Süddeutsche Zeitung

Orden für Al-Sisi:Judith Rakers gibt Opernball-Moderation ab

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Grund ist ein Orden, den die Organisatoren dem ägyptischen Präsidenten Abdel Fattah al-Sisi verliehen haben. Roland Kaiser will wie geplant durch den Abend führen.

"Märchenhaft rauschend" soll der Semperopernball am 7. Februar in Dresden werden, eine Live-Übertragung im MDR ist geplant, eine Lichtshow auf dem Theaterplatz, Solisten, Chöre und Orchester treten auf. Moderieren sollten den Abend, laut Ankündigung, Tagesschau-Sprecherin Judith Rakers und Schlagersänger Roland Kaiser. Rakers twitterte allerdings am Mittwoch, sie habe "um Auflösung des Moderations-Vertrages gebeten und warte noch immer auf Zustimmung". Die gab es später am Abend: Man habe "volles Verständnis für die Entscheidung von Judith Rakers, ihre Moderation abzugeben", teilte der MDR in Leipzig mit.

Grund für den Ärger ist der St.-Georgs-Orden, den die Organisatoren alljährlich vergeben. In diesem Jahr nicht auf dem Ball, sondern bereits vorab. Denn die Wahl war auf Ägyptens Präsidenten Abdelfattah al-Sisi gefallen. Ballvereins-Chef Hans-Joachim Frey war zur Überreichung bereits vergangenen Sonntag nach Kairo gereist. Al-Sisi war 2013 nach einem Militärputsch an die Macht gekommen und geht hart gegen Oppositionelle und Kritiker vor. Nach der öffentlichen Kritik entschuldigte Frey sich nun. Die Verleihung sei "ein Fehler" gewesen, teilte er am Dienstagabend mit. "Wir möchten uns für diese Preisverleihung entschuldigen und davon distanzieren."

MDR hält an Übertragung fest

Rakers hatte damals getwittert: "Mich irritiert diese Verleihung sehr". Aus dem "rauschenden kulturellen Ereignis", schrieb Kaiser auf Facebook, sei "ein politisches geworden". Er will aber wie geplant durch den Abend führen. Am Mittwoch schrieb er deshalb bei Facebook: Gemeinsam mit den Gästen auf der Bühne und im Publikum werde er beweisen, "dass das Herz des Semperopernballs für Pluralismus, Meinungs- und Pressefreiheit, Toleranz, Freiheit und Demokratie schlägt".

Der MDR will die Veranstaltung übertragen, distanzierte sich aber auch: Presse- und Meinungsfreiheit seien für den Sender ein unverzichtbarer Wert. "Genau das werden wir in unserer Sendung zum Semperopernball deutlich zum Ausdruck bringen und kritisch auf die Ehrung sowie die derzeitige Menschenrechtssituation in Ägypten schauen. Zugleich werden wir die künftige Zusammenarbeit mit dem Ballverein kritisch auf den Prüfstand stellen", kündigte der Sender an.

Semperopern-Intendant Peter Theiler kritisierte den Orden für al-Sisi ebenfalls. Die Oper sei bei den programmatischen Planungen des Opernball-Vereins nicht einbezogen. Der hatte 2009 bereits mit einer anderen umstrittenen Entscheidung Schlagzeilen gemacht: Damals wurde Russlands Präsident Wladimir Putin auf dem Ball mit dem Preis ausgezeichnet.

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SZ vom 30.01.2020 / SZ
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