Johannes B. Kerner und das ZDF:Laues Lüftchen

Deutschlands Beste!; Johannes B. Kerner

Johannes B. Kerner moderiert Deutschlands Beste!

(Foto: ZDF)

Zu Sat 1 geflüchtet, reumütig zurückgekehrt und mittlerweile wieder im Wegmoderier-Modus: Johannes B. Kerner präsentiert im ZDF die zweiteilige Show "Deutschlands Beste!". Und träumt dabei vielleicht ein wenig von der Fußball-WM 2018.

Von Matthias Kohlmaier

Johannes B. Kerner ist eigentlich Sportmoderator. Bundesliga, Champions League, was eben so an Highlights anfällt. Was will der Mann also in Deutschland, während in Brasilien eine Fußball-WM stattfindet? Der müsste doch auf dem ARD/ZDF-Studiobalkon hoch oben über der Copacabana stehen und mit Oli Kahn über Jogi Löw plaudern. Oder wenigstens im Quartier der DFB-Elf mit Jogi Löw über Jogi Löw plaudern.

Aber nein, Johannes B. Kerner muss zu Hause bleiben und die gefühlt millionste Sendung moderieren, in der nach irgendwelchen Kriterien die obersupertollsten Menschen dieses Landes gekürt werden. Deutschlands Beste! heißt die Show, die sich im ZDF über zwei Tage erstreckt: Am Mittwochabend waren die 50 besten Männer des Landes dran, donnerstags folgen die 50 besten Frauen der Nation.

Auf Sportentzug ist Kerner, weil er fremdgegangen ist mit Sat 1. 2009 hatte er seinen Haussender ZDF verlassen und war mit seiner Gesprächssendung Kerner zur privaten Konkurrenz gewandert, jener Konkurrenz, die zu der Zeit auch noch die TV-Rechte an der Fußball-Champions League hielt. Die Zuschauer von Kerners Talk wollten ihm aber nicht zum neuen Sender folgen, zur Saison 2012/13 verlor Sat 1 auch noch die Übertragungsrechte für die Champions League - ausgerechnet an das ZDF.

Und so ist Kerner nun wieder zurück beim Zweiten Deutschen Fernsehen und muss sich in der fußballerischen Hackordnung offenbar ganz hinten anstellen. Beim Mainzer Sender hat man ihn gewiss wieder gern aufgenommen, als souveränen Wegmoderierer von Rate-, Gala- und sonstigen Prime-Time-füllenden Sendungen. Umso angenehmer für alle Beteiligten, dass Kerner Deutschlands Beste! unter dem Titel Unsere Besten quasi schon von 2003 bis 2008 im ZDF moderiert hat.

Das Prinzip der Show am Mittwochabend ist schnell erklärt: Einige Prominente werden auf eine Couch gesetzt, im Hintergrund läuft ein Countdown von Platz 50 bis Platz eins mit Persönlichkeiten, die bei einer "repräsentativen Forsa-Umfrage" sowie bei "einem großen Online-Voting" als angeblich beste (noch lebende) Deutsche ermittelt worden sind. Hin und wieder erzählen die Couchsitzer ein paar Anekdoten, der Moderator macht laue Witzchen, das Übliche. Es ließe sich nun einwenden, dass Oli Geissens Ultimative Chartshow auf RTL exakt genauso funktioniert. Ja, tut sie, aber rein theoretisch muss sich das Fernsehen ja auch nicht an jedem Mittwochabend neu erfinden, um den Zusehern ein wenig Kurzweil zu verschaffen.

"Das schwache Geschlecht möge beginnen"

"Lasset uns beginnen", ruft Kerner seinem Publikum also nach dem obligatorischen Begrüßungsapplaus zu. Nun wäre ein Eisbrecher gut, um die Claqueure ein wenig auf den launigen Abend einzustimmen, und Achtung, hier kommt er schon. Man beschäftige sich erst mit den Männern, erklärt Kerner, weil sich die Redaktion gedacht habe: "Das schwache Geschlecht möge beginnen."

Um die konstante Präsenz ähnlicher Brüller sicherzustellen, ist Kerner der Komiker Olaf Schubert, den man witzig finden kann, aber nicht muss, zur Seite gestellt worden. Er beurteilt die Präsenz von Philipp Lahm unter den 50 besten Männern Deutschlands wenig später humoristisch präzise: "Das ist ja ein großes Ranking, da freue ich mich, dass auch an die Kleinen gedacht wurde." Treffer, versenkt.

Auf etwa diesem nicht weiter zu diskutierenden Niveau plätschert die Show 100 Minuten dahin. Um ein wenig hip rüberzukommen, zwingt Kerner zwischendurch seinen Couch-Gast Claus Kleber, mit dessen Handy ein Foto zu schießen und selbiges live in der Sendung zu twittern. Am Ende wird Helmut Schmidt als wichtigster, Pardon, bester Deutscher präsentiert, Günther Jauch verpasst als Vierter nur ganz knapp einen Platz auf dem Siegertreppchen.

Fernsehen wie ein laues Lüftchen ist das. Eigentlich ist es so windstill, wäre man tatsächlich auf hoher See, man bräuchte wohl ein Paddel, um ein wenig vom Fleck zu kommen. Kaum zu glauben, dass sich irgendwer, der Teil eins gesehen hat, am Donnerstagabend auch noch Teil zwei mit den wichtigsten, Pardon, besten Frauen Deutschlands antut.

Johannes B. Kerner wird das kaum bekümmern, er moderiert einfach weiter, wie er das immer getan hat. Außerdem sei er "von Hause aus Sportreporter", hat er gerade im Interview mit der Rheinischen Post gesagt. Vielleicht träumt er also während der Moderation altbekannter Showware wie Deutschlands Beste! ein wenig von 2018. Dann findet in Russland die nächste Fußball-WM statt.

Deutschlands Beste!, ZDF, 20.15 Uhr

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