US-Nachrichtensender Fox:Bitte mehr Wut

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Eine Nachrichtensendung weniger, dafür mehr Meinung: Unter den sechs Kommentatoren, die nun auf Fox News um einen Sendeplatz konkurrieren, ist auch Katie Pavlich. (Foto: Pablo Martinez Monsivais/AP)

Eine Kündigungswelle zeigt: Im Richtungsstreit bei Fox News scheinen die skrupellosen Meinungsmacher über den Journalismus zu triumphieren.

Von Kathleen Hildebrand

Wer sich gefragt hat, wie Donald Trumps langjähriger Lieblingssender Fox News sich nach dessen Wahlniederlage positionieren würde, hat am Dienstag dieser Woche die Antwort bekommen. Am letzten Amtstag des scheidenden Präsidenten wurden 20 Mitarbeiter aus der Nachrichtenredaktion des konservativen Senders entlassen. Was die Personalien zeigen, ist klar: Fox News wird in der Zeit nach Trump auch weiter auf dessen Seite stehen.

Unter denen, die gehen müssen, ist zum Beispiel der langjährige Politikredakteur Chris Stirewalt. Er hatte in der Wahlnacht die Entscheidung der Fox-News-Statistiker verteidigt, den US-Bundesstaat Arizona nach ersten Erhebungen für Joe Biden gewonnen zu geben. Alle anderen Medien außer Fox hatten damit noch Tage gewartet. Viele Zuschauer waren entrüstet, Trump und sein Team sollen außer sich gewesen sein vor Zorn. Doch auch wenn Bidens Sieg in Arizona dann einigermaßen knapp ausfiel: Die Fox-Prognose stimmte. Trump kritisierte den Sender in den folgenden Wochen immer wieder für das, was er schon länger als mangelnde Loyalität empfand: eine verhältnismäßig objektive Berichterstattung.

Die beiden Moderatoren Chris Stirewalt und Bill Sammon sind bei Fox nicht mehr auf Sendung

Auch in den Tagen nach der Wahl, als Trump seine Anwälte gegen die Wahlergebnisse in mehreren Bundesstaaten in Stellung brachte und anfing, seine Lüge von der "gestohlenen Wahl" zu verbreiten, beharrte Chris Stirewalt auf den Fakten. "Lawsuits schmawsuits", sagte er in einer Sendung - die Klagen seien Quatsch. Es gebe bislang keinerlei Beweise dafür, dass bei der Wahl irgendetwas nicht mit rechten Dingen zugegangen sei. Die saloppe Formulierung, ausgerechnet von einem Reporter des Trump-treuen Senders, wurde erstaunt überall zitiert. Der New York Times zufolge war Stirewalt seit dem 16. November nicht mehr im Fernsehprogramm von Fox News zu sehen.

Von den bekannten Gesichtern des Senders scheint es außerdem Bill Sammon getroffen zu haben. Der leitende Redakteur des Washingtoner Büros teilte seinen Mitarbeitern am Montag mit, dass er in den Ruhestand gehen würde.

Zugleich wurde der wichtige Sendeplatz zwischen sieben und acht Uhr am Abend umgewidmet. Statt einer Nachrichtensendung soll dort in Zukunft ein weiteres Meinungsformat zu sehen sein. Sechs Kommentatoren werden den Sendeplatz in den kommenden Wochen testweise füllen, darunter Maria Bartiromo, die maßgeblich an der Verbreitung von Falschinformationen über die angeblich manipulierte Präsidentschaftswahl beteiligt gewesen ist.

Nach der Wahl brachen die Zuschauerzahlen ein - offenbar ein Grund, dass Fox nun die erfolgreiche Meinungssparte stärken will

Fox News stand nach der Wahlnacht am Scheideweg: Würde man versuchen, die verärgerten Trump-Fans zu halten, oder eine gewisse Kehrtwende hin zur seriösen Berichterstattung machen, wie es viele Journalisten im Haus sich schon lange wünschen?

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Lange war Fox News für seine Treue zum Präsidenten bekannt - in der Wahlnacht berichtet es nahezu objektiv. Im Weißen Haus ist der Zorn groß.

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Doch nach der Wahl brachen die Zuschauerzahlen spürbar ein. Viele aus dem Fox-News-Publikum wanderten ab zur erstarkenden Konkurrenz von Nachrichtensendern wie Newsmax und One America News Network. Die stehen noch weiter rechts als Fox und verbreiten ohne Skrupel die Verschwörungstheorien von Trump und seinen Getreuen. Diese Entwicklungen haben nun offenbar zur Entscheidung geführt, bei Fox die erfolgreiche Meinungssparte zu stärken, in der hochbezahlte und einflussreiche Kommentatoren wie Tucker Carlson, Sean Hannity und Laura Ingraham das Lied der Trump-Loyalisten singen.

Der Washington Post sagte der frühere Fox-Reporter Carl Cameron, der Sender wolle seine konservative Basis wieder aufbauen. "Sie werden denen dienen, die sie groß gemacht haben. Die Konservativen werden hören wollen, was Biden alles falsch macht."

Es sieht so aus, als hätten die Krawallmacher bei Fox über den seriösen Journalismus, den es dort durchaus auch gibt, gesiegt. Im Versuch, die verlorenen Zuschauer zurückzugewinnen, könnte der Ton in den Monaten nach dem Regierungswechsel sogar noch einmal schärfer werden.

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