Jason Priestley in "Private Eyes":Vom Teenieschwarm zum Detektiv

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Jason Priestley in seiner neue Serie Private Eyes. (Foto: mauritius images)

Mit "Beverly Hills, 90210" wurde Jason Priestley in den Neunzigern zum Teenie-Idol. Jetzt stellt er eine neue Serie vor und findet es beängstigend, was damals geschah.

Von Kathrin Hollmer

Da entwickelt man eine neue Serie, dreht monatelang, fliegt für die Deutschland-Premiere nach München. Und alles, was die Leute interessiert, ist die Rolle, die Jason Priestley zuletzt vor mehr als 18 Jahren gespielt hat. Jason Priestley, das war der Teenager-Schwarm und Serien-Softie Brandon Walsh aus Beverly Hills, 90210. Und er ist es bis heute. In jedem Interview seiner Karriere sei er auf seine bekannteste Rolle angesprochen worden, sagt er. Priestley, 48, wurde durch die Kultserie der Neunziger weltbekannt, und danach verschwand er aus dem Fokus. Wie ist es ihm ergangen? Und wie ist sein Blick auf das Seriengeschäft, das sich seit seinem größten Erfolg doch so enorm verändert hat?

Einen Tag nach der Deutschlandpremiere in einem Münchner Kino Ende Mai gibt er kurze Interviews, für das Ereignis wurde fast eine ganze Etage in einem feinen Hotel gemietet. Nein, die Zeit als Teenie-Idol vermisse er nicht, sagt Priestley gleich zu Beginn des Gesprächs. "Die Halbwertszeit eines Teenager-Idols ist kurz, weil man nicht für immer so jung und schön bleiben kann." Das ist natürlich Koketterie. Auf dem Sofa in einem Konferenzraum sitzt ein trainierter, gut gealteter Jason Priestley. Die Augen sind so stahlblau wie vor 20 Jahren, der Siebentagebart ist leicht ergraut, die Tolle gegelt. Er trägt ein blau-weiß-kariertes Hemd, dazu gestreifte Socken mit Sternen. Er holt aus für seine Story. Wenn man als Teenager-Idol bezeichnet werde, sei das "sehr beängstigend" für einen jungen Schauspieler. "Man weiß ja, dass die meisten nie mehr sein werden." Er habe hart an seiner weiteren Karriere gearbeitet.

Er hat gespielt, war Produzent, führte Regie - und trotzdem fühlt es sich nach Comeback an

In Europa zumindest ist es trotzdem recht leise um Priestley geworden, der bereits als Kind Werbespots drehte und danach in Serien wie 21 Jump Street, Airwolf und MacGyver mitspielte. Beverly Hills, 90210 ging im Jahr 2000 nach zehn Staffeln zu Ende, Priestley stieg schon während der vorletzten aus. Es folgten wenige Hauptrollen. Serien über Freundschaft und Beziehung wie Love Monkey und Side Order of Life wurden schnell wieder abgesetzt, manche schafften es nicht nach Europa. Der große Erfolg, zumindest international, blieb aus. Priestley betont, dass er auch viel hinter der Kamera gearbeitet habe, als Produzent und Regisseur. Schon 1992, mit 23 Jahren, führte er in einzelnen Folgen von Beverly Hills, 90210, Regie, später in Episoden der Science-Fiction-Serie Outer Limits, der Familienserie Eine himmlische Familie und des Beverly-Hills-Spin-offs 90210. Priestley mag nie raus aus dem Geschäft gewesen sein, dennoch fühlt sich sein Auftritt in München ein Comeback an.

Die Kriminalserie Private Eyes, die Priestley vorstellt, läuft erfolgreicher als seine Vorgängerprojekte an. Während in Deutschland nun ab 16. Juli die erste Staffel beim Bezahlsender 13th Street läuft, wird in Kanada derzeit bereits die dritte Staffel gedreht. Für die zweite wurde die Episodenzahl von zehn auf 18 erhöht. Priestley hat die Serie als ausführender Produzent mitentwickelt, spielt die männliche Hauptrolle und führt in einer Folge der zweiten Staffel Regie.

In der Produktion, die auf dem Roman The Code von G.B. Joyce basiert, spielt Priestley den ehemaligen Eishockey-Profi Matt Shade - Spitzname "Shadow" - der nach dem Ende seiner aktiven Karriere als Talent-Scout arbeiten will. Als sein Schützling mit einem Herzinfarkt auf dem Eis zusammenbricht und Anabolika in seinem Blut gefunden werden, will Shade beweisen, dass sie ihm untergejubelt worden sind. Shades Vater (Barry Flatman), der bei ihm lebt, heuert dafür die Privatdetektivin Angie Everett (Cindy Sampson) an. Shade begleitet sie zunächst als Eishockey-Experte bei ihren Ermittlungen. Als ihm der Verbandschef einen guten Job anbietet, wenn die beiden ihre Nachforschungen einstellen, will er nicht mehr zurück ins Sportbusiness und überredet Everett, langfristig als Ermittler-Duo zusammenzuarbeiten. So weit, so verschachtelt die Ausgangssituation.

