Journalismus:Wenn Milliardäre Zeitungen kaufen

Von "Le Monde" bis zu "The Atlantic": Die Reichen haben in den vergangenen Jahren die Zeitungsbranche für sich entdeckt. Eine Übersicht.

1 / 6

Time Magazine

September 17 2018 File Photo MARC BENIOFF the billionaire CEO of Salesforce and his wife Ly

Quelle: Javier Rojas/imago/ZUMA Press

Time sei "eine Schatzkiste unserer Geschichte und unserer Kultur", es habe "einzigartige Geschichten", schwärmte Marc Benioff, 53, Anfang dieser Woche. Der Milliardär und Gründer der kalifornischen Softwarefirma Salesforce kauft zusammen mit seiner Frau Lynne das traditionsreiche amerikanische Magazin für 190 Millionen Dollar. Time hatte zuletzt wie viele andere Wochentitel mit einem starken Rückgang der Werbeeinnahmen und der Auflage zu kämpfen und konnte digital nur schwer Fuß fassen. Bekannt ist unter anderem die alljährliche Wahl der "Person des Jahres". Der Verkauf soll bald abgeschlossen sein. Offen ist, was Benioff genau vor hat. Man würde sich nicht in den redaktionellen Alltag einmischen, versprach das Paar. Caspar Busse

2 / 6

Los Angeles Times

Patrick Soon-Shiong

Quelle: Evan Vucci/AP

Patrick Soon-Shiong hat einen Plan, der so verrückt klingt, dass er funktionieren könnte: Er will junge Leute für Journalismus begeistern, für den Unterschied zwischen Fakt und Fake, und das will er nicht mit Papier oder einem Online-Portal tun. "Wir müssen eine Medienmarke mit allem Drum und Dran werden", sagt der Chirurg und Gründer mehrerer Biotech-Firmen (Foto: AP), dessen Vermögen auf 6,7 Milliarden Dollar geschätzt wird. Auf dem neuen Campus der Los Angeles Times, die ihm seit einigen Monaten gehört, soll neben der Redaktion eine E-Sport-Liga, Podcast-Studios, eine Veranstaltungsarena und ein Trainingsgelände für das Computerspielteam der Los Angeles Lakers sein. "Wir müssen dahin, wo die jungen Leute sind", sagt er. Jürgen Schmieder

3 / 6

Les Echos

-

Quelle: ERIC PIERMONT/AFP

Der reichste Unternehmer des Landes kauft sich die beste Wirtschaftszeitung des Landes. Vor dieses Szenario sah sich 2007 das französische Blatt Les Echos gestellt. Die Mitarbeiter wehrten sich mit einem Streik gegen die Übernahme durch den Milliardär Bernard Arnault (Foto: AFP) - doch der setzte sich durch. Der enge Freund des damals neuen Präsidenten Nicolas Sarkozy ließ nun nicht mehr nur Champagner (Moët) und Handtaschen (Louis Vuitton) herstellen, er gönnte sich auch sein eigenes Medienhaus. 2015 kaufte Arnault noch den Parisien, eine schmale Zeitung, die zuverlässig die Themen des Tages setzt. Die befürchtete Instrumentalisierung des Blattes für Sarkozys Zwecke blieb aus, der Ex-Präsident scheiterte an der Kandidatur 2017. Nadia Pantel

4 / 6

Le Monde

-

Quelle: Francois Mori/AP

Von 1944 bis 2010 war Frankreichs linksbürgerliches Vorzeigeblatt die Ausnahme auf dem Zeitungsmarkt: Sie gehörte anteilig den Redakteuren. Die sorgten zwar für hervorragende Inhalte, nicht jedoch für schwarze Zahlen. 2010 hatte Le Monde schließlich 150 Millionen Euro Schulden und musste sich einen Investor suchen. Dem damaligen Präsidenten Nicolas Sarkozy wird nachgesagt, dass er sofort seine reichen, konservativen Freunde für einen Kauf in Stellung brachte. Doch die Redakteure entschieden sich für ein Gegenangebot aus dem linken Lager. Der Internet-Unternehmer Xavier Niel (Foto: AP) kaufte das Blatt gemeinsam mit Mode-Mäzen Pierrre Bergé und dem Banker Matthieu Pigasse. Dem Ruf der Zeitung hat das nicht geschadet. Nadia Pantel

5 / 6

Boston Globe

575418373

Quelle: Oli Scarff/AFP

Ein Kinofilm hat der Zeitung vor drei Jahren ein Denkmal gesetzt: Spotlight beruht auf wahren Gegebenheiten und handelt von einem Team von Journalisten der Tageszeitung Boston Globe, das den sexuellen Missbrauch in der römisch-katholischen Kirche in der Millionenstadt an der Ostküste aufdeckte. Die liberale Tageszeitung wurde schon 1872 gegründet und gehörte seit 1993 zur New York Times. Als die 2013 verkaufte, stieg der liberale Unternehmer John W. Henry (Foto: AFP) ein. Der 69-Jährige ist mit Handelsgeschäften reich geworden und legt sein Geld gern in Prestigeprojekten an. Ihm gehört unter anderem der traditionsreiche Baseball-Klub Boston Red Sox und der Fußballverein in Liverpool, der von Jürgen Klopp trainiert wird. Caspar Busse

6 / 6

The Atlantic

Laurene Powell Jobs

Quelle: Ron Sachs/picture alliance

Der größte Luxus heute: Anonymität. So erklärt sich, warum Laurene Powell Jobs ihre Stiftung nicht nach ihrem verstorbenen Mann, Apple-Gründer Steve Jobs benannt hat, sondern nach ihrem Lieblingsschriftsteller Ralph Waldo Emerson. Der war vor 160 Jahren einer der Gründern der Zeitschrift The Atlantic. Jobs (Foto: Pool) spricht ungern über sich, Mitarbeitern schickte sie mal ein Memo, in dem stand, gute Taten sollten anonym bleiben. 2017 hat sie die Mehrheitsanteile am linksliberalen The Atlantic übernommen. Das profitable Blatt hat den Sprung in die Digitalisierung gemeistert und mit exzellenten Recherchen an Relevanz gewonnen. Jobs lässt die Redaktion in Ruhe arbeiten und betont, wie wichtig unabhängiger Journalismus sei. Jürgen Schmieder

© SZ.de
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: