu löschen und beruft sich in der Abmahnung auf das Urheberrecht.

Eine Sprecherin des Ministeriums präzisierte, es gehe um den Paragrafen 12 des Urheberrechtgesetzes, wonach ein Urheber bestimmen darf, "ob und wie sein Werk zu veröffentlichen ist". Über weitere rechtliche Schritte werde noch entschieden. Die WAZ-Gruppe hat allerdings nicht vor, der Aufforderung nachzukommen.

Kein sonderlich breites Echo ausgelöst

David Schraven, Leiter des Rechercheteams der WAZ-Gruppe, nannte die Aufforderung eine "Unverfrorenheit". Es sei "absurd, wenn jetzt das Urheberrecht benutzt wird, um den Bürgern Dokumente ihrer Regierung vorzuenthalten". Die Dokumente gehörten "nicht der Regierung, sondern den Bürgern", sagte Schraven. "Und wir alle sind als Journalisten auf solche Dokumente angewiesen, immer und überall."

Inhaltlich begründete er die Veröffentlichung im WAZ-Internetportal: "Anhand der Papiere lässt sich der Kriegsverlauf in Afghanistan nachvollziehen", so die Stellungnahme. "Aus den Originaldokumenten der Bundeswehr wird sichtbar, dass schon seit Jahren keine Rede von einer Friedensmission mehr sein konnte, obwohl dies von Politikern immer wieder behauptet wurde." Die Papiere zeigten, "wie sich Anschläge, Kämpfe und Operationen in Afghanistan über die Jahre ausweiten".

Die Veröffentlichung im November vergangenen Jahres hatte allerdings kein sonderlich breites Echo ausgelöst, da viele Journalisten den Neuigkeitswert der Papiere als begrenzt eingeschätzt hatten. Dementsprechend gelassen hatte damals auch das Verteidigungsministerium reagiert: Er habe bei Lektüre der entsprechenden Meldung "schmunzeln" müssen, sagte damals der Sprecher des Hauses.

Zur Begründung führte er aus, dass man die "Unterrichtung des Parlaments" stets "zeitlich ganz knapp versetzt und nahezu inhaltsgleich als Unterrichtung der Öffentlichkeit" ins Internet stelle. Der Unterschied bestehe lediglich darin, dass "wir nicht die Informationen öffentlich machen", bei denen "die Urheber klar zu erkennen" und "andere Staaten" seien. Man könne dann "nicht mehr sehen, dass die Information von den USA, den Mongolen, von Georgien oder wem auch immer kommt", ansonsten würden die Papiere unverändert veröffentlicht. Das damalige Fazit des Sprechers: "Weil wir diese Unterrichtung nahezu eins zu eins und knapp zeitlich versetzt in das Internet stellen, können Sie eigentlich sagen: Wir leaken jede Woche selbst."

© SZ vom 10.04.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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