Jan Josef Liefers wird 50:Vorzeigbar im weißen Kittel

Rocksänger und Bergmann, Versager und Genie, Chirurg und Lügenbaron - all das hat Jan Josef Liefers verkörpert. Heute feiert der Schauspieler seinen 50. Geburtstag. Ein Blick auf seine wichtigsten Rollen.

Von Thorsten Glotzmann

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Liefers wirbt in Helmut Dietls "Rossini" um Valerie

Quelle: Imago Stock&People

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Rocksänger und Bergmann, Versager und Genie, Chirurg und Lügenbaron - all das hat Jan Josef Liefers verkörpert, mit und ohne Bart. Heute feiert der Schauspieler seinen 50. Geburtstag. Ein Blick auf seine wichtigsten Rollen.

Wer ist besser, Oskar oder Bodo? 1997 konkurrierte Jan Josef Liefers (stehend) mit Heiner Lauterbach (liegend) um die Dame in Rot. Es handelt sich um eine Szene aus Helmut Dietls Film "Rossini - oder die mörderische Frage, wer mit wem schlief", einer Satire der Münchner Bussi-Bussi-Schickeria. Liefers spielte Bodo Kriegnitz, einen dichtenden Rebellen, Lauterbach den Produzenten Oskar Reiter. Gudrun Landgrebe lässt sich in der Rolle der schönen Valerie von den beiden umwerben. "Rossini" war das, was man einen Kassenschlager nennt. Das Publikum verlor sich in den wehmütigen Augen des Poeten Kriegnitz, Liefers bekam den Bayerischen Filmpreis für den Besten Nachwuchsdarsteller. Es war sein Durchbruch in Film und Fernsehen.

In die Schauspielerei wurde Liefers "reingeboren", wie er sagt. Der Großvater Schauspieler, die Mutter ebenso, der Vater Regisseur - Jan-Josef Liefers studierte an der renommierten Ernst-Busch-Schauspielschule in Berlin. Zuvor aber schlug er eine Handwerkerkarriere ein: An der Semperoper in Dresden ließ er sich zum Tischler ausbilden.

Liefers als Rudi Wurlitzer in Knockin' on Heaven's Door

Quelle: OBS

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"Wissen Sie, es ist nur die Tatsache, dass der Tod eine sehr unangenehme Form von Leben ist." Sagt Jan Josef Liefers als Rudi Wurlitzer, der unheilbar an Knochenkrebs erkrankt ist. Ehe er an des Himmels Pforte klopft, bevorzugt der Mensch in der Regel angenehmere Formen des Daseins. Rudi will zum Beispiel mal mit zwei Frauen schlafen. Vor allem aber will er ans Meer.

Mit dem rotzigen Martin Brest (Til Schweiger), der einen Tumor im Kopf hat, "so groß wie ein Tennisball", stiehlt er ein Mercedes-Cabrio, das den Gangstern Henk (Thierry van Werveke) und Abdul (Moritz Bleibtreu) gehört. Rudi und Martin überfallen eine Tankstelle und eine Bank, liefern sich Verfolgungsjagden mit Gangstern und Polizisten - was man eben so macht, wenn das Ende absehbar ist. Im Film zumindest.

"Knockin' on Heaven's Door" kam fast gleichzeitig mit "Rossini" in die Kinos und war mit über drei Millionen Kinobesuchern der erfolgreichste deutsche Kinofilm 1997. Was für ein Jahr für Liefers, der für seine darstellerische Vielseitigkeit gelobt wurde.

Liefers als Rocksänger in Jack's Baby

Quelle: OBS

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Musiker sind die einzigen Menschen, die er wirklich beneide, hat Liefers einmal gesagt. Noch heute tourt er mit seiner Band "Oblivion" durch Deutschland. "Ich übersetze Oblivion im Sinne von Selbstvergessenheit. Das hat damit zu tun, was Musik immer für mich war", sagte er dem Tagesspiegel Anfang des Jahres. "Am schönsten ist es, wenn man eins wird mit den Leuten vor der Bühne." Zwischen den Songs erzählt er Geschichten aus seiner Kindheit in der ehemaligen DDR.

