Raumpatrouille Orion:Das Traumschiff

Raumpatrouille - Die phantastischen Abenteuer des Raumschiffes Or

Im Dienst am Rande der Unendlichkeit: Raumpatrouille-Armierungsoffizier de Monti (Wolfgang Völz, v.l.), Kommandant McLane (Dietmar Schönherr), Sicherheitsoffizier Jagellovsk (Eva Pflug), Astrogator Atan Shubashi (Friedrich G. Beckhaus) und Leutnant Helga Legrelle (Ursula Lillig) von der Raumüberwachung.

(Foto: WDR/Bavaria)

Die legendäre deutsche Science-Fiction-Serie erzählte Mitte der 1960er-Jahre mit einer ganzen Menge Selbstironie ein Weltraummärchen von übermorgen. Eine Würdigung zum 50. Geburtstag.

Von Fritz Göttler

Das Bügeleisen auf dem Kontrollbord in der Kommandozentrale und die Steinplatten damals auf dem Münchner Königsplatz - sie werden immer mit dem schnellen Raumkreuzer Orion assoziiert bleiben. Wochenlang hatten sie 1966 in keinem Vorbericht gefehlt, als Belege für die Wendigkeit der Ausstatter und Trickleute, die bei der Bavaria den Raumkreuzer in Fahrt brachten für die siebenteilige Science-Fiction-Serie. Die Platten auf dem Königsplatz stellten den Boden für die Abflugrampe, auf und über den in diffizilen Trickverfahren Mechaniker und Raumschiffe kopiert wurden. Das Bügeleisen signalisierte auch jenen Grad an Selbstironie, ohne den dieses wahnwitzige Projekt - 360 000 Mark pro Folge war für TV-Verhältnisse viel, für ordentliche Science-Fiction doch eher beschränkt - durchziehen konnte. Zur gleichen Zeit bastelte Stanley Kubrick an seiner sagenhaften Kinoproduktion 2001 - Odyssee im Weltraum, der Ironie nicht im Übermaß zu eigen ist.

Als Koproduzent fungierte bei der Raumpatrouille der französische ORTF, für den wurde etwa in der fünften Folge "Der Kampf um die Sonne" die Herrscherin eines Frauenplaneten alternativ mit einer französischen Actrice besetzt, sodass den Fernsehzuschauern dort die großartige unterkühlte Margot Trooger entging.

Viele haben die Serie damals geliebt, und sie hat beim Wiedersehen nichts von ihrer sehr individuellen Atmosphäre verloren. Der Zauber fing mit dem Vorspruch an, zur Musik von Peter Thomas, der jede der sieben Folgen einleitete: "Was heute noch wie ein Märchen klingt, kann morgen Wirklichkeit sein. Hier ist ein Märchen von übermorgen: Es gibt keine Nationalstaaten mehr. Es gibt nur noch die Menschheit und ihre Kolonien im Weltraum. Man siedelt auf fernen Sternen. Der Meeresboden ist als Wohnraum erschlossen. Mit heute noch unvorstellbaren Geschwindigkeiten durcheilen Raumschiffe unser Milchstraßensystem . . . Begleiten wir die Orion und ihre Besatzung bei ihrem Patrouillendienst am Rande der Unendlichkeit." Die Mannschaft der Orion war international gemischt, eine heute utopische Idylle. Mit dem Bordingenieur Hasso Sigbjörnson ist für immer die raue Stimme von Claus Holm verbunden - erst später entdeckten wir die stoischen Figuren, die er im deutschen Kino der Fünfziger gespielt hatte.

Die intellektuelle TV-Kritik damals war eher ungnädig mit der Serie. "Ödes Raum-Feldwebel-Denken" wurde diagnostiziert, und auch Georg Seeßlen wollte nur das simple Muster vom tapferen Kämpfer für eine gute Weltordnung im Commander Cliff Allister McLane erkennen - wie Dietmar Schönherr ihn verkörperte, mit seiner ganz eigenen Mischung aus Macho, Miefigkeit und Aufmüpfigkeit, das hatte durchaus Klasse, zumal im Gegenspiel mit der blonden Eva Pflug als Tamara Jagellovsk - ach, diese Namen! -, die ihm als Sicherheitsoffizier zugeteilt war. Raumpatrouille, das bedeutete ja Degradierung - keine stolzen Eroberungsflüge mehr weit ins All, nur öder Tagesdienst. Die Orion-Leute waren Underdogs, heruntergestuft von der Bürokratie. Ein Märchen von übermorgen, das uns, die Zuschauer ernst nahm in seiner pathetischen Subversivität. Da war ein Hauch von '68 schon in den Weiten des Alls zu spüren.

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