Rechsstreit um "Das Boot":Und sie zahlen doch

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Endlich angemessen bezahlt: Kameramann Jost Vacano vor dem Modell der U-96 in der Bavaria-Filmstadt. (Foto: Privat)

Vierzehn Jahre lang hat Kameramann Jost Vacano einen Prozess um eine angemessene Gewinnbeteiligung am Klassiker "Das Boot" geführt. Jetzt fließt Geld.

Von Tobias Kniebe

Es geht um weit mehr als um ein umstrittenes Honorar aus der grauen Vorzeit des deutschen Films. Wie die Münchner Unternehmen Bavaria Film und Eurovideo Medien am Dienstag gemeinsam bekannt gaben, zahlen sie dem Kameramann Jost Vacano nachträglich zusammengenommen fast eine halbe Million Euro plus Zinsen für seine Arbeit an dem Film "Das Boot".

Damit wird ein wegweisender Rechtsstreit beendet, der seit 2008 vor verschiedenen deutschen Gerichten ausgetragen wurde, und in den auch die ARD involviert war, die bereits letzten Juli mit Vacano zu einer Einigung kam. Zuletzt war das Oberlandesgericht München in dem Prozess gegen die beiden Unternehmen der Argumentation Vacanos gefolgt, sein ursprüngliches Honorar von nur 100 000 Euro sei lächerlich gewesen angesichts des Erfolgs von "Das Boot", und eine Nachhonorierung sei überfällig. Der Film eroberte 1981 die Welt und ist bis heute in Fernsehwiederholungen und DVD-Auswertungen präsent.

"Letztlich hat es mir viele Jahre meines Lebens geraubt", sagt der Kläger Jost Vacano

"Die freiwillige Beendigung der juristischen Auseinandersetzung erfolgt in Anerkennung der einmaligen Leistungen von Jost Vacano bei der Produktion", schreiben Bavaria und Eurovideo. Eine Anerkennung allerdings, die die beiden Unternehmen lange kategorisch verweigert haben, und eine Freiwilligkeit, die es ohne die Entscheidungen der Gerichte nie gegeben hätte. Die Unternehmen fürchteten, einen Präzedenzfall für Nach-Honorierungen zu schaffen, durch den in Zukunft zahlreiche Einmal-Vergütungen von Filmschaffenden wieder aufgedröselt werden müssen.

Welche Bezahlung ist für den Kameramann angemessen? Szene aus "Das Boot". (Foto: dpa)

So kam es auch. Ausgelöst durch Vacanos Musterprozess gab es 2020 ein Grundsatzurteil des Bundesgerichtshofs, bei dem der sogenannte "Fairnessparagraf" im Urheberrechtsgesetz von 2002 eine große Rolle spielte, der Kreativen eine angemessene Beteiligung am Erfolg zusichert, wenn ihre Vergütung in einem "auffälligen Missverhältnis" zum Erlös eines Films steht. Ein weiterer Prozess, in dem es um ein viel zu geringes Honorar geht, wird derzeit zwischen dem Produzenten, Regisseur und Hauptdarsteller Til Schweiger und seiner Autorin Anika Decker um die Filme "Keinohrhasen" und "Zweiohrküken" ausgetragen. Auch hier folgte ein Berliner Gericht zuletzt Deckers Forderung, sie brauche Einsicht in die Gewinne des Films wegen möglicher Nachforderungen.

Für Jost Vacano kommen die 270 000 Euro zuzüglich Zinsen und Umsatzsteuer von der Bavaria und die 192 000 Euro zuzüglich Zinsen und Umsatzsteuer von Eurovideo nun reichlich spät. Sie decken, wie er der SZ in einem Interview verriet, nur ungefähr seine Prozesskosten. Aber darum ging es ihm zuletzt nicht mehr. "Die Tatsache, dass nicht nur Kameraleute, sondern auch Cutter oder Ausstatter in der Filmwelt am Erfolg ihrer Werke beteiligt werden, war das Ziel. Das hat es vorher nie gegeben und ist, soweit ich weiß, weltweit einzigartig", sagte der 87-Jährige.

"Ich wollte meinen Beruf und die Berufe der anderen künstlerischen Gewerke stärken. Letztlich hat es mir viele Jahre meines Lebens geraubt", ergänzte er. "Aber die Tatsache, dass Dämme gebrochen werden, ist für mich persönlich ein großer Erfolg."

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