Für sein Regie-Debüt Jack's Baby (1998) schrieb er sich die Rolle des Rocksängers Max auf den Leib. Die Songs komponierte er mit der Band "Fury in the Slaughterhouse". Die Story des Fernsehfilms mutet so seicht an wie der Titelsong, der nur so trieft vor Herzschmerz: Jacqueline, gespielt von Veronica Ferres, will ein Baby, aber keinen Mann, und bietet dem Rockmusiker und Fahrradkurier Max 25 000 DM für die Befruchtung. Nun ja, es kamen bessere Zeiten, ...

Liefers in "666 - Traue keinem, mit dem du schläfst!"

Quelle: DPA-SZ

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... die ließen allerdings noch etwas auf sich warten. Vorher war Klamauk: In "666 - Traue keinem, mit dem du schläfst!" (2002) verkörpert Liefers Frank Faust, einen ehemaligen Architekturstudenten und Universal-Versager, der als Taxifahrer jobbt und sich umbringen will, als er seine Angebetete Jennifer (Sonsee Ahray Floethmann) verliert. Er schließt einen Pakt mit Mephisto, dem "Teufel in Ausbildung" (Armin Rohde), der sich wahlweise in Boris Becker, Verona Feldbusch oder Claudia Schiffer verwandelt, um Faust zu neuem Ruhm und alter Liebe zu verhelfen. Ein Kritiker schrieb naserümpfend, Liefers müsse mit seinem ungepflegten Drei-Tage-Bart zur Welt gekommen sein.

Jan Josef Liefers als Rechtsmediziner Prof. Karl-Friedrich Boerne im WDR-Tatort aus Münster

Quelle: WDR/Markus Tedeskino

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Der Bart blieb, Professor Karl-Friedrich Boerne stutzt seine Kinnbehaarung allerdings mit streberhafter Sorgfalt. Der Rechtsmediziner aus dem Münsteraner Tatort (seit 2002) gilt als rechthaberischer, arroganter Snob, fährt Luxuskarossen, spielt Golf und Klavier und hält sich für ein Genie. Eigentlich ist Boerne mehr Karikatur als Figur, er sagt Dinge wie: "Ich hatte gerade meine Mundhygiene beendet, als mir die klirrende Kälte des Todes förmlich in den Schlund fuhr." Oder - mit Blick auf sein enzyklopädisches Wissen: "Alles hier auf Boernepedia."

Eben noch war er als Frank Faust versehentlich mit Armin Rohde ins Bett gestiegen, plötzlich spielte Jan Josef Liefers die Rolle seines Lebens. Nie war er besser, jubelte die Kritik. Der blasierte Boerne neben dem maulfaulen Kommissar Thiel (Axel Prahl) - das drollige Ermittlerduo sollte dem Tatort eine Rekordquote einbringen.

Liefers bei den Dreharbeiten zu "Das Wunder von Lengede"

Quelle: DPA/DPAWEB

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Im Jahr nach seinem ersten Tatort, 2003, fuhr Liefers hinab in die Grube: Er gab den Kumpel Bruno Reger, der mit zehn Leidensgenossen in einem stillgelegten Stollen festsitzt, die Beine von einem Stützpfeiler gebrochen.

1963 geschah das Grubenunglück von Lengede, 29 Bergleute kamen damals ums Leben. 40 Jahre später wurde es verfilmt. Der TV-Film Das Wunder von Lengede reiht sich ein in die zahllosen Wunder-Erzählungen, die sich in die Geschichte der Bundesrepublik eingeschrieben haben.

Die Prädikate, mit denen der Sat.1-Film versehen wurde, waren vorhersehbar: dramatisch, authentisch, packend. Liefers machte seinen Job gut, dafür wurde er mit dem Grimme-Preis belohnt. Nicht zum letzten Mal übrigens.

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Quelle: Imago Stock&People

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Ein kleiner Sprung in der Chronologie, hinein ins Jahr 2012. In der Zwischenzeit war Liefers im Film Nachrichtensprecher, Offizier, Manager, Ex-RAF-Mitglied und Fernsehkoch. Nun ist er an einem weiteren Höhepunkt seiner Karriere angelangt, er ist jetzt Chirurg.

