Es ist sein Scoop des Jahres 2010: Johannes B. Kerner ist mit dem Bundesverteidigungsminister und dessen Gattin nach Afghanistan gereist - und will dort eine TV-Sendung mit Karl-Theodor zu Guttenberg und dort stationierten Soldaten aufzeichnen. Die Ministergattin wird laut Sender keine Rolle spielen. Die Aufnahme, ein "Kerner Spezial" soll kommenden Donnerstag gezeigt werden - gewissermaßen als seine wöchentliche Sendung auf Sat1.
Graue Pullover, kleiner Talk: Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg unterhält sich mit Moderator Johannes B. Kerner (links) auf dem Flug nach Afghanistan.
(Foto: dpa)Das dürfte den Moderator erfreuen. Denn seit seinem Wechsel ins Privatfernsehen hat Kerner unter eher schwachen Quoten und nicht zuletzt auch unter Renommee-Verlust zu leiden. Die Quoten aber dürften mit einem Guttenberg-Talk gesichert sein und Siegerimage ausstrahlen.
Denn das dachte sich offenbar schon Thomas Gottschalk, der in seinem Jahresrückblick "Menschen 2010" am Sonntagabend den Verteidigungsminister auf seine Coach holte. Und wer auf Gottschalks Jahresrückblickbank Platz nimmt, muss wohl allein schon deswegen Gewinner des Jahres sein. Anders herum bedeutet das: Wer nicht mehr Gewinner ist, darf auch nicht mehr zu Gottschalk kommen. Schließlich hat vor einem Jahr Außenminister Guido Westerwelle bei ihm Platz genommen. Doch der Vizekanzler, mittlerweile mit einem leicht ramponierten Image, durfte nun eben nicht mehr zu Gottschalk kommen, sondern musste im Jahresrückblick von RTL-Kollege Günther Jauch auftreten. Eine Sendung, in der wiederum auch TV-Tussi Daniela Katzenberger zu Wort kam. Ein herber medialer Abstieg.
Es ist jedes Jahr das gleiche Spiel: Jahresrückblicke und ihre Gäste. Damit liefern sich Sender und Moderatoren einen kleinen Machtkampf. Welcher begehrte Gast kommt zu welchem Sender? Wann wird gesendet? Und worüber wird gesprochen?
Heldenbilder aus dem Camp
Den Wettlauf um den - zeitlich betrachtet - ersten Jahresrückblick hatte allerdings Johannes B. Kerner gewonnen. Er sendete weit vor Jauch (RTL) , Gottschalk (ZDF) und Tom Buhrow (ARD) bereits am 2. Dezember. Als Politiker empfing er die Ministerpräsidentin von Nordrhein-Westfalen, Hannelore Kraft, und den strahlenden Verlierer der Bundespräsidentenwahl Joachim Gauck. Keiner der Bundesminister war da.
Doch was ist ein Platz auf der Couch verglichen mit einer Talkshow im Camp? Und so reiste Kerner offenbar als Medienvertreter in Guttenbergs Flieger mit. Ob seine etwa 20-köpfige Crew auch in der Ministermaschine reiste, war nicht zu erfahren. Über den Inhalt der Show, die zur Stunde, also am Montagmorgen, aufgezeichnet wird, ist bislang wenig bekannt. Nur so viel: Das Publikum wird aus Soldaten bestehen und es wird Videobeiträge, sogenannte Einspieler, geben, in denen Soldaten zu Wort kommen.
Man kann sich auch gut vorstellen, dass es einen Schnitt auf Kerner gibt, der heldenhaft in Panzerweste neben dem Verteidigungsminister durchs Camp im Krisengebiet schreitet. Man kann sich auch staatstragende Worte des Verteidigungsministers in einem strengem Tonfall vorstellen und Gefühlvolles mit Soldaten. Kerner, dem das Emotionale ohnehin liegt, dürften diese Heldenbilder aus dem Camp also sehr gelegen kommen.
Schade nur, dass er sein eigenes Meisterstück nicht mehr in einem Jahresrückblick verarbeiten kann. Solche Bilder hätte man doch gerne ein weiteres Mal gezeigt.