Kiosk-Rundschau:Was Männer lesen wollen

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Kiosk-Rundschau: Das Männermagazin als Marktlücke? So sieht es zumindest der Zeit-Verlag.

Das Männermagazin als Marktlücke? So sieht es zumindest der Zeit-Verlag.

(Foto: AleksandarNakic/iStockphoto)

Krise? Welche Krise? Ein neuer "Zeit Magazin"-Ableger will sich mit Optimismus auf dem Markt der Männerhefte etablieren. Doch die Konkurrenz im Zeitschriftenregal ist groß und divers.

Von Martin Wittmann

Zwei Jahre ist es her, dass die Zeit einen langen Text über und sicher auch für das "geschwächte Geschlecht" druckte. "Die Krise des Mannes ist am unteren wie am oberen Ende der Gesellschaft zu besichtigen", stand da, und als männlicher Leser hoffte man, sich irgendwo zwischen diesen Enden verstecken zu können, unbetroffen und unbehelligt. Ein feiger Reflex, der den Krisenvorwurf natürlich nur bekräftigt. Widerstand ist ohnehin zwecklos, sofern man keine Zeitmaschine hat, schließlich heißt es im Text recht pauschal: "Der moderne Mann befindet sich in Phase eins der Trauer über die verlorene Macht, in der Phase also, in der der Verlust noch geleugnet wird." Frauen redeten dagegen gern über Probleme, schreiben die Autorinnen. Das war im Jahr 2014.

Heute sagt Sascha Chaimowicz, Redaktionsleiter des neuen Zeit Magazin Mann: "Der Mann ist nicht in der Krise, unser Ansatz ist viel optimistischer." Diese Aussage ist nur auf den ersten Blick beruhigend, könnte sie doch zweierlei bedeuten: entweder, dass der Mann tatsächlich nicht (mehr) in der Krise ist; oder, dass Chaimowicz' Kolleginnen recht haben und der Mann sich diese Krise nicht eingestehen mag. Das alles ist ziemlich verwirrend.

Welche Lektüre sucht der moderne Mann heute?

Indes profitieren sollte von dieser Unsicherheit, die gleich fünfzig Prozent der Menschen betrifft, naturgemäß jener Markt, auf dem Antworten aller Art gehandelt werden: der Kiosk. Dort liegt das am Dienstag erstmals erschienene Halbjahres-Heft aus Hamburg nun zwischen allerlei Hochglanzmagazinen, die zwar einschlägig sind, aber keinesfalls einheitlich - bei den einen Männermagazinen erinnert der versprochene Glanz ans Leder edler Herrenschuhe, bei den anderen an den Schweiß einer saunierenden Kegelrunde.

Eine notwendige Bandbreite, um die Frage nach dem Wesen des Käufers zu beantworten: Welche Lektüre sucht der moderne Mann heute, da es leider nicht mehr reicht, nur Fährten zu lesen?

Da wäre etwa die Beef!, die den lästigen Fragezeichen erst mal ein Ausrufezeichen entgegenschreit. Die Zeitschrift für "Männer mit Geschmack" setzt wie keine andere auf Identifikation durch Abgrenzung. Dass dies heute ausgerechnet über Herd-Themen funktioniert, ist fast so komisch wie der Versuch der lukullischen Erotik. Beispiel aus der Ausgabe 4/2016, das Thema lautet "Knabbergebäck zum Selbermachen". Assoziationskette in der Redaktion: Salzstangen - Stangen - Tanzen an Stangen. Ergebnis: zehn Seiten mit Bildern überdimensionierter Knabberstangen, an denen sich Frauen in Unterwäsche und Pumps räkeln. Überschrift: "Steht!"

Jan Spielhagen, Chefredakteur der Beef!, hat ein erfrischend undifferenziertes Bild von seiner Zielgruppe: "Typisch für Männer ist, dass sie weniger Hobbys im Leben haben als Frauen, die erst große Lust am Volleyball haben, dann auf Yoga stehen, dann auf Ballett. Männer hingegen üben ihre Hobbys mit erstaunlicher Begeisterung aus. Etwa das Kochen. Kochen ist ein sehr männliches Hobby, weil es so viele handwerkliche Facetten hat, wenn etwa der ganze Unterarm ins Huhn muss, um es auszunehmen. Und das Sammeln spielt eine große Rolle." Weiter: "Wir wissen, dass unsere Leser den Moment suchen, in dem sie alle Zwänge los sind, in dem sie für sich sind, ohne Partnerin und Kinder, in dem sie sich nicht fragen, ob sie zu viel auf die Waage bringen, in dem sie keine E-Mails checken - das ist der Zustand, in den sie ihre Beef! versetzt."

Eine Art Paleojournalismus, für vom Alltag überforderte Grillfreunde. Oder eben beefiger gesagt: ein rundum fleischiges Heft für Würste.

Über die Sprache des Heftes sagt Spielhagen noch: "Wenn die Überschriften einen Tick zu sexistisch sind, dann waren das im Zweifel die Kolleginnen. Wir Männer sind ja schon gedrillt: Hau bloß nicht über die Stränge, sonst nehmen es dir die anderen übel." Der Jäger als Gejagter.

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