In der Verfilmung von Uwe Tellkamps Roman Der Turm spielt er den Mediziner und Frauenhelden Richard Hoffmann, der im Dresden der 80er Jahre von der Stasi erpresst wird. Diesen Aufschneider und Opportunisten gab er so überzeugend, dass Liefers wieder den Grimme-Preis bekam.

Baron Münchhausen Folge 1; "Baron Münchhausen"

Quelle: WDR/SWR/Stefanie Kulbach

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Immer noch 2012: Es sollte ein großer Film werden, einer, der fest zum Weihnachtsprogramm gehört. So hatte es sich die ARD ausgemalt. Daraus wurde nichts. Die Neuverfilmung der Lügengeschichten des Barons von Münchhausen schwankt zwischen niedlich und peinlich. Liefers übernahm die Hauptrolle, er durfte den verarmten Lügenbaron spielen, der sich mit seinen Fantasiegeschichten über Wasser hält. Münchhausen stolpert und trottelt durch den Film wie ein traurig geschminkter Pirat, der gerne Jack Sparrow wäre. Immerhin mit maßgeschneidertem Oberlippen- und Kinnbart. Und dem Zuschauer geht es wie dem Baron beim Blick in sein Portemonnaie: "Vermaledeit" - da ist nichts drin.

Nacht über Berlin

Quelle: ARD Degeto/UFA Filmproduktion/F.

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Er macht sich einfach gut im weißen Kittel. 2013 gibt Jan Josef Liefers wieder einen Mediziner, diesmal den jüdischen Arzt und SPD-Politiker Albert Goldmann, der die Großbürgerstochter und Nachtclubsängerin Henny Dallgow (Anna Loos) im Zugabteil kennenlernt und sich in sie verliebt.

Erzählt wird die Geschichte des Reichstagsbrands 1933: Nacht über Berlin, ein Film, der mehr sein will als eine weitere Geschichtsstunde des öffentlich-rechtlichen Fernsehens. Und dem das auch halbwegs gelingt. "Das ist auch Aufgabe eines Films, dass er Fakten und Zahlen, all das was Historiker zusammentragen, in Schicksale und Emotionen übersetzt", sagte Liefers im Interview mit Süddeutsche.de.

Es ist nicht das erste Mal, dass Liefers mit seiner Frau Anna Loos vor der Kamera stand. Schon im ZDF-Fernsehfilm Lilys Geheimnis (2009) arbeiteten die beiden zusammen. Seit 2004 sind sie verheiratet, das Paar lebt in Berlin-Steglitz und hat zwei gemeinsame Töchter. Von seiner Frau wird Liefers "Janni" genannt. Die Frage, wie er das findet, beantwortete er im Interview ohne Worte mit dem SZ-Magazin.

Tatort Münster mit Jan Josef Liefers und Roland Kaiser

Quelle: WDR/Martin Menke

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Zum Schluss der Knaller und eine Zahl: fast 13 Millionen Zuschauer. Woran liegt es, dass die Tatortfolge "Summ, Summ, Summ" vom März 2013 zur erfolgreichsten seit mehr als 20 Jahren wurde?

Vielleicht an den Bananenspinnen, die durch die Wohnungen der Ermittler krabbeln. Vielleicht an Schlagersänger Roland Kaiser, der im Film Roman König heißt. Vermutlich liegt es auch am unübertroffenen Ermittlergespann Boerne-Thiel, das sich längst nicht mehr die Mühe macht, irgendwie authentisch zu wirken. Man folgt den Wortgefechten der beiden wie einem Tennismatch zwischen Federer und Nadal, mal abgesehen davon, dass der Ausgang der Partie in diesem Fall völlig egal ist. "Ihr Witz ist alles, was sie in Münster haben", urteilte SZ-Kritiker Holger Gertz.

Außerdem verdanken wir der Tatortfolge eine Erkenntnis, wie sie nur aus dem Munde Boernes kommen kann: "Ein Arachnologe ist doch auch nur so eine Art Mensch." Und so schließen wir mit ähnlichen Worten: Ein Liefers ist eben auch nur so eine Art Schauspieler.

© SZ.de/mkoh/rus
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