Justiz:Berichten, aber nur aus der Ferne

Justiz: Steine des Anstoßes: Aus dieser Luzerner Villa berichtete Jana Avanzini 2016 über Pläne, das leerstehende Gebäude für Alternativkultur zu öffnen. Eigentümer Jørgen Bodum klagte gegen Hausfriedensbruch.

Steine des Anstoßes: Aus dieser Luzerner Villa berichtete Jana Avanzini 2016 über Pläne, das leerstehende Gebäude für Alternativkultur zu öffnen. Eigentümer Jørgen Bodum klagte gegen Hausfriedensbruch.

(Foto: Isabel Pfaff)

Eine Schweizer Journalistin hat ein besetztes Haus in Luzern betreten, um darüber zu berichten. Nun wurde sie wegen Hausfriedensbruchs verurteilt.

Von Isabel Pfaff

Mehr als drei Jahre ist der Vorfall her, der vor Gericht in Luzern verhandelt wurde. Die Beschuldigte: die Journalistin Jana Avanzini. Die Klägerin: die Firma Bodum Invest AG, die dem dänischen Unternehmer Jørgen Bodum gehört. Der Inhaber der Haushaltswarenfirma hatte sie des Hausfriedensbruchs beschuldigt, weil sie im April 2016 eines seiner leer stehenden Häuser in Luzern betreten hatte, das linke Aktivisten besetzt hielten. Der Fall hat unter Journalisten in der Schweiz für Aufsehen gesorgt. Sie sahen die Medienfreiheit bedroht durch Bodum, der nicht nur die Hausbesetzer strafrechtlich verfolgen ließ, sondern auch die Journalistin, die für das Onlinemagazin Zentralplus berichtet hatte.

Am Freitag fiel das Urteil: Das Gericht verurteilte Avanzini wegen Hausfriedensbruchs zu einer Buße von 500 Franken, sie muss auch die Gerichtskosten und die Anwaltskosten der Klägerin tragen. Die Medienfreiheit könne zwar unter gewissen Umständen einen Rechtfertigungsgrund für strafbare Handlungen darstellen, heißt es in der Kurzbegründung des Urteils. "Dies gilt aber nur, wenn das öffentliche Interesse auf Informationen so schwer wiegt, dass sich die Begehung einer Straftat rechtfertigt. Das ist vorliegend nicht der Fall."

Das Bezirksgericht folgte damit der Argumentation des Anwalts von Bodum, der sein Plädoyer mit drei Bitten an den Richter einleitete: Er möge das Eigentumsrecht nicht aushöhlen, indem er Avanzini frei spricht; er solle das öffentliche Interesse an ihrer Reportage über die Besetzung nicht überbewerten; und er möge die Folgen einer Verurteilung für die Medien nicht dramatisieren. Das Unternehmen habe Berichte und Fotos stets toleriert, nur eben nicht das Betreten des Hauses - egal, durch wen.

Der Leerstand in der Obergrundstraße war schon vor der Besetzung ein Politikum. Die Häuser, darunter zwei im Besitz der Bodum Invest AG, stehen unter Ortsbildschutz. In Luzern kursiert das Gerücht, dass Jørgen Bodum die Häuser absichtlich verfallen lasse, um sie trotz Ortsbildschutzes abreißen zu dürfen.

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