Berliner Rundfunk:Wahlkrampf

Kombo: Marion Brasch und Jörg Thadeusz

Zwischen den Stühlen? Marion Brasch und Jörg Thadeusz.

(Foto: Holger John/Imago/Viadata)

Der rbb-Moderator Jörg Thadeusz schreibt für ein FDP-Magazin: Schlimm?

Von Verena Mayer

Den Moderator Jörg Thadeusz kennt man für sein meinungsstarkes Auftreten. Er stellt nicht nur für den Sender rbb Politikern und Prominenten kritische Fragen, er äußert sich auch gerne in Kolumnen. Zuletzt über das Leben in Berlin. Die Bildung sei schlecht, die Behörden unmöglich, Dinge wie der Google-Campus würden verhindert, während ein Volksbegehren für die Enteignung von Immobilienunternehmen enormen Zulauf finde. Thadeusz' Fazit: "strauchelnde Staatlichkeit" im "mies regierten Berlin".

Das kann man bestimmt so sagen - allerdings tat Thadeusz das in einer zweiseitigen Kolumne, die in einer Publikation namens "Chancen - Das Magazin vor der Wahl" erschien. Herausgegeben von der Berliner FDP, die nach der Abgeordnetenhauswahl am 26. September eine größere politische Rolle spielen will. Für den Sender ist damit eine "Grenze überschritten", wie es auf SZ-Anfrage heißt. Zwar haben rbb-Bedienstete der Geschäftsordnung zufolge das Recht, sich in ihrer Freizeit politisch zu engagieren. Aber es sei zu vermeiden, dass der Sender damit in Verbindung gebracht wird, insbesondere in Wahlkämpfen.

Man habe sich die Entscheidung "nicht einfach" gemacht, heißt es vom rbb

Thadeusz hat nicht das erste Mal Ärger dieser Art: 2017 moderierte er eine CDU-Wahlkampfveranstaltung mit Angela Merkel. Dabei wies er auf seine Arbeit im rbb hin, was der Sender ausdrücklich missbilligte. Die Frage ist nun, was daraus folgt. Für feste und freie Mitarbeitende des rbb gilt: Wer sich an einem Wahlkampf beteilige, dürfe in den sechs Wochen vor einem Wahltermin nicht auf Sendung gehen. Was hieße, dass Thadeusz sein Format Thadeusz und die Beobachter vor der Berlin-Wahl nicht moderieren dürfte. Das soll er aber, was in Berlin einiges Unverständnis auslöst. Beim rbb heißt es dazu, dass in der Sendung "ausschließlich verschiedene Journalisten mit unterschiedlichen Positionen und Haltungen zu Gast" seien. Dieses Spektrum spiegle eine "breite Meinungsvielfalt" und stehe daher "in besonderer Weise für politische Kontroverse". Mit Jörg Thadeusz sei verabredet, dass er sonst keine weiteren Verpflichtungen im rbb übernimmt. In der Sendung werde er zu seiner Veröffentlichung zudem selbst Stellung nehmen.

In einem anderen Fall griff der Sender härter durch. Die Radiomoderatorin Marion Brasch, die einen Wahlaufruf von Kulturschaffenden für den linken Spitzenkandidaten Klaus Lederer unterzeichnete, darf bis zur Wahl nicht mehr on air sein. Auf die Frage, wie man zu der unterschiedlichen Behandlung komme, heißt es aus dem Sender lediglich: Man habe sich die Entscheidung "nicht einfach" gemacht, den Einzelfall betrachtet und Thadeusz den Standpunkt des Senders "deutlich vermittelt". Thadeusz selbst schreibt: Es gebe Regeln in öffentlich-rechtlichen Sendern, nämlich dass er als Journalist in keinerlei Wahlkampf-Umfeld in Erscheinung zu treten habe. "Das habe ich außer Acht gelassen, insofern ist die Kritik des Senders berechtigt. Ich werde das für die Zukunft beherzigen."

Zur SZ-Startseite
Trotz Verbots: Tausende protestieren in Berlin gegen Corona-Politik

SZ PlusPressefreiheit
:"Ich habe fast 250 Demonstrationen besucht und weiß, wo meine Grenzen sind"

Immer wieder werden Journalisten auf Querdenker-Demos bedrängt, beleidigt und bedroht. Jörg Reichel dokumentiert solche Übergriffe - was für ihn nicht ungefährlich ist. Unterwegs mit einem, der sich nicht aufhalten lässt.

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: