Die Feigheit des einen ist der Triumph der anderen. Nachdem die Washington Post, neben der New York Times die wichtigste Zeitung der USA, am vergangenen Freitag, elf Tage vor der Präsidentschaftswahl, bekanntgegeben hatte, dass sie mit einer fast 50-jährigen Tradition brechen und diesmal keine Wahlempfehlung aussprechen wolle, brach ein Sturm los. Innerhalb von 24 Stunden hatten 2000 Leserinnen und Leser ihr Abonnement gekündigt, wie die Webseite des National Public Radio (NPR) mit Berufung auf Mitarbeiter der Zeitung meldete. „Statistisch“ sei das nicht relevant, ließ sich ein Unternehmenssprecher vernehmen, aber bis Montagmittag hatte sich die Zahl bereits mehr als verhundertfacht, am Dienstag gingen weitere Zehntausende Kündigungen ein. Die zeitungslesende Öffentlichkeit wollte diese Entscheidung nicht hinnehmen, die sie als Einknicken vor Donald Trump verstand, der wiederholt angekündigt hatte, dass er sich an seinen Feinden rächen werde.
„Washington Post“ und US-Wahl:Folge dem Geld
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Die „Washington Post“ gibt erstmals seit 50 Jahren keine Wahlempfehlung ab, 250 000 Leser kündigen ihr Abo. Was sagt „Post“-Verleger und Amazon-Eigner Jeff Bezos dazu?
Von Willi Winkler
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