Süddeutsche Zeitung

Jubiläum:Gut schaust aus

Die Zeitschrift "Gala" wird 25 Jahre alt und feiert mit Unterstützung bekannter Freunde - was nur fair ist. So gut wie von diesem Hochglanz-Magazin und seinen Fotografen werden Prominente sonst kaum behandelt.

Von Christian Mayer

Wer sich gelegentlich beim Kauf einer Hose in der Umkleidekabine betrachtet, kennt diesen irritierenden Anblick. Dieser Typ da mit der fahlen Haut, den dünnen Haaren und dem sich immer deutlicher abzeichnenden Doppelkinn - das bin ich? Oder liegt es nur am Spiegel, diesem Mistkerl? Wie viel hängt doch von der richtigen Beleuchtung ab, von der passenden Inszenierung, von der milden Kraft des Filters, um die kleinen Schwächen zu kaschieren: Das geht Supermodels genauso wie normalen Leuten. Allerdings haben Letztere meist keinen Starfotografen und keinen Make-up-Artisten zur freien Verfügung.

Die Zeitschrift Gala , die nach 25 Jahren in dieser Woche mit viel Bling-Bling und einer ungewöhnlich dickbäuchigen Ausgabe ihr Jubiläum feiert, versteht eine Menge davon, wie man den Betrachtern eine Illusion immerwährender Schönheit vermittelt. Und die Prominenten, die seit einem Vierteljahrhundert eine perfekt ausgeleuchtete Bühne in der Gala haben, wissen das offenbar zu schätzen. Wenn sie nicht gerade goldene Löffel gestohlen haben oder einen Scheidungskrieg führen müssen, findet sich immer ein sonniges Plätzchen im Hamburger Hochglanzblatt; in der Regel verzichtet man dort auch auf die Häme, die Prominenten sonst überall entgegenschlägt.

In der Jubiläumsausgabe sind denn auch alle versammelt. Heike Makatsch, Sibel Kekilli, Iris Berben, Ursula Karven und Veronica Ferres werfen sich in glamouröse Posen und bedanken sich für das wechselseitige Treueverhältnis. Désirée Nosbusch bringt es so auf den Punkt: Sie habe sich von der Zeitschrift "nie betrogen" und "immer richtig gesehen gefühlt". Wie viel Wert die Gala auf Aussehen legt, zeigt ein Rückblick auf die spektakulärsten Inszenierungen: "Brioni-Kanzler" Gerhard Schröder, der beim legendären Shooting 1998 mit dem Fotografen Peter Lindbergh in Wahrheit einen Anzug von Kiton trug; Franziska van Almsick, die als mondäne Modenixe in einem maroden Schwimmbecken an der Sprosse hing; Hape Kerkeling, der in seiner Heimatstadt Recklinghausen spontan den Metzger gab; oder auch Hannelore Kohl, die kess die Hände in die Hüften stemmte und in ihrem schwarzen Kostüm nie herausfordernder aussah als auf diesem Foto drei Jahre vor ihrem Tod.

Die Gala braucht die Prominenten. Sie nährt sich von den Gottschalks und Klums und Beckers. Aber brauchen die Prominenten noch die Gala? Schwer zu sagen, schließlich kann heute jeder auf Instagram noch viel effektvollere Fotos von sich in die Welt senden. Mit vielen Adelsgeschichten (aktuell: Windsor-Baby Archie zum Herausnehmen) und einer soliden Hollywood-Berichterstattung wehrt man sich in der Hamburger Redaktion gegen den Auflagenschwund. Im besten Jahr, 2005, verkaufte die Gala im Schnitt circa 385 000 Exemplare pro Ausgabe, zuletzt waren es eher um die 220 000. Man ist bescheidener geworden, in diesem beinharten Geschäft mit den wichtigsten Nebensächlichkeiten.

Aber jetzt darf erst mal gefeiert werden, bei der Gala und ihren Gratulanten. Also: Glitzerfummel anziehen, Bauch einziehen, und das schönste Gesicht für den Fotografen aufsetzen.

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Quelle:
SZ vom 18.05.2019
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