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Ach so, und außerdem ist Shade vorrübergehend alleinerziehender Vater seiner beinahe blinden und sehr klugen Teenager-Tochter. Bis seine Ex-Frau eine Weltreise antrat, war er nur Wochenend-Papa. Es ist so viel reingepackt in diese Handlung, dass man nicht recht sagen kann, wofür Private Eyes eigentlich steht. Bei Beverly Hills, 90210 war das bekanntlich anders, die Produktion prägt das Genre der Teenager-Serie bis heute. Private Eyes dagegen reiht sich ein in unzählige unterhaltsame Soft-Krimis, die im Privatfernsehen das Abendprogramm füllen. "Es gibt immer einen Bedarf an Inhalten", sagt Priestley bloß zum veränderten Seriengeschäft. Das mag schon sein. Private Eyes kann man sich gut als Alternative zu mittelbelanglosen Serien wie Criminal Minds oder Bones im Abendprogramm vorstellen.

Auf einem Pay-TV-Sender, für den man ein Abo abschließen muss, um die Inhalte zu sehen, dürfte es diese Wohlfühl-Krimiserie aber schwer haben. Die Fälle, die Everett und Shade lösen, sind familienfreundlich, die Folgen jeweils abgeschlossen. Für die Spannung bedient sich die Serie eines klassischen, etwas abgegriffenen Krimi-Kunstgriffs, der aber immer noch funktioniert, wenn es gut gemacht ist: das ungleiche Ermittler-Duo. Everett ist dominant, kühl und handelt nach Protokoll. Shade dagegen ist charmant, folgt seinem Instinkt und improvisiert. Natürlich gibt es ständig Zoff und natürlich arbeiten sie genau deswegen so gut zusammen. Und schon in den ersten beiden Folgen, die Journalisten vorab sichten durften, wird klar, dass es nur eine Frage der Zeit ist, bis sie auch privat ein Paar werden.

Er sei offen für ein Revival hat Priestley neulich gesagt. Sofort hatte er Aufmerksamkeit

Priestley als Schulabsolvent in Beverly Hills, 90210 ganz links mit (v.l.) Shannen Doherty, Tori Spelling, Ian Ziering und Jenny Garth. (Foto: imago)

Diese Konstellation hat in der Vergangenheit immer wieder funktioniert. Auch in den Vorbildern für Serienmacher: In der Achtziger-Serie Das Model und der Schnüffler trifft Maddie Hayes (Cybill Shepherd), ehemaliges Model und ordnungsliebende Detektei-Inhaberin, auf den chaotischen David Addison (Bruce Willis, der mit dieser Rolle seinen Durchbruch hatte). Und wie die Privatdetektivin Laura Holt in Remington Steele muss Everett immer wieder betonen, dass sie als Frau im Ermittlergeschäft ernst genommen werden will. Etwa, als Shade bei ihrem ersten Treffen sagt, sie sei "nur der Nachwuchsdetektiv", und sie erwidert, er habe es bereits mit der Chefin zu tun. Naja. Wie bei den Vorbildern sitzen allerdings auch bei Private Eyes viele Gags, besonders wenn Shades' Berühmtheit als Ex-Profisportler ins Spiel kommt, die ihn bei Nachforschungen ungünstigerweise enttarnt - oder die er für seine Zwecke ausnutzt.

Erfreulicherweise ist Everett kein Sidekick, wie Frauen das oft in Ermittlerserien sind, sondern Shades Boss. "Er hat durchaus mit seiner sehr schlauen Chefin zu kämpfen", sagt Priestley über seine Rolle. Wie zum Ausgleich guckt Shade oft und gern in Ausschnitte und gibt regelmäßig Macho-Kommentare von sich. Als Everett eine blonde Perücke für einen Einsatz trägt, muss er unbedingt sagen: "Ich schwöre, als Sie sie aufgesetzt haben, ist Ihr IQ wie durch Zauberhand um 50 Punkte gesunken."

Private Eyes will sehr viel. In Nebenhandlungen kämpft Shade mit seiner Vaterrolle und Everett wiederum mit dem Tod ihres Vaters. Außerdem gibt sich die Serie Mühe, ihren Schauplatz Toronto möglichst genau zu zeigen. "Viele Serien werden in Toronto gedreht, geben aber vor, woanders zu spielen", sagt Priestley. Toronto dient eigentlich oft nur deshalb als Kulisse, weil Außenaufnahmen und damit verbundene Straßensperrungen dort günstiger sind als in den USA. Die Serie Suits etwa wird dort gedreht, spielt aber in New York. Auch auf Details wurde bei Private Eyes geachtet, weshalb die Serie nicht so oberflächlich herüberkommt wie die CSI-Massenproduktionen. Priestley, der selbst Eishockey spielt, ließ sich unter anderem von Freunden aus der nordamerikanischen Profiliga beraten.

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Und doch, nach der Premiere machte ausgerechnet eine Aussage über Beverly Hills, 90210 von Priestley Schlagzeilen: dass er "offen sei für ein Revival". Das mag nichts heißen, außer, dass es im Serienüberfluss der vergangenen Jahre zwar immer noch Bedarf gibt, man sich die Aufmerksamkeit des Publikums aber noch nie so schwer verdienen musste. Notfalls sogar mit Verweis auf eine Zeit, die man angeblich gar nicht vermisst.

Private Eyes, zehn Folgen, 13th Street, von 16. Juli an montags in Doppelfolgen ab 20.13 Uhr.

© SZ vom 14.07.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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