Kölner Express: Gespräch mit Stadtarchivar:Ein erfundenes Interview?

Ein Stadtarchivar erzählt im Kölner "Express" etwas von einem großen Schatz - doch die Zitate scheinen gefakt und das Foto? Auch das ist falsch.

Rudolf Neumaier

Edwin Hamberger musste sich schon einige Hänseleien gefallen lassen. Da habe er ja heftige Metamorphosen durchgemacht, lästerten seine Kollegen aus Köln am Telefon. Hamberger ist Archivar der Stadt Mühldorf am Inn in Oberbayern. Dass ein Stadtarchivar in einer Boulevardzeitung Schlagzeilen macht, kommt eher selten vor. Edwin Hamberger kam zu dieser ungewöhnlichen Ehre.

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"Bei mir liegt das Silber des Kurfürsten von Bayern", heißt es im Kölner "Express".

Am 15. Oktober druckte der Kölner Express in seiner Serie "Abenteuer Schatzsuche" eine Geschichte, in der Hamberger die Hauptrolle spielt. Titel: "Bei mir liegt das Silber des Kurfürsten von Bayern". Abgebildet ist unter anderem ein älterer Mann mit Schiebermütze - und der Bildunterschrift: "Stadtarchivar Edwin Hamberger mit einem Silberpokal." Nur: Hamberger besitzt keine Schiebermütze. Er sieht mit seinen 42Jahren auch deutlich jünger aus als der Mann auf dem Bild. Und die Wortlaut-Zitate, die ihm im Text in den Mund gelegt werden, "stammen definitiv nicht von mir", sagt er. Die Geschichte sei "in weiten Teilen erstunken und erlogen".

Am 5. Oktober, so erzählt Hamberger die Geschichte, habe ihn ein Redakteur des Express angerufen und um ein Foto und um die Beantwortung einer E-Mail gebeten. In der Mail fragte der Reporter unter anderem: "Was ist das für ein Gefühl zu ahnen, dass es da noch einen Schatz geben könnte?" Auf die Antwort, sagt Hamberger, habe der Redakteur aber nicht gewartet. Denn der Archivar schrieb nach eigenen Angaben nie zurück. Wochen später landete der Express-Artikel auf Hambergers Schreibtisch.

Der Archivar sagt, die Geschichte sei ihm schon deshalb peinlich, weil Zitate, die er von sich gegeben haben soll, inhaltlich Nonsens seien. "Ich habe mit dem Herrn nur kurz telefoniert. Es ging um Organisatorisches. Und dann zitiert er mich mit etwas, was ich nie sagen würde." Vergangene Woche wurde bekannt, dass der Express - wie andere Blätter des DuMont-Verlags - ein fingiertes Interview mit Michael Douglas veröffentlicht hatte. Nun das.

Wie Berndt Thiel, stellvertretender Chefredakteur der Zeitung, einräumt, basierte das falsche Foto auf einer Verwechslung mit einem Museumsdirektor gleichen Namens aus Unterfranken. "Das bedauern wir." Seinen Reporter nimmt er aber in Schutz: Hamberger habe sich wie zitiert geäußert.

Demnach hätte der Archivar etwa gesagt: "Wir leben hier womöglich auf einem der größten Schätze des Landes." Hamberger beteuert: "Das ist Unsinn." Schließlich habe er als Historiker kein Interesse daran, sich mit derlei aberwitzigen Behauptungen selbst zu diskreditieren.

Der Express zeigte auch ein Bild, das Kurfürst Maximilian von Bayern darstellen soll. In Wahrheit handelt es sich um Kaiser Maximilian, der lange vorher lebte. "Von solchen Journalisten kann man wohl nicht erwarten, dass sie den Habsburger Doppeladler auf dem Kaiserbildnis einordnen können", sagt Hamberger.

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